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OB Schuster will die vom Kita-Streik betroffenen Eltern wenigstens finanziell entlasten und Kita-Gebühren ersetzen. Der Gemeinderat wird dem Vorschlag voraussichtlich zustimmen.

Stuttgart - OB Schuster will die vom Kita-Streik betroffenen Eltern wenigstens finanziell entlasten und Kita-Gebühren ersetzen. Der Gemeinderat wird dem Vorschlag voraussichtlich zustimmen. Für die kommenden drei Streiktage ist eine Notvereinbarung abgeschlossen worden.

Die Botschaften der Eltern sind eindeutig: Finanzielle Verluste füge der Streik lediglich den Eltern zu, die auf eine Betreuung angewiesen sind, beschwerten sich Eltern einer Zuffenhäuser Kita Anfang Juni bei der Gewerkschaft Verdi. Anders als beim Arbeitskampf beabsichtigt werde der Kunde, nicht der Arbeitgeber, geprügelt.

Welche Auswirkungen dies hat, zeigt das Bild von Sina, die einen Streiktag in einem Büro verbracht hat. In der Zuschrift bittet die Mutter darum, "bei weiteren Streiks die Situation berufstätiger Eltern zu berücksichtigen". Die Vorsitzende des Gesamtelternbeirats städtischer Kindertagesstätten in Stuttgart bestätigt: "Die Möglichkeiten der Eltern, Urlaub zu nehmen, sind ausgeschöpft", sagt Sevim Calayir.

Offensichtlich waren dies nicht die einzigen Beschwerden. Auch im Rathaus ist im Laufe der letzten Wochen eine Flut von Protestschreiben eingegangen. Wolfgang Schuster hat am Donnerstagvormittag nach der Beratung in der Referentenrunde entschieden, die Eltern nun zumindest finanziell zu entlasten.

Vorbehaltlich der Zustimmung des Gemeinderats "werden Eltern für einen Monat nur einen Teil der fälligen Gebühren und Essensgelder bezahlen müssen", heißt es in der Mitteilung der Pressestelle. Beim Streik im Jahr 2006 verfuhr die Stadt ebenso. Weil während eines Streiks das Gehalt von der Gewerkschaft bezahlt wird, sparte die Stadt damals bei 20 Streiktagen 800000 Euro Personalkosten. Davon erstattete sie den Eltern 400000 Euro, die andere Hälfte der Summe wurde den Kitas als Sonderbudget zur Verfügung gestellt.

Schuster sieht damit im momentanen Arbeitskampf Wunden gesalbt, die die Gewerkschaft geschlagen habe: "Durch die starre Haltung von Verdi mussten viele Eltern die Betreuung ihrer Kinder mit großem Aufwand und persönlichen Einschränkungen organisieren." Gemeint ist die Notdienstvereinbarung, die lange nicht zu Stande gekommen war. Am Donnerstagabend dann meldeten Jugendamt und Verdi den lang ersehnten Vollzug für den Fall, dass auch in der kommende Woche wieder von Montag bis einschließlich Mittwoch gestreikt werden sollte.

Elternbeirat fordert Haustarifvertrag

Demnach werden die Erzieherinnen von vier Kindertagesstätten nicht zum Streik aufgerufen. Damit stehen dann insgesamt 100 Plätze für Notfälle bereit. "Das ist leider nur ein kleiner Ansatz, aber er hilft wenigstens ein Paar Leuten", sagt Heinrich Korn, stellvertretender Jugendamtsleiter. Sevim Calayir begrüßt das Ergebnis. "Die Kinder sind inzwischen völlig aus dem Rhythmus und die Sprachförderung leidet mit den Unterbrechungen."

Nun muss der Gemeinderat noch Schusters Vorschlag zustimmen, was offensichtlich eine Formsache sein wird. "Natürlich begrüßen wir den Vorschlag", sagte gestern Manfred Kanzleiter, der Fraktionschef der SPD auf Anfrage, "der Streik hat schließlich das Ziel, die Arbeitgeber finanziell unter Druck zu setzen. Ich hoffe allerdings, dass Schuster auch innerhalb des kommunalen Arbeitgeberverbands auf ein schnelles Tarifergebnis hinwirkt und die Erzieherinnen endlich bekommen, was sie auch verdienen."

FDP-Fraktionschef Rolf Zeeb hält Schusters Angebot für "mehr als recht und billig, die Eltern haben genug gelitten unter dem Streik". Allerdings würde die Mehrheit der Bürger inzwischen das Anliegen der Erzieherinnen unterstreichen, "und da stellt sich die Frage, ob der Streik noch weiterhin gerechtfertigt ist".

"Die Gebührenerstattung, aber auch die Notvereinbarung zwischen Verdi und der Stadt im Interesse der Eltern ist für uns eine Selbstverständlichkeit", sagt Werner Wölfle, der Fraktionschef der Grünen. Die CDU hat sich gestern nicht geäußert.

Stadträtin Ulrike Küstler (Die Linke) hat einen Antrag bei der Verwaltung eingereicht: Die Stadt soll den Erzieherinnen "eine außertarifliche Zulage zum Ausgleich der hohen Lebenshaltungskosten und der hohen Qualitätsanforderungen" zahlen.

Lambert Liesenberg, der Sprecher der Konferenz des Gesamtelternbeirats, ärgert sich über das zähe Ringen um einen neuen Gesundheits- und Gehaltstarifvertrag. "Der OB könnte seinen Worten von der kinderfreundlichsten Stadt Taten folgen lassen, aus dem Tarifvertrag aussteigen und mit den Erzieherinnen einen Haustarifvertrag mit übertariflicher Bezahlung abschließen." Darüber sollten auch die Parteien nachdenken, die Kinderfreundlichkeit vor der Wahl zu ihrem Thema gemacht hätten.