Gäste: Pferdle Volker Lang (links) und Äffle Heiko Volz Foto: Lichtgut

Das Wesen des Schwaben ergründete man beim Weindorf-Treff von Stuttgarter Nachrichten und SWR 4. Wir lernten dabei: Manchmal geht mit uns der Gaul durch. Und wir machen uns gerne zum Affen.

Stuttgart - Nicht einfach sei er, der Schwabe, maulfaul und er neige zum Grübeln, halt ein ganz eigener und komplizierter Charakter. Schwer zu fassen, noch schwerer zu beschreiben. Dem Hessen Torben Giese genügten zwei Jahre als Leiter des Stuttgarter Stadtmuseums, um uns zu durchschauen. „Viele Stuttgarter reden ihre Stadt schlecht, betonen die vielen Probleme“, sagte er beim Weindorf-Treff am Montagabend in der Laube Ox am Schillerplatz. Aber wenn man lange genug zuhöre, merke man: „Sie lieben ihre Stadt viel mehr, als sie eigentlich sagen.“

Der Schwabe neigt halt nicht zum Überschwang. Was übrigens ansteckend ist. Moderatorin Diana Hörger fragte Kammersängerin Helene Schneiderman, was sie denn von ihrem Kollegen an der Staatsoper, Generalmusikdirektor Cornelius Meister, halte. Schneiderman musterte ihn kurz, sagte dann mit der Gelassenheit einer Amerikanerin, die seit 35 Jahren in Stuttgart lebt: „Er ist nicht schlecht!“ Mehr Lob geht kaum. Aber das hat der Hannoveraner Meister schon durchschaut. Obwohl erst seit einem Jahr in der Stadt, ist er mit den Eigenheiten seiner Gastgeber vertraut. Er hat auch die besten Lehrmeister. „Meine Familie und ich haben ein Vermögen für Äffle und Pferdle ausgegeben“, sagte er, „alles mögliche haben wir schon gekauft, ob Tassen oder Bücher, für uns selbst oder als Geschenke.“

Das Tier im Mann ist ein Äffle

Da traf es sich gut, dass Äffle und Pferdle auch da waren. Das Tier im Manne ist bei Heiko Volz ein Äffle. Seit mehr als 20 Jahren denkt er sich die Geschichten von Äffle und Pferdle aus – und leiht dem Aff seine Stimme. Das Pferdle saß neben ihm: Volker Lang, Bruder des Erfinders Armin Lang und Sprachrohr des schlauen Gauls. Demnächst schlüpfen sie in eine neue Rolle. Generationen von Kindern haben sie beigebracht, dass sie sich ihrer Sprache nicht schämen müssen. Dass man auf Schwäbisch mit wenigen Worten viel sagen kann. Auch wenn Lehrer, Eltern, Verdruckste und Hochnäsige fanden, Dialekt sei nur etwas für Bauern.

Nun lenken Äffle und Pferdle den Verkehr. Sie kommen nach jahrelangem Gezerfe mit Bürokraten endlich auf eine Ampel. Äffle heißt stehen, Pferdle heißt gehen. Zahlen müssen sie die Ampel selbst, Moderator Tom Hörner wollte wissen, ob sie das Geld schon beisammen haben. „Wir haben einige Sponsoren“, sagte Volz, aber man kenne die Kosten noch nicht, denn im Rathaus mache man derzeit Urlaub. Wenn die Griffelspitzer wieder da sind und gerechnet haben, dann kann es aber schnell gehen. Stehen wird die Ampel am Bahnhof. Nicht weit weg vom Opernhaus. Beides Baustellen ganz eigener Art. Auf die Frage, wann denn die Oper saniert sei, antwortete Meister. „Wir nehmen im Haus noch Wetten an, was zuerst fertig ist, der Bahnhof oder die Oper?“ Der Mann ist erst 39, vielleicht wird er die Auszahlung seines Wettgewinnes noch erleben.

Oper 21, das erste unterirdische Opernhaus

Helene Schneiderman fiel spontan ein, dass sie einmal eine Opernvorstellung in einem Bahnhof erlebt habe, wusste aber nicht mehr genau wo. Oper 21, das erste unterirdische Opernhaus, das hätte was. Ihr Ritual müsste sie nicht ändern, singe sie sich doch hin und wieder auf der Zugtoilette ein. Überhaupt, Vorbereitung ist alles. Am Abend vor einer Vorstellung gehe sie nicht auf Partys. Aus Selbstschutz, um die Stimme zu schonen. „Ich kenne mich: ich höre erst auf zu sprechen, wenn ich schlafe.“

Auch Cornelius Meister geht keine Kompromisse ein. Nach einem Radunfall dirigierte er mal mit einer angebrochenen Rippe. Auf Hörners Vorhaltung, er habe sicher Schmerzmittel eingeworfen, sagte er entrüstet: „Mit irgendeinem Mittelchen kann man nicht Musik machen. Das wollen Sie nicht hören, da muss man auf den Punkt konzentriert sein.“ Sein Motto ist passenderweise: „Ich erwarte keine fehlerlose Perfektion, sondern rastlose Motivation.“

Der Gaul hat die Oberlippe vorn

Rastlos ist auch Volker Lang. Mit seinen 85 Jahren gibt er immer noch das Pferdle. Das sei ja gar nicht so anstrengend, sagte er, für des Pferdles Stimme „musst du bloß die Unterlippe vorschieben, dass es neiregnet.“ Doch wie bleibt man mit 85 so fit? Das Rezept ist einfach: „Viel Hafer.“