Bei der Reisemesse aktiv: Monika Wöhr-Kühnemann Foto: factum/Jürgen Bach

Das Weissacher Familienbetrieb Wöhr tritt seinen Reisebereich an Schlienz Tours ab. Das Remstaler Unternehmen gehört zu den größten der Branche in der Region Stuttgart und will die Luxusangebote noch ausbauen.

Weissach - Monika Wöhr-Kühnemann zieht sich aus dem Bustouristik-Geschäft zurück. Sie hat den Bereich zum 1. Januar der Firma Schlienz Tours im Remstal übergeben. Es sei eine wirtschaftliche Entscheidung gewesen, erklärt die Geschäftsführerin des in Weissach ansässigen Familienbetriebs. Es sei schwer, gegen Billigveranstalter und das Internet zu bestehen. „Das macht Unternehmen wie uns schon länger Probleme“, sagt sie. Außerdem müsse der Fuhrpark immer auf dem aktuellsten Stand sein, der Personalaufwand ist hoch und der Mangel an Busfahrern groß. Dass die Branche zu kämpfen hat, zeigt die Statistik: Während im Jahr 2018 noch mehr als 4000 Busunternehmen internationale Reisen anboten, sind es laut Statista zehn Jahre später nur noch die Hälfte.

Pflieger hat das Reisen ebenfalls aufgegeben

Auch Pflieger in Böblingen scheint den Touristikbereich zu großen Teilen Ende 2018 aufgegeben zu haben. Auf der Internetseite heißt es: „Wir haben unser Reisebüro geschlossen, um unsere Aktivitätenverstärkt auf den Öffentlichen Personennahverkehr und die Busvermietung unserer modernen Reisebusse zu konzentrieren.“ Das Unternehmen bedankte sich bei den Kunden „für die oft vielen Jahre bestehender Treue zu unserem Haus“. Sollten Reisen veranstaltet werden, würde sie auf der Webseite beworben werden – aber die Rubrik Reisemarkt ist leer.

„Es gibt allgemein immer weniger private Busunternehmer“, sagt Monika Wöhr-Kühnemann. Ein Beispiel für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Branche lieferte die Nagolder Rexer-Gruppe, die im vergangenen Juli Insolvenz anmeldete, ihre Aufträge im öffentlichen Nahverkehr aber nach wie vor erfüllt. Allein zwischen den Jahren 2015 und 2017 hat sich die Zahl der Omnibusunternehmen, die im Reisebereich tätig sind, um fast 200 auf 3548 reduziert. Das hat das Statistische Bundesamt erfasst. „Die Bustouristik ist geprägt durch Klein- und Mittelständische Betriebe“, heißt es vom Internationalen Bustouristik Verband RDA. Dabei handle es sich um traditionsreiche Familienunternehmen in der dritten und vierten Generation.

Die Zahl der Gäste geht zurück

Die Zahl der Gäste gehe zurück, die Stammkunden würden älter, berichtet Monika Wöhr-Kühnemann. Als das Interesse an den Reisen vor einigen Jahren zurückging, zog die Geschäftsführerin bereits eine erste Konsequenz und ging eine Kooperation mit SSB-Reisen ein. „Aber das war leider nicht der Knaller“, berichtet sie. Zu Beginn des vergangenen Jahres hat sie sich deshalb mit ihren vier Töchtern zusammengesetzt. Diese machten ihrer Mutter klar: Wir können und wollen die mit dem Bereich verbundene Arbeit so nicht übernehmen, wie sie es getan hat. „Damit war klar, wir hören Ende 2019 auf“, sagt die Unternehmerin.

Mit Schlienz Tours hat sie den passenden Partner gefunden. Auf die Firma aus Kernen sei sie gekommen, weil sie einen ähnlichen Luxusbus wie den VIP-Liner hätte und Reisen auf einem ähnlich hohen Niveau anbietet. Schlienz gehört in der Region Stuttgart zu den großen Betrieben und expandiert. „Ich dachte, da könnten wir gut aufgehoben sein“, sagt Monika Wöhr-Kühnemann. „Wir sind der festen Überzeugung, dass die beiden Produktschienen im gehobenen Bereich gut zusammenpassen“ erklärt auch Mark Ungerathen, der Leiter der Touristik bei Schlienz Tours in Kernen und ergänzt: „Gemeinsam ist man stärker.“

Luxusbus kommt gut an

Laut Mark Ungerathen ist die Nachfrage nach den hochwertigen Reisen im Luxusbus spürbar gestiegen und nehme noch zu. Die Kunden würden ein Rundum-Sorglos-Paket erhalten – von der Abholung direkt zuhause bis zum Programm am Ziel. Die Generation 50 plus ist die Zielgruppe, das Angebot soll ausgebaut werden. „Für die Kleinen ist es schwieriger geworden“, sagt der Touristikleiter und nennt die zunehmende Bürokratie als weiteren Grund. Beispielsweise müssten für viele Städte in Italien und Frankreich Einfahrgenehmigungen beantragt werden, das sei ein hoher Aufwand.

Monika Wöhr-Kühnemann hat das Gefühl, ihre Stammkunden in gute Hände zu übergeben. Die Reisen veranstaltet jetzt Schlienz, gebucht werden kann weiterhin in Weissach. Die dafür zuständige Mitarbeiterin wurde übernommen, die Reiseleiter und Busfahrer ebenfalls. Von der neuen Entwicklung sind die Linienbusse und der Bereich der Transporte der Firma Wöhr Tours nicht betroffen. „Da sind wir gut aufgestellt“, betont Monika Wöhr-Kühnemann. Es bleiben auch die Auftragsverkehre für Porsche und Bosch. „Das alles ist viel Arbeit,“ sagt sie. „Darauf konzentrieren wir uns jetzt.“