Ziemlich beste Freunde wie beim Interview mit unserer Zeitung zur Doppelstadt Sindelfingen/Böblingen im September 2011 sind Wolfgang Lützner (links) und Bernd Vöhringer derzeit nicht. Böblingen ist von Vorgehensweise bei Breuningerland-Erweiterung schwer enttäuscht. Foto: Leif Piechowski

Bernd Vöhringer (CDU) gegen den Rest der Welt. Der Stadtchef von Sindelfingen hat sich mit dem Bauvorbescheid für Breuninger in der Region keine Freunde gemacht. Die SPD fordert gar seinen Rücktritt als Regionalrat. Und im Böblinger Rathaus ist der Ärger groß.

Sindelfingen/Böblingen - Der Stadtchef von Sindelfingen ist sturmerprobt. Die beballte Kritik von Regionalpolitikern, die am Mittwochabend über ihn hereingebrochen ist, scheint an ihm abzuprallen. „Mir geht es gut“, sagt Bernd Vöhringer am Donnerstag dieser Zeitung. In der Nachbarstadt Böblingen ist man derweil um Fassung bemüht. „In so einer Gefühlslage fällt schnell eine unbedachte Äußerung. Das wollen wir nicht tun“, sagt Stadtsprecher Wolfgang Pfeiffer.

Ausgerechnet Böblingen und Sindelfingen. Ein Zwist zwischen zwei Städten, die auf dem Weg zum Zusammenschluss sind. Eine erste Studie zur Doppelstadt ist bereits in Arbeit. Sie soll im Mai 2013 vorliegen. Und jetzt das. Böblingens Oberbürgermeister Wolfgang Lützner (CDU) mag sich wohl auch deshalb erst gar nicht äußern. Er überlässt dies dem Stadtsprecher. Einen Satz lässt sich Lützner doch noch entlocken: „Jeder kann sich selbst vorstellen, was es bedeutet, den Wunschpartner außen vor zu lassen und in der Öffentlichkeit zu brüskieren.“

Vöhringer ist bemüht, Dampf aus dem Kessel zu nehmen: „Ich will am großen Ziel weiterarbeiten, weil ich die Doppelstadt nach wie vor für wichtig halte.“ Und er legt Wert darauf, dass er noch am Dienstagabend Lützner telefonisch darüber informiert hat, was kurz zuvor im Gemeinderat für gut geheißen worden war: Die Erweiterung des Sindelfinger Breuningerlands um 9800 auf dann 42.400 Quadratmeter Verkaufsfläche. Der juristische Weg, den die Stadt dabei beschreitet und mit dem sie Regionalplan und Anhörungsrecht von Nachbarkommen aushebeln will, ist der Grund für massive Kritik.

„Der Oberbürgermeister tritt die Regionalplanung mit Füßen“

Stadtsprecher Pfeiffer sagt: „Wir sind von der Vorgehensweise enttäuscht und erwarten, in ein rechtlich notwendiges Verfahren einbezogen zu werden.“

Die SPD-Regionalfraktion fordert derweil den Rücktritt von Vöhringer als Regionalrat. „Der Oberbürgermeister tritt die Regionalplanung mit Füßen“, sagt Fraktionschef Harald Raß. Das sei mit dem Mandat nicht vereinbar. Vöhringer denkt aber nicht an Rücktritt. „Jeder muss akzeptieren, dass wir unterschiedliche Interessen haben.“ Auf der einen Seite die Stadt und Breuninger, auf der anderen Nachbarkommunen und die Region. Die Differenzen, so Vöhringer, müssten professionell geklärt werden.

Die Rücktrittsforderung hält Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) „für überzogen“. Fraktionschef Joachim Pfeiffer sagt: „Da muss man die Kirche im Dorf lassen.“ Die beiden wichtigsten Männer der größten Fraktion in der Regionalversammlung akzeptieren, dass dem OB Vöhringer die Interessen der Stadt wichtiger sind, als dem Regionalrat Vöhringer der Regionalplan, den er mitbeschlossen hat. In diesem steht, dass ein solch großes Projekt auf die Umgebung abgestimmt werden muss, also genau das, was Vöhringer umgehen will. Und was der regionale Planungsausschuss erzwingen möchte, wenn er das Regierungspräsidium auffordert, das Vorgehen zu überprüfen.

Bei der Regional-CDU herrscht ob des Alleingangs Wirrwarr

Das tut die Behörde nun. Sprecherin Nadine Hilber sagt, dass Vöhringer Regierungspräsident Johannes Schmalzl über die Entscheidung informiert habe. Hilber: „Das Regierungspräsidium wird nun in Ausübung seiner Fachaufsicht im Baurecht alle entscheidungsrelevanten Unterlagen zur Beurteilung des Sachverhalts anfordern.“

In Bezug auf den Alleingang Vöhringers herrscht bei der Regional-CDU Wirrwarr. Planungssprecher Udo Goldmann war am Mittwoch völlig perplex von dem Vorgang. Thomas Bopp sagt tags darauf, dass ihn Vöhringer zwar am Dienstagabend angerufen habe, dass er aber „überrascht“ gewesen sei. Fraktionschef Joachim Pfeiffer gibt dagegen an, „schon seit langem“ über die Erweiterung informiert zu sein: „Ich persönlich bin für das, was Breuninger plant, aufgeschlossen.“ Schließlich sei schon eine umfangreichere Erweiterung im Gespräch gewesen.