Das Amtsgericht meldet Erfolge im Kampf gegen Fixierungen in Heimen. Foto: dpa

Seit 2013 ist die Zahl der Fesselungen von demenzkranken Menschen in Stuttgarter Pflegeheimen stark zurückgegangen. Grund: Eine Initiative der Amtsgerichte Stuttgart und Bad Cannstatt zusammen mit den Heimen.

Stuttgart - Stuttgart hat Fixierungen vor rund zwei Jahren den Kampf angesagt. Im Juni 2013 machten sich Betreuungsrichter der Amtsgerichte (AG) Stuttgart und Bad Cannstatt auf den Werdenfelser Weg. Durch die gleichnamige Initiative des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen waren dort die sogenannten freiheitsentziehenden Maßnahmen für demenzkranke Menschen in Heimen drastisch reduziert worden.

In Stuttgart zieht Till Jakob, Vizepräsident des AG Stuttgart jetzt eine ebenso positive Bilanz.

Früher wurde oft nach einem simplen Dreizeiler gehandelt: Demenz, Sturzgefahr – Fixierung, aus Fürsorge dem Pflegling gegenüber und aus Versicherungsgründen. Dies ist mit SoFi durchbrochen worden.

Bettseitenteile, Rollstuhlgurte, Sitzhosen

Freiheitsentziehende Maßnahmen wie Bettseitenteile, Rollstuhlgurte, Sitzhosen werden erheblich seltener genehmigt. So sei die Zahl der Genehmigungsverfahren von 390 im Jahr 2012 um 17 Prozent auf 324 im Jahr 2014 zurückgegangen, bestätigt auch Hans-Peter Rumler, Präsident des Amtsgerichts Stuttgart.

Es gibt noch beeindruckendere Zahlen. Das Anbringen von Bettseitenteilen sei von 2012 bis 2014 um 61 Prozent zurückgegangen. Fixierungen im Rollstuhl gingen im gleichen Zeitraum gar um 64 Prozent zurück. Erfreulich sei auch, dass Genehmigungsverfahren für Fixierungen im Bett bei dementen Menschen in Pflegeheimen praktisch nicht mehr vorkommen. „Wir werten das als Erfolg für die Kranken“, sagt Jakob. Jede Fixierung weniger sei ein Gewinn.

Jakob betont, die Initiative sei nur deshalb erfolgreich, weil die Pflegeheime mitarbeiteten. „Wir sind dankbar für die große Unterstützung der Heime.“ Neu ist unter anderem, dass nur noch Verfahrenspfleger eingesetzt werden, die über einen pflegefachlichen Berufshintergrund verfügen.

Alternativen zur Fesselung

So können die Verfahrenspfleger vor der bei Fixierungen zwingend erforderlichen richterlichen Entscheidung gemeinsam mit den Pflegeheimen und mit den Angehörigen technische und pflegerische Alternativen zu einer Fesselung erarbeiten. Mit im Boot bei Stuttgart ohne Fixierung sind die Betreuungsbehörde der Stadt und das Trägerforum Altenhilfe Stuttgart.

Allgemein wird das Amtsgericht Stuttgart aber eher mit Strafsachen in Verbindung gebracht. Die Zahl der Strafrichtersachen sei in den vergangenen Jahren mehr oder weniger gleich geblieben, sagt AG-Präsident Rumler.

Er hebt aber eine Entwicklung besonders hervor: „In Jugendsachen und Jugendschöffensachen ist die Gesamtzahl der Eingänge deutlich zurückgegangen.“ So hatten es Jugendeinzelrichter 2010 noch mit 806 Verfahren zu tun. 2014 waren es nur noch 663. Die schwereren Fälle, die vor dem Jugendschöffengericht landen, beziffert Rumler fürs Jahr 2010 auf 170 und fürs vorige Jahr nur noch auf 145.

Erhöhte Anzahl von Mieterhöhungsklagen

In der Zivilabteilung des Amtsgerichts schlagen die aktuellen politischen Entscheidungen zu Buche. So sei vor dem Hintergrund der Diskussion um die Mietpreisgrenze eine erhöhte Anzahl von Mieterhöhungsklagen festzustellen, so Rumler.

Und auch die neue Rauchmelderpflicht ist inzwischen beim Amtsgericht angekommen. Offenbar verweigern viele Mieter den Zugang zu ihren Wohnungen. So können die Geräte nicht installiert werden. „Es gibt eine Vielzahl von Klagen gegen Mieter auf Duldung des Einbaus von Rauchmeldern“, sagt Präsident Rumler.

Um die Sicherheit im Amtsgericht zu erhöhen, wurde voriges Jahr der Bürobereich baulich von den Gerichtssälen getrennt. Bei den neuen Einlasskontrollen entdeckten die Wachtmeister 28 Taschenmesser, mehrere Pfeffersprays und Teppichmesser.