Die Lager in der Region Stuttgart sind voll. Der Nachschub an Heizöl war stets gesichert. Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Nach den Panikkäufen und den Rekordpreisen in der Vorwoche hat sich die Lage auf dem Heizöl-Markt in der Region wieder entspannt. Um knapp 50 Cent ist der Preis für einen Liter gesunken. Eine endgültige Entwarnung gibt es aber noch nicht.

Ein Liter Diesel an der Tankstelle für mehr als 2,30 Euro. Der Ukraine-Krieg hinterlässt auch in Stuttgart an den Zapfsäulen immer deutlicher seine Spuren. Wie bisher als Preistreiber dient aber die Nachfragen nach Heizöl nicht mehr. Gegenüber der Hysterie, die vergangene Woche auf dem Markt in der Region Stuttgart noch herrschte, hat sich die Lage nun deutlich entspannt. „Wir haben nun einmal eine sehr schnelllebige Branche“, sagt Markus König, der Geschäftsführer der Friedrich Scharr GmbH, einem der größten Energiehändler in Süddeutschland. Die Preise bleiben aber nach wie vor auf einem hohen Niveau.

 

Wie stellt sich die Lage derzeit dar?

Liefen die Telefone der Kundenbetreuer in der vergangenen Woche noch Sturm, um die vielen Fragen zu beantworten, so ist die Lage nunmehr deutlich entspannter. Dennoch: An eine ähnliche Situation wie vor Wochenfrist kann sich Hans-Dieter Bubeck vom Mineralölhandel Richard Bubeck GmbH & Co KG in Obertürkheim nicht erinnern. „Vielleicht ist es am ehesten vergleichbar mit der Umstellung von Kohle auf Erdöl in den 1950er-Jahren“. Und auch Markus König stößt ins gleiche Horn: „Ich bin seit 40 Jahren in der Energiebranche, aber so etwas hat es noch nicht gegeben.“ Es herrschte eine komplette Hysterie bei den Kunden.

Warum ist der Preis für Heizöl derart gestiegen?

Dabei spielen gleiche mehrere Faktoren eine Rolle. Generell gibt es keine Heizölsaison mehr in Baden-Württemberg. Vielmehr kaufen die Kunden, wenn es günstig ist. „Sie zeigen sich aber zunehmend ereignisgesteuert“, weiß Michael Maier von der Erwin Maier GmbH & Co KG in Wangen. Und der Ukraine-Krieg habe zu einer Art von Panikkäufen geführt. Grundsätzlich treiben vor allem Spekulanten an der Börse die Preise künstlich in die Höhe. Hintergrund ist, dass Diesel und Heizöl – sowie Kerosin – einer ähnlichen Molekulargruppe angehören. Aus dem sogenannten Mitteldestillat des Rohöls können alle Antriebssorten hergestellt werden. Die Destillerien könnten ihre Produktion dafür anpassen – je nachdem wo am meisten verdient wird. Hinzu kommen weitere Faktoren der internationalen Energiepolitik wie Steuern und CO2-Abgabe.

Wo liegt derzeit der Preis für das Heizöl in Stuttgart?

Nach den Rekordwerten in der vergangene Woche mit in der Spitze bis zu zwei Euro pro Liter Heizöl, zeigt die Kurve wieder deutlich nach unten. So kostete am Mittwoch der Liter lediglich noch 1,50 Euro. Er ist damit aber noch deutlich höher als vor dem Ukraine-Krieg. Wichtig ist dabei zu wissen, dass das Heizöl – wie auch der Sprit – enormen Schwankungen im Tagesverlauf unterworfen sein kann. So betrug die Differenz bei einem Liter in der Vorwoche bis zu zehn Cent. Wer am günstigsten Einkaufen möchte, sollte sich im Vorfeld genau informieren.

Ist der Nachschub gesichert?

Dieser war und ist immer noch gesichert. Die Tanklager sind derzeit voll. Dabei spielt vor allem die ausgeprägte Lagerkultur im Südwesten eine entscheidende Rolle. Sowohl die großen Raffinerien, die Händler als auch die Kunden selbst verfügen über teilweise große Kapazitäten – im Gegensatz zum Erdgas, das aus der Pipeline quasi direkt zum Verbraucher geht. „Das ist ein entscheidender Vorteil“, sagt Markus König. Allein die Friedrich Scharr KG verfügt über ein gefülltes Tanklager mit einem Volumen von 125 Millionen Litern. Aufgrund der nun wieder abgeebbten Hysterie ist umso weniger mit einem Engpass zu rechnen. Sollte aber auch hier doch noch einmal der „Klopapier-Effekt“ eintreten, seien auch diese Vorräte irgendwann endlich, warnt Maier.

Bekomme ich auch sofort Heizöl, wenn ich es jetzt bestelle?

In der Regel ja. Aber vereinzelt können sogenannte Hamsterkäufe wie in der Vorwoche von den einzelnen Händlern abgelehnt werden. „Wir versuchen jedem zu helfen“, betont Maier. Wenn aber jemand seinen 5000-Liter-Tank, der noch mit 3500 Litern und somit genug bis zum nächsten Winter, gefüllt ist, „beliefere ich zunächst lieber einen Kunden, der nichts mehr hat“, sagt Hans-Dieter Bubeck aus Obertürkheim. Im Schnitt liegen die Lieferzeiten im Augenblick bei rund vier Wochen, was relativ normal ist. „Während der Hochphase während des Corona-Booms lagen diese sogar bei zwölf Wochen“, zieht Maier einen Vergleich.

Wann ist der beste Zeitpunkt, um meinen Tank im Haus aufzufüllen?

Da gehen die Meinungen auseinander. Die Kunden sind dabei in zwei Lager gespalten. „Auf der einen Seite gibt es die übervorsichtigen, die auf jeden Fall ihren Tank auffüllen möchten – koste es, was es wolle“, erklärt König. Auf der anderen Seite die Kunden, die bereits während des Hypes abwarteten und jetzt erst Recht auf einen noch weiteren Preisverfall setzen. Wie eigentlich immer, ist der Heizöl-Kauf auch eine Art von Lotterie. Denn auch die Händler selbst haben kein Patentrezept für die richtige Entscheidung. In dem überhitzten Markt könne sich angesichts des Ukraine-Kriegs und des im Raum stehenden Embargos gegen das russische Öl schnell alles wieder ändern.