Die Wagenhallen-Künstler wollen in Container umziehen, so lange die Halle saniert wird Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Künstler in den Wagenhallen in Stuttgart warten nicht – sie sind längst selbst aktiv geworden, suchen Lösungen für die Übergangszeit, in der ihre Ateliers saniert werden sollen. Ein Zirkel aus Wohn- und Arbeitscontainern und Kunstwerken soll auf dem Platz vor den Hallen entstehen. So viel noch in der Schwebe ist, am alten Nordbahnhof, so viel tut sich dort.

Stuttgart - Ein Container soll Ausstellungs- und Präsentationsraum der vorläufigen Zukunft der Ateliers in den Wagenhallen werden: „Temporary Artist Utopian Tool“ nennen die Künstler ihn, kurz: „Taunt“. Ihre Vision hat Platz auf einer Tischplatte in seinem Innern: ein Modell, ein Kreis aus Containern und Gebilden, die selbst schon Kunst sind.

Robin Bischoff, der zum Vorstand des Kunstvereins Wagenhalle gehört und seine Zukunftsgruppe leitet, führt Stadträte der SPD und der Piraten gemeinsam mit Peter Weigand, einem der Architekten der Wagenhallen, übers Gelände und hinein, in einen soeben erst aufgestellten Container, in dem die Zukunftsvision der Künstler aufgebaut ist.

Einige der Glieder dieses Kreises stehen bereits in Lebensgröße vor den Wagenhallen, andere werden noch gebaut, sind noch Idee. „Wir freuen wir uns natürlich grundsätzlich darüber, die Unterstützung der Stadt zu erhalten“, sagt Robin Bischoff, „aber wir wollen dabei auch nicht einfach abwarten. Wir planen schon unser Ausweichquartier.“

Ein Zirkel aus Wohn- und Arbeitscontainern und Kunstwerken soll auf dem Platz vor den Hallen entstehen – ein Skulpturenpark, in dem sich Arbeitspraxis und Kunstwille begegnen. Eine Sauna haben sich die Künstler bereits gebaut, eine Küche auch – sie war schon erfolgreich im Einsatz, fern der Wagenhallen. Zuletzt soll eine Konstruktion den Zirkel überdecken, die einzelnen Module sollen bei Bedarf aus ihm abziehbar sein.

Peter Weigand hat gemeinsam mit Lukasz Lendzinski, einem weiteren Architekten aus den Wagenhallen, für diesen „Container Loft“ ein Konzept permanenter Umschichtung entwickelt, bei dem immer wieder neue Gebrauchtmaterialien zum Einsatz kommen – architektonisch, bautechnisch soll alles im Fluss bleiben. Bei derart praktischen und mittelfristig notwendigen Überlegungen bleiben die Künstler jedoch nicht stehen.

Sie denken bereits nach über die Integration der Wagenhallen in das Stadtquartier der Zukunft. Sie sehen die künftigen Wagenhallen als einen „Transfor-Motor“, einen „Inkubator“ für die Entwicklung des neuen Stadtviertels, einen vielfältig nutzbaren Ort der Arbeit und Begegnung.

Als einzigartig gelten ihnen die Wagenhallen, im Zusammenspiel mit dem Veranstaltungsort, nicht ihrer Architektur, ihrer historischen Bedeutung, ihrer Atmosphäre wegen – was sie in den Augen der Künstler auszeichnet, ist ihre Struktur: „Das Beste an diesem Ort“, sagt Peter Weigand, „ist nicht die Halle, sondern die Nutzerdurchmischung, die vielen Professionen, die hier zusammenarbeiten.“ Und das, sagt er, solle auch so bleiben: „Wir können dem Quartier sehr viel mehr geben als nur Lärm.“

Die Zukunft der Wagenhallen steht dabei jedoch weiterhin in den Sternen. Die Phase, in der sie ausgebaut, ihr Brandschutz verbessert werden sollen, während der alle Künstler ihre Ateliers verlassen müssen, wird 18 Monate dauern – laut Planung. Und selbst wenn diese Frist eingehalten werden kann, werden sich für viele der Künstler am Nordbahnhof, die große Ateliers und Lagerflächen in den Wagenhallen nutzen, Probleme ergeben, die ein Containerdorf vor der Tür kaum lösen wird. Aber sie sehen dieser Herausforderung positiv entgegen.

Einstweilen bekommt am Samstagnachmittag ein Teil der künftigen Containerateliers, ein UO – „Undefinied Objekt“ –, seine Biertaufe. Und, so wie das auch bei großen Schiffstaufen manchmal ist: Die Flasche platzt nicht gleich beim ersten Mal. Dann aber läuft der Schaum am Containerbug herab. Eine fantastische, überlebensgroße Lichtgestalt, ein Dundu, entwickelt und verwirklicht in den Wagenhallen, tanzt einige Meter weiter zu den Klängen einer Kora, einer großen afrikanischen Harfe. Und die Sonne scheint.