Kurz nach dem Unfalltod von Kobe Bryant teilt eine Reporterin der „Washington Post“ einen Bericht über frühere Vergewaltigungsvorwürfe gegen die Basketball-Größe. Die Journalistin steht nun im Shitstorm - und ihr Arbeitgeber trifft eine in der Belegschaft höchst umstrittene Entscheidung.
Stuttgart - Eine Reporterin der „Washington Post“ ist nach einem kritischen Tweet über Kobe Bryant in einen Internet-Shitstorm geraten und dann von ihrem Arbeitgeber beurlaubt worden. Felicia Sonmez bleibe suspendiert, bis die Chefredaktion die Sache geprüft habe, teilte das Blatt am Montag mit. Am Sonntag hatte die Reporterin kurz nach dem Unfalltod Bryants durch einen Helikopterabsturz auf Twitter einen Link zu einem Artikel über Vergewaltigungsvorwürfe gegen die Basketball-Legende gepostet.
Dafür erntete Sonmez angesichts der öffentlichen Trauer über dessen Schicksal massiven Gegenwind in sozialen Medien. Laut der „Post“ bekam die Journalistin Mord- und Vergewaltigungsdrohungen. Sie habe sogar in ein Hotel umziehen müssen, nachdem ihre Privatadresse im Netz veröffentlicht worden sei.
Die Zeitung teilte mit, Sonmez habe den Tweet auf die Bitte eines leitenden Redakteurs hin gelöscht. Zudem erhielt sie nach eigenen Angaben eine E-Mail von Chefredakteur Marty Baron mit folgenden Worten: „Ein echtes Mangel an Urteilsvermögen, das zu twittern. Bitte hören Sie auf. Sie schaden damit dieser Institution.“ Sonmez teilte die E-Mail mit einem Reporter der Nachrichtenagentur AP.
Protest seitens der Gewerkschaft
Am Montagabend (Ortszeit) sagte sie, sie wisse nicht, wie lange sie noch beurlaubt sein werde. Sie stehe aber in engem Kontakt mit der Gewerkschaft der „Washington Post“. Deren Mitglieder legten scharfen Protest gegen Sonmez’ Beurlaubung ein. Sie habe zudem eine Welle von Gewaltbotschaften erhalten, jedoch von der „Post“ nur unzureichende Anleitungen bekommen, wie sie sich schützen könne, beklagten Dutzende Gewerkschaftsmitglieder.
„Wir verstehen, dass es Stunden nach Bryants Tod am Sonntag eine heikle Zeit war, Berichte über frühere Vorwürfe eines sexuellen Übergriffs zu teilen, schrieben sie in einer Erklärung. „Der Verlust einer solch geschätzten Figur, und so vieler Leben, ist eine Tragödie. Aber wir glauben, dass es unsere Verantwortung als Nachrichtenorganisation ist, der Öffentlichkeit die ganze Wahrheit zu sagen, wie sie uns bekannt ist – über Figuren und Institutionen, die populär und unpopulär sind, zur rechten Zeit und zur Unzeit.“
Sonmez’ umstrittener Tweet führte zu einem Link mit einem Bericht der Nachrichtenwebseite „The Daily Beast“ mit dem Titel „Kobe Bryants verstörender Vergewaltigungsfall: Der DNA-Beweis, die Geschichte der Anklägerin und das Halbgeständnis.“ Bryant war 2003 vorgeworfen worden, eine damals 19-jährige Angestellte eines Ferienresorts in Colorado vergewaltigt zu haben. Der Basketballstar erklärte, er habe mit der jungen Frau einvernehmlichen Sex gehabt. Die Staatsanwaltschaft ließ den Vorwurf später auf Wunsch der Anklägerin fallen. Die Frau reichte indes eine Zivilklage gegen Bryant ein, die außergerichtlich geklärt wurde.