Der Gewerkschaftsführer hat sich nun klar geäußert, wie es weitergeht im Dezember. (Archivbild) Foto: dpa/Soeren Stache

Nachdem die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Deutschen Bahn vorerst gescheitert sind, geht der Streik in eine neue Runde. Währenddessen wechseln Kunden zur privaten Konkurrenz.

Klare Worte benutzt der Chef der Lokführergewerkschaf GDL, Claus Weselsky in einer Pressemeldung der dpa, ob im Dezember weitere Streiks bei der Deutschen Bahn (DB) drohen. Die GDL habe noch nie über Weihnachten gestreikt und werde das auch dieses Jahr nicht machen, betonte Weselsky in einem Interview mit „The Pioneer“.

„Ich lasse mir nur nicht von Herrn (DB-Personalvorstand Martin) Seiler vorschreiben, von wann der Weihnachtsfrieden beginnt und bis wann er zu laufen hat. Das ist nicht sein Metier, sondern das entscheiden wir“, erklärte Weselsky.

XXL-ICE – Die DB bereitet sich auf ein mögliches Streikszenario vor

Die DB hatte sich im Rahmen der aktuellen Tarifverhandlungen für einen so genannten „Weihnachtsfrieden“ eingesetzt. Das bedeutet: Im Idealfall streikt die GDL während der nun anstehenden Advents- und Weihnachtszeit nicht. Mit der jetzigen deutlichen Aussage von Weselsky ist allerdings klar: Bahnkunden müssen sich auch im Dezember auf weitere Bahnstreiks einstellen.

Die DB treffe bereits dementsprechende Vorkehrungen, so ein Bahnsprecher gegenüber unserer Zeitung: „Die DB bereitet sich – ähnlich wie bei Großstörungen, etwa Stürmen, – auf unterschiedliche Szenarien eines Streiks vor. Wie auch bei früheren Streiks der GDL hat die DB einen Notfahrplan mit einem stark reduzierten Angebot an Fahrten erarbeitet, der - wenn möglich – zum Einsatz kommen wird.“

Im Fernverkehr seien dies allerdings weniger als 20 Prozent des Regelangebots. Die DB setze dabei jedoch möglichst lange Züge mit mehr Sitzplätzen ein, um mehr Menschen an ihr Ziel bringen zu können. Das sei zu Beispiel ein 13-teiliger, 376 Meter langer XXL-ICE mit 918 Sitzplätzen. Damit möchte die DB auf stark nachgefragten Verbindungen fahren, etwa von Hamburg über Köln, Frankfurt und Stuttgart nach München.

Ziel der DB sei es, auch, nach Streikankündigung die Kunden so schnell und zuverlässig wie möglich über die erwarteten Auswirkungen auf den Bahnbetrieb zu informieren. Oberste Priorität seien zuverlässige Informationen und – wenn ein Zugbetrieb möglich ist – ein stark reduzierter Notfahrplan für die Fahrgäste. „Ein anderer wichtiger Aspekt ist, dass wir unseren Reisenden im Fernverkehr nach der Ankündigung und nach Möglichkeit noch vor Beginn eines Streiks die Möglichkeit geben möchten, flexibel zu reisen. So sollen die Züge nach dem Streikende entlastet werden. Details zu den Kulanzregeln werden wir dann so früh wie möglich kommunizieren“, erklärte der Bahnsprecher weiter.

Auch die GDL betont gegenüber unserer Zeitung, dass sie die Bahnkunden frühzeitig über Streiks informieren werde: „Wir werden, auch nach der erwartungsgemäßen positiven Urabstimmung (Anm. d. Red.: über unbefristete Streiks), pflichtbewusst das Mittel des Arbeitskampfes einsetzen.“ Der Umfang dieser Arbeitskampfmaßnahmen sei aktuell in Planung. „Selbstverständlich werden wir dabei stets die Verhältnismäßigkeit im Blick haben und Beginn, Dauer und Ende werden wir wie immer rechtzeitig der Öffentlichkeit bekannt geben.“

Bislang haben die Streiks laut dem ADAC nicht zu Staus auf den Straßen geführt

Welche Auswirkungen könnten die Arbeitskämpfe im Weihnachtsmonat auf Deutschlands Straßen haben, falls die Bahn nicht fahren sollte? Der ADAC gibt diesbezüglich erst einmal Entwarnung. Sprecherin Katharina Luca erklärte gegenüber unserer Zeitung, dass die Bahnstreiks bislang nicht zu mehr Staus auf den Straßen wegen eines erhöhten Pendlerverkehrs geführt hätten. „Das rührt sicher auch daher, dass sich viele Leute darauf vorbereiten und etwa im home office arbeiten können.“

Um Weihnachten herum könne es anders ausschauen. In diesem Jahr habe man den Freitag und Samstag als Anreisetag. Da könne es dann voller auf Deutschlands Straßen werden, noch dazu, wenn die GDL diese Tage zu Streiktagen erklären würde. Aber der Verkehr verteile ich in dieser Zeit weitaus besser auf Deutschlands Straßen, als in den Ferien, wenn viele auf den klassischen Routen an die Küsten im Norden oder nach Südeuropa fahren. Der 24. Dezember ist laut dem ADAC übrigens der stauärmste Tag im Jahr. „Mit einem Verkehrskollaps ist daher erst einmal nicht zu rechnen“, so Luca.

Streik hat positive Auswirkungen auf die Konkurrenz der DB

Nicht nur auf das Auto, auch auf andere Bahn-Anbieter steigen manche Kunden um. So spürt der aktuell größte Konkurrent der DB, Flixtrain, bei Bahnstreiks der DB laut Isabella Domke, Sprecherin von Flixtrain/Flixbus, eine erhöhte Nachfrage von Kunden.

Wie es der Zufall will, will Flixbus an Weihnachten und den Feiertagen 60 Prozent mehr deutschlandweite Busfahrten anbieten. Mit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember soll sich auch auf den Schienen das Fahrtenangebot um 25 Prozent erhöhen.

Bahnstreik

Worum es geht
In den Tarifverhandlungen fordert die GDL unter anderem eine geringere Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 35 statt 38 Stunden. Im „The Pioneer“-Interview betonte Weselsky, dass er bei der Frage verhandlungsbereit sei: „Jeder Praktiker, der im Tarifgeschäft steht und der im Eisenbahnsystem groß geworden ist, weiß, dass diese Absenkung niemals auf einmal erfolgen kann, sondern zeitversetzt in Schritten“, sagte der 64-Jährige. Es werde gestreikt, weil die Bahn jegliche Verhandlungen zu diesem und anderen Punkte ablehne. DB-Personalvorstand Martin Seiler erklärte dazu: „Das ist absolut nicht darstellbar. Wir müssten 10 Prozent mehr Mitarbeitende einstellen, um die Lücken zu schließen, das ist beim aktuellen Arbeitsmarkt einfach weltfremd.“