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Unabhängig von der Klagedrohung der Anwohner will die Stadt beim Frühlingsfest Lärm messen.

Stuttgart - Die Anwohner in Bad Cannstatt haben genug vom Wasenrummel. Sie drohen mit einer Klage, falls die Stadt den Krach von Frühlings- und Volksfest nicht begrenzt. Die Musik könnte tatsächlich bald heruntergedreht werden: Derzeit wird mit den Schaustellern über den Einbau von Lärmbegrenzern verhandelt.

Nein, Wasenmuffel sind sie nicht, die Mitglieder der Bürgerinitiative am Veielbrunnen. Doch Parksuchverkehr im Wohngebiet und speziell die lautstarke Beschallung zerren an den Nerven. „Es gibt einen eindeutigen Trend, möglichst viele Veranstaltungen auf dem Wasen zu machen, die gleichzeitig immer lauter werden“, sagen die Sprecherinnen Regine Herdecker, Andrea Knieß und Carola Freimann.

Wie berichtet haben Mitglieder der Initiative Rechtsanwalt Roland Kugler mit der Wahrung ihrer Interessen beauftragt. In einem Brief an das Referat für Recht, Sicherheit und Ordnung fordert er die Stadt auf, bereits beim nächsten Frühlingsfest „für die Einhaltung der Lärmgrenzwerte zu sorgen“. Zudem müsse die Stadt eine verbindliche Erklärung darüber abgeben, dies zu überwachen und unverzüglich einzuschreiten, wenn sich Schausteller nicht daran halten.

Beim Volksfest wurde bereits gemessen

Nun ist es nicht so, dass man im Rathaus untätig gewesen ist, seit das Thema bei der Veranstaltung „Mittendrin“ im Neckarpark unserer Zeitung erstmals öffentlich diskutiert worden ist. „Das Schreiben greift etwas auf, an dem wir ohnehin schon dran sind“, sagt Ordnungsbürgermeister Martin Schairer. Sein Referat erteilt der städtischen Veranstaltungstochter in.Stuttgart die Gesamtgenehmigung für Veranstaltungen auf dem Wasen. Darin enthalten sind etwa Baurecht und Brandschutz.

Nachdem die Stadt beim Volksfest bereits die Lautstärke gemessen habe, beim Frühlingsfest aber noch nicht, wolle man jetzt noch mal auf die in.Stuttgart zugehen, so Schairer. „Wir wollen eine bindende Vereinbarung zum Lärmschutz erreichen“, sagt der Ordnungsbürgermeister. Dabei müsse man die aktuelle Rechtslage im Auge haben, aber auch einen Beschluss des Ausschusses für Umwelt und Technik im Gemeinderat.

Frühlingsfest ist eine Nummer kleiner als das Volksfest

Der hat unlängst beschlossen, dass auf dem Wasen künftig Lärmgrenzen gelten sollen wie beim Münchner Oktoberfest. Das bedeutet, dass in den Festzelten 90 Dezibel nicht überschritten werden sollen. Im Almhüttendorf nahe bei den Lautsprechern sollen 85 Dezibel die erlaubte Höchstgrenze sein, auf den Straßen zwischen den Zelten und Fahrgeschäften 80 Dezibel.

Das wäre im Vergleich zu bisher ein deutlicher Fortschritt. Bisweilen sind in den Festzelten 110 Dezibel gemessen worden – ein Wert wie neben einem Flugzeug. Jeweils zehn Dezibel mehr gelten als Verdoppelung der Belastung. Bei der Diskussion um neue Wohngebiete auf dem Areal des ehemaligen Güterbahnhofs gleich neben dem Wasen hat die Stadt bekräftigt, nächtlichen Lärm dort auf 30 Dezibel beschränken zu wollen. Ob künftig 450 oder doch nur hundert Wohnungen entstehen sollen, ist nach wie vor offen.

Bei der in.Stuttgart hat man sehr konkrete Vorstellungen, wie man beim Frühlingsfest vorgehen will, das in zwei Wochen beginnt. „Wir behandeln das Thema intensiv und planen Lärmmessungen nicht nur auf dem Festplatz, sondern auch im Wohngebiet, um zu sehen, was dort ankommt“, sagt Sprecher Jörg Klopfer. Bisher sei man in die Messungen der Stadt beim vergangenen Volksfest nicht eingebunden gewesen. Stattdessen habe man nur danach die Werte mitgeteilt bekommen. Auch Klopfer räumt ein: „Die Feste sind in den vergangenen Jahren lauter geworden. Es gibt den Trend zur Partymusik.“

Mit den Schaustellern im Gespräch

Klopfer warnt indes davor, die Werte vom Frühlingsfest automatisch aufs Volksfest zu übertragen. „Im Frühjahr ist alles eine Nummer kleiner“, sagt er. Das gilt sowohl für das Fest insgesamt als auch für die Zahl und Ausmaße der Festzelte. Gleichwohl könne man dort wichtige Erkenntnisse sammeln.

Mit den Schaustellern befindet sich die in.Stuttgart in Gesprächen. „Da muss bei manchen ein Umdenken stattfinden“, fordert Klopfer. Überlegt wird derzeit, sich künftig nicht nur auf Lärmmessungen zu beschränken, sondern ähnlich wie in München in den Genehmigungen für die Schausteller Lärmbegrenzer vorzuschreiben, die den Krach automatisch herunterregeln, wenn er eine kritische Schwelle erreicht. Über die eingebaute Lärmbremse dürfte aber noch heftig diskutiert werden.

Schairer hofft, dass man auf diesem Weg zu einer Entlastung für die Anwohner kommt, mit der auch die Wirte und Festbesucher leben können. Die von Anwalt Kugler geforderte verbindliche Erklärung ist für ihn deshalb nicht das Maß der Dinge: „Die braucht es dann vielleicht gar nicht mehr.“