Rothaus-Chef Christian Rasch (links) und Kammer-Kirsch-Geschäftsführer Gerald Erdrich bei einem Glas Whiskey. Foto: Rothaus/Britt Schilling

Das Whisky-Angebot aus Deutschland wächst rasant. Hinter den Produkten stecken oft experimentierfreudige Schnapsbrenner, aber es gibt auch andere überraschende Geschichten – wie die der Staatsbrauerei Rothaus.

Grafenhausen - Christian Rasch schmatzt. Allerdings nicht, weil er ein Mensch mit schlechten Manieren wäre. Der Alleinvorstand der Badischen Staatsbrauerei Rothaus macht das mit voller Absicht. Er steht am Tresen einer hölzernen Feststube und präsentiert und probiert eine Auswahl aus dem Whisky-Sortiment von Rothaus. Durch das Schmatzen können sich die komplexen Geschmacksnuancen des Whiskys im Mund besser entfalten. Nach dem ersten Schluck bittet Rasch, mit einer Pipette tröpfchenweise Wasser in das Glas zu träufeln. Erneut ein kurzes Nippen. Schmatzen. Schlucken. „Und?“, fragt der Rothaus-Chef. „Schmecken Sie einen Unterschied?“ Tatsächlich ist der Abgang nun weicher.

Seit September 2009 vertreibt das Landesunternehmen mit Sitz im Hochschwarzwald (Kreis Waldshut) – neben verschiedenen Bieren – auch eigenen Whisky. Die Idee dazu entwickelte der frühere Braumeister Max Sachs, angeregt von mehreren Schottland-Urlauben. Er hatte die feste Überzeugung: Wer gutes Bier braut, muss auch guten Whisky herstellen können. Die Grundzutaten Wasser und Gerstenmalz sind bei einem Single Malt schließlich die gleichen.

Bundesweit sind es inzwischen rund 160 Destillerien, die Whisky produzieren – rund die Hälfte davon steht in Baden-Württemberg. Alleine in Owen (Kreis Esslingen) sitzen fast 20 Produzenten. Weil die Staatsbrauerei Rothaus selbst kein Brennrecht mehr besitzt, musste sie sich für ihr Projekt erst mal einen Partner suchen, der das Destillieren und Lagern übernimmt. Den fand sie aber nicht in Owen, sondern in Karlsruhe. Gerald Erdrich, Geschäftsführer der Traditionsdestillerie Kammer-Kirsch, begeisterte sich für die Idee.

Der Destillateur bestimmt den richtigen Zeitpunkt

Im Frühjahr 2006 stellte Sachs das erste Grundbier für den Whisky her, das mit dem Tankwagen nach Karlsruhe gefahren und dort dann destilliert wurde. Das Ergebnis wurde rund drei Jahre später abgefüllt. Seither gibt es eine Edition Single Malt pro Jahr. Hinzu kommen Sondereditionen, die zum Beispiel in Lemberger-, Sherry- oder Highland-Holzfässern reifen, manchmal auch länger als die gewöhnlichen drei Jahre beim Single Malt. Rothaus liefert immer das Grundbier. Kammer-Kirsch brennt und lagert das Destillat . Wann der geschmackliche Höhepunkt erreicht ist, entscheidet der Destillateur. Das sei besser so, sagt Rasch, „denn wenn Sie Laie sind oder Pech haben, können Sie Fensterputzmittel draus machen.“

Doch gerade die Qualität ist Rasch wichtig. „Wir wollen nicht Menge, sondern Qualität bieten“, sagt er. Obwohl die Brauerei ihren Whisky nicht aktiv bewirbt, könnte sie deutlich mehr verkaufen als die rund 7000 Liter pro Jahrgang. Im Unternehmensshop ist der Whisky einer der Verkaufsschlager. Um zu verhindern, dass die Flaschen nicht schon kurz nach der Abfüllung vergriffen sind, kontigentiert Rothaus den monatlichen Verkauf. Im Internet werden so manche Sonder- und ältere Editionen für einen deutlich höheren Preis gehandelt. Sie gelten als Sammlerstück.

Braumeister Ralf Krieger, der Nachfolger von Rothaus-Whisky-Entwickler Sachs, und seine Kollegen stellen die Maische so her, dass „die geschmackliche Grundlinie gehalten werden“ könne, wie Krieger selbst sagt. Für ihn ist die Herstellung des Grundbiers für den Whisky wie ein Hobby. Whisky passe zu einer Brauerei, viele Bier- seien auch Whiskytrinker, sagt Krieger. Was kein Wunder sei, denn: „Die Geschmacksnuancen sind die gleichen.“

Um Whisky ist hierzulande ein richtiger Hype entstanden

Gleichwohl ist eine Zusammenarbeit einer Brauerei und einer Destillerie wie im Fall von Rothaus und Kammer-Kirsch die Ausnahme. In den meisten Fällen sind es kleine Obst- und Getreidebrenner, die sich ausprobiert und weiterentwickelt haben. Mittlerweile gibt es immer mehr von ihnen. Um den Whisky ist hierzulande ein richtiger Hype entstanden. Das belegen Angebot und Nachfrage.

