Auf der Anzeigentafel an der Stuttgarter Wetterstation kann man Werte wie die Temperatur ablesen. Foto: Benjamin Bauer

Der Mai war zu kühl, zu trüb und zu nass. Warum, das wissen die Wetterfrösche vom Schnarrenberg.

Stuttgart-Zuffenhausen - Vor den Fenstern des Gebäudekomplexes am Schnarrenberg 17 prasselt unaufhörlich der Regen, der Himmel ist ein einziges graues Tuch. Klaus Riedl sitzt an seinem Schreibtisch und wirkt etwas gehetzt. „Ich komme heut zu nix“, sagt er. Riedl sitzt im Büro der regionalen Wetterberatung des deutschen Wetterdienstes und an diesem Freitagvormittag steht sein Telefon kaum still. Gerade eben hat er mit der Feuerwehrleitstelle des Rems-Murr-Kreises gesprochen. Die wollte wissen, wie es mit dem Dauerregen weitergeht. „Es wird voraussichtlich gegen Nachmittag kurz aufhören zu regnen“, sagt Riedl. „Aber dann geht es wieder los. Erst am Sonntag wird es dann besser.“ Der Dauerregen stellt die Feuerwehren vor erhebliche Probleme. „Die hatten sich überlegt, den Notstand auszurufen und zu evakuieren. Jetzt warten sie erstmal die Regenpause ab“, sagt Riedl und widmet sich den Wetterkarten auf dem halben Dutzend Bildschirmen in seinem Büro.

Nur 121 Sonnenstunden im Mai

„Unsere Sorge ist hierbei nicht die Intensität, sondern die Dauer der Regenfälle“, sagt Uwe Schickedanz, der Leiter der Stelle des Deutschen Wetterdienstes in Stuttgart. Durch den anhaltenden Regen würden die Abläufe überlastet. „Was da dann vom Himmel kommt, läuft direkt in die Keller“, sagt Schickedanz.

Für diesen Mai seien die hohen Niederschläge und das trübe Wetter symptomatisch. „Der Mai war zu kühl, zu trüb und zu nass“, sagt Schickedanz. Um das beurteilen zu können, betrachten er und seine Kollegen die Referenzperiode von 1961 bis 1990 und errechnen aus den Daten für den Monat Mai einen Mittelwert. Für die Anzahl der Sonnenstunden lag dieser beispielsweise bei rund 198 Stunden. Diesen Mai wurden davon aber nur 61 Prozent erreicht, nämlich gerade mal rund 121 Stunden. Dafür gab es 154 Prozent Niederschlag. „Wir haben mit dem Mai dieses Jahr einfach Pech gehabt“, sagt Schickedanz. „Der Wonnemonat hat nicht das geleistet, was von ihm erwartet wurde. Und das fällt mental dann besonders ins Gewicht, weil der ganze Frühling schon so enttäuschend war“, sagt der Meteorologe.

„Wir können nicht in die Zukunft schauen“

Als Privatmann kann Schickedanz die Enttäuschung über das schlechte Wetter verstehen. Doch von Berufs wegen sind Starkregen und Sturmböen erst das Salz in der Suppe. „Diese Tätigkeit lebt von den Extremsituationen“, sagt er. Seit 2007 ist er Leiter der Wetterstation am Schnarrenberg, seine Leidenschaft für die Meteorologie reicht weiter zurück. „Schon im Jugendalter habe ich Messungen gemacht“, erzählt er. „Mit einem Niederschlagsmesser und einer Wetterstation habe ich gemessen und hinterher die Ergebnisse auf Millimeterpapier festgehalten.“ Nach seinem Meteorologiestudium hat er sich auf Vorhersagen spezialisiert. „Das hat mich am meisten interessiert.“

Es gebe aber ein weit verbreitetes falsches Verständnis der Wettervorhersage. „Wir können noch nicht in die Zukunft schauen“, sagt Schickedanz. Nach verschiedenen Modellen errechneten Computer das zukünftige Wetter zwar annähernd genau, aber perfekt sei das nicht. „Man muss die Grenzen der Vorhersage kennen, um sie nutzen zu können“, sagt Schickedanz. „Wetter ist etwas sehr Kurzfristiges, da gibt es Zufälle.“ Allen Zufällen zum Trotz sei der Sommer aber nicht gefährdet. „Es gibt da diese Bauernweisheit“, sagt Schickedanz. „Ist der Mai kühl und nass, füllt das dem Bauern Scheun’ und Fass. Ist er trocken und warm, hab Gott Erbarm´.“ Da sei auch wirklich was dran. Ein kühler Frühling ziehe oft einen schönen Sommer nach sich.