Knapp 23 Millionen Menschen leben in Mexiko-Stadt – und das Wasser wird knapp Foto:  

Zwei Drittel der weltweiten Süßwasserreserven befinden sich in Lateinamerika. Dennoch geht Städten wie Lima und São Paulo das Wasser aus. Auch Mexiko-Stadt sitzt auf dem Trockenen.

Mexiko-Stadt - Die größte Stadt Lateinamerikas sitzt auf dem Trockenen. Zumindest einem großen Teil der knapp 23 Millionen Bewohner von Mexiko-Stadt hat die Wasserbehörde Sacmex für drei Tage das Wasser abgedreht, weil ein Versorgungssystem von Mittwoch bis Samstag überholt und erweitert werden soll.

Als die Wasserbehörde Mitte September ankündigte, das Wasser abzustellen, setzte ein Run auf alles ein, was man als Behälter verwenden kann. Der Preis für ein 100-Liter-Fass verdreifachte sich in der Zeit von 300 Peso (13 Euro) auf 900 Peso. Phasenweise war Trinkwasser in Flaschen und größeren Kanistern in manchen Gegenden von Mexiko-Stadt ausverkauft. Wasser ist in der mexikanischen Hauptstadt ein ebenso knappes wie begehrtes Gut. Die Stadt ist zu groß, zu ungünstig gelegen und zu durstig, als dass eine reibungslose und nachhaltige Versorgung möglich wäre. Jeder Bewohner von Mexiko-Stadt verbraucht mehr als 300 Liter pro Tag. In Deutschland liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 120 Litern.

Auch ohne die Wassersperrung sitzen Millionen Menschen in Mexiko-Stadt auf dem Trockenen. Vor allem in den armen Stadtteilen fließt seit Jahren wenig oder gar kein Wasser mehr aus den Hähnen. Dann bestellen die Menschen „Pipas“, Tankwagen, die Trinkwasser bringen. Zwischen 250 und 1500 Euro geben Bewohner mancher Bezirke monatlich für eine Versorgung aus, die eigentlich die Stadt zu günstigen Tarifen zur Verfügung stellen sollte. In besonders knappen Monaten liefern die Tankwagen bis zu fünf Millionen Liter täglich.

Millionen Liter gehen durch marode Leitungen verloren

Am ersten Tag der Sperrung zählte die Wasserbehörde 359 Notrufe, in denen Betroffene die kostenfreie Lieferung von Wasser aus Tankwagen bestellten. Die Notrufe würden sicher übers Wochenende zunehmen, sagt Ramón Aguirre von Sacmex. Angesichts der Wassersperre schließen Restaurants, Fitnessstudios und Schönheitssalons, Schulen geben den Kindern Sonderferien. Verbände sprechen von Verlusten von über drei Millionen Euro in den drei Tagen für die Wirtschaft der Stadt.

Aber die Reparaturen sind notwendig, um die Versorgung der Metropole weiterhin zu gewährleisten. Das Versorgungssystem Cutzamala, das über 100 Kilometer von der Stadt entfernt ist, muss gewartet und erweitert werden. Die Anlage aus Flüssen, Stauanlagen, Pumpstationen und Aufbereitungsbecken soll eine zweite Leitung bekommen, über die künftig das Wasser nach Mexiko-Stadt gepumpt werden soll. Aus Cutzamala kommt rund ein Drittel des Wassers, das die Hauptstadtbewohner verbrauchen. Fast zwei Drittel kommen aus Tiefenbrunnen. Mehr als 2000 Pumpen saugen jeden Tag Millionen Liter hervor. Das Ergebnis: Teile der Stadt sacken ab. Lediglich zehn Prozent des Wassers werden aus Oberflächenwasser gefördert. Eine Verteilung, die schon auf mittlere Sicht nicht mehr tragbar ist. Zudem gehen Millionen Liter täglich durch marode Leitungen verloren.

Mexiko-Stadt ist ein gutes Beispiel für die Wasserprobleme schnell wachsender Megacitys: zu viele Menschen, zu niedrige Tarife, lecke Leitungen, kaputte Pumpen, schlechte Qualität des Wassers, fehlendes Bewusstsein für die knappe Ressource und ein Staat, dem kaum nachhaltige Lösungen für das Problem einfallen. Andere Städte in Lateinamerika kennen das Dilemma. Auf dem Kontinent befindet sich zwar ein Drittel der Süßwasserreserven des Planeten, aber zu den Orten mit den größten Wasserproblemen weltweit gehören neben Mexiko-Stadt auch Lima und São Paulo.

Die Verfügbarkeit von sauberem Wasser wird allerdings zunehmend auf dem ganzen Planeten ein Thema. Der südafrikanischen Metropole Kapstadt droht inzwischen die Ressource ganz auszugehen.