Eine der kleineren Brennereien, die jetzt auch Whisky herstellen ist zum Beispiel die Waldhornbrennerei in Berglen (Rems-Murr-Kreis). Sie wird von Gerlinde Klotz und ihren Söhnen Jürgen und Michael geführt. Die Rentnerin verarbeitet die Rohstoffe und destilliert. Ihre Söhne, die bei einem Automobilhersteller in der Region arbeiten, helfen ihr, wann immer es geht – etwa beim Lagern, beim Marketing und auch im Hofladen.

Die Waldhornbrennerei besteht bereits seit 1901, inzwischen also in vierter Generationen. Lange hatte sich Familie Klotz auf Obstler und Korn spezialisiert. Doch während seines Wehrdiensts Anfang der 2000er Jahre kam Jürgen Klotz auf den Gedanken, dass man doch auch mal Whisky herstellen könnte. „Whisky-Cola war damals bei der Bundeswehr das Modegetränk“, erinnert er sich. Zunächst experimentierte die Familie mit Mais in Richtung Bourbon, später stieg sie auf Gerstenmalz für einen Single Malt um. Und 2008 dann beschäftigte sie sich mit dem dafür nötigen Brauprozess. Als Vater Manfred 2009 starb, „haben wir nicht mehr lange überlegt, ob wir es machen“. 2010 kam der erste Jahrgang ins 50-Liter-Fass.

Auch kleine Schnapsbrennereien feilen an ihrem Whisky

Den ersten Single Malt Whisky, ihren sogenannten Glen Buchenbach, brachte Familie Klotz 2013 auf den Markt. Er ist mittlerweile bundes-, vielleicht sogar europaweit bekannt, weil um den Namen ein Rechtsstreit entbrannt ist. Die Scotch Whiskey Association (SWA), der millionenschwere Lobbyverband der schottischen Whisky-Industrie, will der schwäbischen Brennerei untersagen, „Glen“ im Namen zu verwenden. Die SWA argumentiert, das Wörtchen gaukele eine schottische Herkunft der Spirituose vor. Die Klotz-Brüder sehen das anders. Glen in der irisch-gälischen Muttersprache des Whiskys bedeute so viel wie enges Tal, und solche gebe es in Irland, Kanada und Neuseeland. Auch in Berglen stecke das Wort. Im Februar dieses Jahres landete der Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Das Urteil steht aus.

Doch wie immer es auch ausgeht, davon lässt sich die Familie Klotz nicht beirren. Sie feilen weiter an ihrem Whisky. „Es steckt harte Arbeit und viel Entwicklung dahinter, dass man ein ordentliches Destillat herausbekommt“, sagt Jürgen Klotz. Über unterschiedliche Fässer aus dem spanischen Jerez, die sie über einen Importeur beziehen, versuchen sie, dem Whisky besondere Geschmacksnoten zu verleihen. Besonders fruchtig zum Beispiel.

Ungewollte Werbung wirkt sich positiv aus

Die Qualität und die ungewollte Werbung durch den Rechtsstreit wirke sich auch auf die Nachfrage aus, sagt er. Es gebe immer mehr Vorbestellungen – und nach den Abfüllungen seien die Flaschen zügig vergriffen. Ihre Produkte vertreiben sie über einen Hofladen, die eigene Internetseite, Wochenmärkte in Sindelfingen und Aalen sowie einige Einzelhändler in Deutschland. Zwar habe man die Produktionsmenge nach und nach gesteigert. Doch es seien Grenzen gesetzt. Das liegt daran, dass die Waldhornbrennerei mit nur einem Brennrecht Whisky brennt. Maximal 300 Liter reiner Alkohol sind damit erlaubt. „Das sind elitäre Abfüllungen“, sagt Klotz, „das reicht nicht aus, um allein davon leben zu können.“

Wie der Familie Klotz geht es vielen anderen Schnapsbrennern. Sie machen das nebenbei. Angela Weis ist vertraut mit den regionalen Brennereien und den einheimischen Whiskys, sie organisiert einmal im Jahr einen Schwäbischen-Whisky-Tag. Seit einigen Jahren gebe es hierzulande eine „absolut positive Entwicklung“ bei Angebot und Qualität, sagt die zertifizierte Edelbrand-Sommelière aus Tübingen. Es gebe immer mehr Brenner, die sich an das Thema wagten und wüssten: „Nur einen Kornbrand in ein Holzfass einzulagern, reicht nicht.“

Und so bereichern die badischen und schwäbischen Tropfen die vielfältige Welt der Whiskys, ohne sich verstecken zu müssen, wie diverse Prämierungen belegen. Ein Whisky müsse nicht zwingend rauchig oder torfig sein, sagt Weis: „Es gibt aus unserer Region unterschiedliche Whiskys, die voll konkurrenzfähig sind mit großen Herstellern von der britischen Insel.“