Giovanni Frank, dessen Bruder Giuliano zu den Vorwürfen von Peta Stellung bezieht, freut sich über den Nachwuchs im Circus Bravissimo. Foto: Jürgen Bach

Trächtige Tiere dürfen nicht umhergefahren werden, lautet das Argument der Tierschützer von Peta. Beim Zirkus gibt man sich gelassen. Man habe alle notwendigen Dokumente, und auch sonst gehe es den Tieren gut.

Die großen Knopfaugen, das wuschelige Fell – das noch namenlose Alpakababy, das vor wenigen Tagen beim Circus Bravissimo in Merklingen das Licht der Welt erblickt hat, ist wirklich niedlich. Seit Sonntag gastiert der Zirkus, der in der Region Stuttgart und in Baden-Württemberg unterwegs ist, im Weil der Städter Teilort – und sieht sich nun einer Anzeige der Tierschutzorganisation Peta gegenüber. Grund dafür ist ebenjenes noch namenlose Alpaka-Mädchen.

 

Tierschutzrichtlinien des Ministeriums als Ausgangspunkt

Die Tierschützer haben den Zirkus beim Veterinäramt des Landkreises Böblingen angezeigt. Die Begründung: Gemäß den Tierschutzrichtlinien des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) dürfen hochschwangere und säugende Tiere ausdrücklich keinen Reisestrapazen ausgesetzt werden. Der Circus Bravissimo befinde sich jedoch derzeit auf laufender Tournee. Daher hat der Verein, der sich selbst als Tierrechtsorganisation bezeichnet, die Behörde laut einer Pressemitteilung aufgefordert, „ein Bußgeldverfahren gegen den Zirkus einzuleiten und den Richtlinien folgend umgehend ein Reiseverbot für die Tiermutter, das Alpakakind und gegebenenfalls noch hochschwangere Tiere zu verhängen“.

Auch wenn Peta in ihrem Schreiben zahlreiche Entscheidungen anderer Veterinärämter aufzählt, bei denen es zu Auflagen oder Bußgeldern gekommen ist, bleibt man bei den Schaustellern gelassen. „Wir machen uns da keine Sorgen“, sagt Giuliano Frank, der den Zirkus mit seiner Familie in der inzwischen achten Generation betreibt. Gemeinsam mit seinem Bruder Giovanni, den beiden Ehefrauen und den Kindern, zieht er alle Tiere selbst auf. „Ich habe alle nötigen Papiere.“ Man habe bislang nie Probleme mit dem Veterinäramt gehabt – ganz im Gegenteil. „Wir haben ausschließlich gute Einträge dort.“ Zirkusse gehörten laut Giuliano Frank zu den am strengsten kontrollierten Tierbetrieben. In seinem Betrieb seien alle Tiere aber stets gut versorgt und hätten auch genügend Auslauf. Über 60 Tiere, darunter Pferde, Schlangen, einen Stier, Schildkröten, Gänse und Hunde, sind mit dem Zirkus unterwegs.

Zirkusbetreiber sieht Vorwürfen gelassen entgegen

Zu den konkreten Vorwürfen von Peta sagt er: „Wir sind von Bernhausen nach Merklingen gefahren, das ist eine halbe Stunde.“ Natürlich dürfe man die Tiere, wenn sie trächtig sind, nicht ständig verladen und herumkutschieren. „Aber in die Tierklinik dürfte ich eine trächtige Stute ja auch fahren.“ Die Richtlinien ließen da schon einen gewissen Spielraum. Außerdem: „Wenn das verboten wäre, bin ich ja nicht so dumm und sage der Zeitung Bescheid, dass hier ein kleines Alpaka auf die Welt gekommen ist“, bekräftigt Frank.

Nachgefragt beim Landratsamt, bestätigt Benjamin Lutsch von der Pressestelle: „Eine Anzeige ist am Mittwoch eingegangen.“ Man werde die Tierhaltung zeitnah vor Ort überprüfen, um zu sehen, ob die Vorwürfe zutreffen. „Vorgefundene Mängel werden wir abstellen, Verstöße ahnden“, so Lutsch weiter. Eine Regelkontrolle der Tierhaltungen könne das Veterinäramt „aufgrund der defizitären Personalausstattung“ nicht gewährleisten. „Wir führen Anlasskontrollen durch.“

Es existiert ein Zirkuszentralregister

„Immer häufiger muss Peta die Veterinärämter dazu auffordern, die Tierschutzrichtlinien selbst in Zirkusbetrieben durchzusetzen, die keine Wildtiere mitführen“, schreiben die Tierschützer in ihrer Mitteilung. Denn bei vielen Zirkussen sei auch die Haltung domestizierter Tiere wie Pferde, Rinder oder Ponys mangelhaft. Fakt ist: Über die Kontrollen bei Schaustellerbetrieben mit Tieren wird im bundesweiten Zirkuszentralregister Buch geführt. Dort tragen die zuständigen Behörden die Ergebnisse ein.

„Risikoorientierte Kontrollen“, nennt man das beim Landratsamt. Benjamin Lutsch umschreibt: „Wenn sich also ein Zirkus bei uns anmeldet, wozu die Zirkusse mit Tierhaltung verpflichtet sind, dann überprüfen wir, wann die letzte Kontrolle stattgefunden hat und je nach Eintragung überprüfen wir den Betrieb vor Ort oder auch nicht.“ Wenn bei vorherigen Kontrollen Mängel festgestellt worden seien, so prüfe man, ob diese abgestellt wurden.

Wie Giuliano Frank betont, habe es diesbezüglich noch nie Probleme bei ihnen gegeben – auch nicht, als sein Zirkus während der Coronazeit schon einmal von Peta angezeigt worden sei. „Wie viele andere Zirkusse auch“, erinnert er sich. Damals sei es darum gegangen, dass die Schausteller die Versorgung der Tiere nicht gewährleisten könnten. „Aber wir haben das doch alles gut hingekriegt“, fügt er fast trotzig hinzu.