Das einstige Oberamt Böblingen befand sich in dem Gebäude neben der Stadtkirche am oberen Ende des Marktplatzes. Foto: Kreisarchiv

Der Landkreis Böblingen
feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Welche politischen Strukturen existierten aber eigentlich vor den Landkreisen? Das Kreisarchiv gibt Antworten.

Bereits 1938 ist der Landkreis Böblingen als Verwaltungseinheit eingeführt worden, damit waren die Oberämter Geschichte. In seiner heutigen Form entstand der Landkreis 1973 im Zuge der Verwaltungsreform. Deshalb wird derzeit das 50-jährige Bestehen gefeiert. Damals wurde unter großen Protesten der Landkreis Leonberg aufgelöst und zum Teil dem Kreis Böblingen zugeschlagen. Gleichzeitig gingen Leinfelden und Musberg an den Landkreis Esslingen. Welche Strukturen aber gab es eigentlich vor den Landkreisen?

Die Geschichte der Landkreis-Vorläufer geht im Württembergischen zurück ins späte Mittelalter. Bereits im 13./14. Jahrhundert war die damalige Grafschaft Württemberg in Ämter gegliedert. Diesen standen Vögte vor. Sie vertraten zwar herrschaftliche Interessen, verwalteten aber selbstständig den Amtsbezirk. Sie sprachen Gericht, bestimmten die Instandsetzung von Straßen oder das Feuerlöschwesen. Die Gemeinden entsandten Vertreter in die Amtsversammlung, mussten dem Amt aber auch Abgaben zahlen – eine frühe Form der Kreisumlage.

Amtsstädte Böblingen, Herrenberg und Leonberg

Auf dem Gebiet des heutigen Landkreises Böblingens liegen die ehemaligen drei Amtsstädte Böblingen, Herrenberg und Leonberg. Leonberg war neben Stuttgart 1457 Austragungsort des ersten württembergischen Landtags. Die Amtsstädte und ihre Amtsbezirke schickten Gesandte, die dort ihre Interessen vertreten sollten. Sie tagten in unregelmäßigen Abständen bis zur Erhebung Württembergs zum Königreich. So konnte die „Landschaft“ Einfluss auf die Politik in Württemberg nehmen, das 1495 zum Herzogtum erhoben wurde.

1759 wurden die Ämter zu Oberämtern aufgewertet. Infolge der napoleonischen Neuordnung der herrschaftlichen Verhältnisse und Gebiete Europas, der Gebietszugewinne und der Erhebung Württembergs zum Königreich erhielten die Amtsbezirke einen veränderten Zuschnitt. Zum Gebiet, das von den drei Vorgängerbehörden des heutigen Landkreises Böblingen verwaltet wurde, kamen unter anderem die zuvor reichsunmittelbare Stadt Weil der Stadt, die frühere Ordenskommende der Johanniter Dätzingen, ehemals vorderösterreichisches Territorium sowie Gemeinden anderer Oberämter. Die Gemeinden, die ehemals zu Vorderösterreich gehörten, gingen mit der Kreisneueinteilung 1938 an den Kreis Tübingen. Mit der Erhebung Württembergs zum Königreich 1806 verloren die Oberämter die Finanzgeschäfte an die Kameralämter.

Ab 1928 wurde der Oberamtmann Landrat genannt

Die 1906 erlassene Bezirksordnung gewährte mehr Mitbestimmungsrechte: Drei von sechs Mitglieder des damals eingeführten Bezirksrats sollten Laien sein, die kein anderes Amt in einer Gemeinde bekleideten. Daneben gab es weiterhin die Amtsversammlung, der Bürgermeister und Gemeinderäte angehörten. In der Zeit der Weimarer Republik bewältigten die Oberämter die Fürsorge für die Kriegsversehrten, Kriegswitwen und -waisen und für die von Arbeitslosigkeit Betroffenen. Jugendämter wurden eingerichtet. Ab 1928 wurde der Oberamtmann Landrat genannt.

Einen tief greifenden Einschnitt erlebten die Oberämter, die ab 1934 Kreise genannt wurden, in der Zeit der NS-Diktatur von 1933 bis 1945. Den Kreisen wurde die Selbstverwaltung genommen. Zudem wurde 1938 die Karte der Kreise neu gezeichnet. Damals verlor der Kreis Herrenberg seine Eigenständigkeit; der größte Teil wurde in den Kreis Böblingen eingegliedert. Ebenfalls 1938 wurde der Kreis Stuttgart-Amt aufgelöst. Aus diesem wurden dem Kreis Böblingen die Stadt Waldenbuch sowie die Gemeinden Leinfelden, Musberg und Steinenbronn zugeordnet. Bis 1942 kamen sogar die Gemeinden Möhringen und Vaihingen (mit Rohr) zum Kreis. Die Gemeinde Schafhausen musste an den Kreis Leonberg abgetreten werden. Dieser hatte die Gemeinde Weissach vom Kreis Vaihingen erhalten.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden demokratische Strukturen durch die amerikanische Besatzungsmacht wiedereingeführt. Zu den größten Herausforderungen des Landkreises gehörte damals die Behebung der Wohnungsnot. Schon in den 50er Jahren war eine Kreisneueinteilung Thema, doch zu einer weiteren Planung und ihrer Umsetzung kam es zunächst noch nicht.

Zum Landkreis-Jubiläum haben Kreisarchivarin Debora Fabriz und Landkreis-Pressesprecherin Simone Hotz einige historische Artikel verfasst. Wir veröffentlichen sie in Auszügen.