Musicaldarsteller Felix Martin (links) und Moderator Axel Graser. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Sie reden auch noch im verflixten siebten Jahr miteinander. Beim Weindorf-Treff von SWR 4 und den Stuttgarter Nachrichten saß ein Berliner unter lauter Schwäbinnen.

Stuttgart - Es gibt verschiedene Anreize für Künstlerkarrieren. Mädchen und Geld sei es, was Rockstars antreibe, wird oft erzählt. So ähnlich muss man sich das auch bei Spaßmacherinnen vorstellen. „Wir wollten, dass die Männer an unseren Türen kratzen“, erinnert sich Petra Binder, warum sie den Job als Technische Zeichnerin schmiss und als Kabarettistin mit Doris Reichenauer auf Tour ging. „Ja, aber sie machen es nur, wenn sie rauswollen“, fügt Reichenauer dazu.

Sie sind als Dui do on de Sell unterwegs, und „haben eine Schwertgosch“, wie SWR 4-Moderator Axel Graser beim Weindorf-Treff in der VfB-Laube bemerkte. Aber was ist überhaupt eine Schwertgosch? Wie erklärt man das Musicaldarsteller Felix Martin, geboren in Hamburg, seit 20 Jahren in Berlin lebend? „Auf Hochdeutsch?“, sinnierte Binder, „Saugosch!“ Man einigte sich schließlich auf große Klappe.

Aufgewachsen auf der Bühne

Dabei ist eine Schwertgosch Martin nicht fremd. Braucht er die doch buchstäblich beim Darstellen des eifersüchtigen und scharfzüngigen Domprobstes Frollo im Musical „Der Glöckner von Notre Dame“ im Möhringer Theater. Als Sohn zweier Schauspieler blieb ihm eigentlich keine Wahl: Er musste auf der Bühne landen. „Ich war öfter bei Proben als in der Schule.“ Ob’s dennoch zu einem Schulabschluss gereicht hat? Da zögert er lange und sagt schließlich: „Ich war auf einer Waldorf-Schule.“ Und wer schon mal den Tod (im Musical „Elisabeth“) gespielt hat, dem sind Zensuren ohnehin egal. Angefangen hat er mit zwölf Jahren als einer der Knaben in der „Zauberflöte“. Noch heute ist ihm dieser Auftritt im Gedächtnis geblieben, Wie er unter Beweis stellt und die Arie der Königin der Nacht anstimmt.

Castingshow? Die Mama war nicht begeistert

Überhaupt, dieser Auftakt der siebten Auflage des Weindorf-Treffs war ein sehr musikalischer. Die Uhlbacherin Mary Summer sang den Soulklassiker „All I could do was cry“ von Etta James. Sie ist einer jener Menschen, bei denen man sich fragt, wie sie in 24 Stunden ihr Tagwerk verrichtet bekommen. Sie ist studierte Sozialpädagogin, kümmert sich mit dem Verein „Music for Life“ um vernachlässigte Kinder, arbeitet als Psychologische Beraterin, Und ach ja, Sängerin ist sie auch noch. Wovon sich bei „Voice of Germany“ ganz Deutschland am Fernseher überzeugen konnte. Was die Mama nicht sehr gefreut hat. „Ich durfte als Kind genau drei Sendungen schauen“, sagt Summer: „Die Sendung mit der Maus“, „Siebenstein“ und Löwenzahn“. Und dann die Tochter bei „Voice of Germany“. „Für sie ging es kaum schlimmer“, erinnert sich Summer, „Fernsehen und dann noch Castingshow.“ Sozusagen Sodom und Gomorra. Oder wie singt Martin als Frollo: „Das Feuer der Hölle.“ Die Abgründe des Showgeschäfts, sie tun sich immer wieder auf. „Ich habe Angebote aller Art bekommen“, sagt Mary Summer, „aber ich mache, was ich will, wie ich es will und wann ich es will.“ Auch wenn das bedeutet, dass das Werden ihres ersten Albums länger dauert.

Es leben die Klischees

Da klatschen Petra Binder und Doris Reichenauer Beifall. „Wir sind ja erst in unseren Vierzigern in dieses Geschäft eingestiegen“, sagt Binder, „da waren wir zu alt um als sexy vermarktet zu werden, wir konnten nur noch lustig sein.“ Das habe definitiv dabei geholfen, selbstbestimmt zu bleiben und ihr Ding zu machen.

Sein Ding machen, das gönnt sich auch Martin hin und wieder. Achtmal in der Woche tritt er als Frollo auf, aber er nimmt sich Auszeiten. So machte er mit David Jakobs und Maximilan Mann „Quatsch mit 3“ im Friedrichsbau Varieté. Da gab Martin übrigens auch den Rapper Eminem. Er zeigt sich also in der Stadt. Und er wohnt auch in der Stadt. Mittendrin sogar. 50 Quadratmeter im Heusteigviertel. In Berlin sind es 120 Quadratmeter Altbau in Kreuzberg. „Und da zahle ich so viel Miete wie für die 50 Quadratmeter in Stuttgart“, sagt Martin. „Aber die sind sauber“, erwidert Moderator Tom Hörner von den Stuttgarter Nachrichten. So viel zu den Klischees. Die dürfen auch im verflixten siebten Jahr nicht fehlen.