Auf diesem Bus ist noch ein Teil der Werbung des verstorbenen Fotografen zu sehen. Es fehlt der große Schriftzug und die Telefonnummer des Studios – aus Rücksicht auf die Familie. Foto: StN

Nach dem Tod eines Fotografen, der sich zuvor eine Werbefläche auf einem Bus gesichert hatte, haben die Eltern alle Mühe, nicht nur die laufenden Verträge zu stoppen, sondern auch die Werbung für den nicht mehr lebenden Sohn und dessen Studio vom Bus zu bekommen.

Berlin - Martin Ferber* (*Name geändert, richtiger Name ist der Redaktion bekannt) stand mitten im Leben. Um Kunden in sein Studio nach Offenbach zu holen, schloss der Berufsfotograf im September 2015 mit der Berliner Firma Deutsche Bus- und Medienwerbung GmbH (DBM) einen Werbevertrag ab. Drei Jahre lang sollte auf einer regionalen Buslinie eine 1,30 Meter breite Anzeige für seine „Kreative Business- und Werbefotografie“ werben.

Schwerer Schicksalsschlag für die Eltern

Im November 2016 ist Ferber überraschend verstorben, sein Studio seither geschlossen. Ein schwerer Schicksalsschlag für die Eltern, die seither Nachlass und Firmenauflösung regeln. 27 Verträge mussten vorzeitig beendet werden, in keinem Fall gab es Probleme. Nur DBM stellte sich stur. Die Berliner Werbefirma bestand auf Einhaltung der Laufzeit bis Januar 2019 – und eine Restforderung von fast 4000 Euro.

„Für uns als Eltern ist das ziemlich makaber“, schrieb das trauernde Ehepaar an DBM. Und weiter: „Wir können uns nur schwer vorstellen, dass Sie mehr als zwei Jahre lang für einen Toten und seine aufgelöste Firma werben wollen.“ Die Hinterbliebenen baten die DBM, die in Berlin von den beiden Geschäftsführerinnen Ingrid Gollin und Heike Schmiedel geleitet wird, darum, „Ihre Position noch einmal zu überdenken“. Vergeblich. Eine vorzeitige Vertragsauflösung sei „nicht möglich“, antwortete DBM. Die Werbeanzeige befinde sich seit Januar 2016 am Bus in der vertraglich vereinbarten Region. Man habe die Kosten dafür „im Voraus getragen“ und müsse auf weitere Zahlung der Monatsraten von je 166,60 Euro bestehen. Eine vorzeitige Entfernung der Werbung vom Bus koste 531,93 Euro extra.

Dem Kunden mit Ratenzahlung entgegengekommen

Auch auf Nachfragen unserer Redaktion zeigt man bei DBM wenig Kulanz. Schon mit der Ratenzahlung sei man Herr Ferber entgegengekommen, normalerweise sähe ein Vertrag „die direkte Zahlung“ für die gesamte Laufzeit vor. Auf die Forderung könne man trotz des Todes des Kunden nicht verzichten, da man selbst „Zahlungsverpflichtungen gegenüber Dritten“ eingegangen sei.

Der krasse Fall wirft ein Schlaglicht auf ein umkämpftes Geschäft und eine Branche, in der Agenturen, Subunternehmer und ihre Verkäufer mit harten Bandagen um Aufträge kämpfen. „Die Vermarktung von Buswerbung ist ein schwieriges und meist sehr kleinteiliges Geschäft“, sagt der Busunternehmer Martin Hain. Für seinen Familienbetrieb im hessischen Rödermark sind rund 40 Busse unterwegs, die meisten mit häufig wechselnder Werbung.

Hain vermietet wie viele Busunternehmen die Außenflächen der Fahrzeuge komplett an Agenturen, die zumeist lokale Firmen für Werbung zu gewinnen versuchen und Folien für die Anzeigen gestalten, drucken und aufkleben lassen. „Dönerbude, Kneipe, Läden, Fitness-Studios, da ist alles dabei“, sagt Hain. Was da alles auf seinen Bussen klebt, weiß er auch nicht so genau.

Werbung auf Bussen oder Taxis kann für die Agenturen sehr lukrativ sein

Für Agenturen kann Bus- oder Taxi-Werbung, wie sie DBM verkauft, ziemlich lukrativ sein. „In unserer Region kriegen wir 300 bis 500 Euro je Bus und Monat“, sagt Hain. Dafür haben die Agenturen pro Bus Zugriff auf rund 18 laufende Meter Werbeflächen. Im Falle des Fotografen Ferber bot DBM laut Vertrag den Meter zum „Aktionspreis“ von monatlich 99 statt 129 Euro an. Bei kompletter Vermietung aller Flächen kommen so pro Bus fast 1800 Euro pro Monat herein, also bis zum Sechsfachen der Miete, die der Busunternehmer erhält. Die DBM-Vordrucke für die Außendienstler sehen zudem eine Mindestlaufzeit von drei Jahren vor.

Der Anzeigenvertrieb über Vertreter ist in der Branche üblich und dabei geht es oft ziemlich ruppig zu. Im Internet finden sich einige heftige Beschwerden von Ex-Vertriebsleuten und Kunden von DBM. Die Firma betont auf Anfrage knapp, die Werbung für den Fotografen existiere und verweist auf den Agenturpartner Konzepthaus in Worms, wonach der Bus mit der Werbung vertragsgemäß auf der Linie OF-30 unterwegs sei.

Ist die Fläche überhaupt entsprechend belegt?

Bei der Busfirma BRH Viabus GmbH in Speyer, die auf dieser Linie fährt und die Werbeflächen an Konzepthaus zur Vermarktung vermietet, heißt es aber zunächst, auf keinem Fahrzeug existiere eine Anzeige des Fotostudios. Im Nachlass finden die Eltern jedoch ein Foto mit der großflächigen Werbung auf einem fahrenden Viabus.

Damit konfrontiert, bittet eine Mitarbeiterin der Busfirma um Nachsicht für den Irrtum. Man werde nun alle Hebel in Bewegung setzen, damit die Werbung für den Toten rasch entfernt werde. Ein Anwalt prüfe zudem die Rechtslage. Auch wolle man in künftigen Vereinbarungen mit Agenturen solche Fälle besser regeln.

Am Tag danach schreibt Viabus dem Werbepartner Konzepthaus in Worms, man könne „ethisch und moralisch“ nicht vertreten, dass die Fotostudio-Werbung weiter auf dem Bus bleibe. Man verzichte daher „ab sofort“ auf die monatliche Zahlung für die Werbung. Damit müsste, so Viabus, die Grundlage geschaffen sein, damit die Hinterbliebenen ihrerseits aus dem Vertrag mit der Berliner Vermarktungsfirma DBM kommen.

Busunternehmen und Partneragentur verzichten auf Zahlungen von DBM

Auch die Agentur Konzepthaus in Worms erklärt darauf, sie verzichte ihrerseits auf Zahlungen von DBM und hoffe, dass der Berliner Vertragspartner „unter diesen Umständen einlenken wird und das Vertragsverhältnis mit den Familienangehörigen beendet“.

Nochmals zwei Tage später ist der peinliche Streitfall zwischen den drei beteiligten Unternehmen endlich geklärt. Man verzichte „aus Kulanz“ auf die Restforderung, schreibt DBM in einer dreizeiligen Mail. Die Werbung des toten Fotografen werde „schnellstmöglich vom Bus entfernt“. Auf eine „Kostenpauschale“ zur „Neutralisierung der Werbefläche“ will DBM aber nicht verzichten.