Klaus Dörner sprach über Alternativen zum Pflegeheim. Foto: Mara Veigel

Klaus Dörner, Mediziner, Psychiater und Soziologe, stellte in der Filharmonie Bernhausen Konzepte vor, die Pflegeheime überflüssig machen können. Dabei präferierte der fast 80-jährige Referent das Modell der Mehrgenerationenhäuser.

Bernhausen - Am nächsten Freitag wird Klaus Dörner 80 Jahre alt werden. Doch von Altersschwäche bisher keine Spur: In den vergangenen 15 Jahren hat er insgesamt 2000 Reisen in Deutschland angetreten, um den Bürgern einige Konzepte der Nachbarschaftshilfe näher zu bringen. Am Donnerstagabend sprach er zwei Stunden lang im Regenbogensaal der Filharmonie in Filderstadt. Oberbürgermeisterin Gabriele Dönig-Poppensieker zeigte sich erfreut über die Teilnehmerzahl. Etwa 35 Menschen waren gekommen, um sich über Bürgerhilfe zu informieren. Darunter auch Ursula und Peter Friederich, ein älteres Ehepaar aus der Region. „Vielleicht wird es hier in der Umgebung auch ein Projekt geben, damit wir nicht ins Heim müssen“, erhoffen sie sich für die Zukunft. Gabriele Dönig-Poppensieker sieht diese Veranstaltung vor allem als eine Anregung für die Bürger. Durch die Mithilfe der Nachbarn könnten Pflegesituationen in Familien stark erleichtert werden, sagte die Oberbürgermeisterin.

Referent will Menschen motivieren

Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner ist Mediziner und Psychiater in Rente. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, andere Menschen zur Bürgerhilfe zu motivieren: „Der Mensch muss sich auch ein Stück für andere verausgaben, um gesund zu sein.“

Die Menschen werden immer älter und die Hilfsbedürftigkeit der Senioren steigt. Doch der Mangel an Pflegepersonal ist groß. 70 Prozent der im Alter pflegebedürftigen Menschen in Deutschland würden von ihren Familien gepflegt, führte Klaus Dörner aus. „Die Menschen wollen nicht mehr ins Heim gehen. Da liegt es doch nahe, dass auch der Nachbar bei der Pflege gefragt ist.“

Wie könnte eine solche Nachbarschaftshilfe in der Praxis aussehen? Dörner stellte in seinem Vortrag einige solcher Modelle vor: Viele Senioren sind körperlich und geistig noch lange Jahre nach dem Renteneintritt fit. Menschen in diesem dritten Lebensabschnitt, zwischen 65 und 80 Jahren, könnten ältere Menschen im folgenden Lebensabschnitt unterstützen, damit diese weiter in ihren Wohnungen leben können. Das Konzept funktioniere vor allem in Kombination mit professioneller Pflegehilfe, so Dörner.

Mehrgenerationenhäuser gefragt

Ein weiterer Vorschlag sei die Errichtung ambulanter Wohngruppen in bisher ungenutzten Räumen einer Gemeinde. So kann, laut Dörner, pflegebedürftigen Menschen eine dauerhafte Heimbetreuung erspart bleiben. Bewährte Konzepte seien außerdem generationsübergreifende Projekte: Menschen unterschiedlichen Alters können in einem Haus gemeinsam leben und sich gegenseitig helfen. Dadurch entstehe eine Art große Familie und eine ganz neue Form des sozialen Miteinanders. Zuletzt stellte Klaus Dörner das Bielefelder Modell vor. Dort wird Nachbarschaftshilfe in Kooperation mit den Wohnungsbaugenossenschaften betrieben. Es werden Wohnquartiere gebaut mit Treff- und Servicepunkten, damit für die Pflegebedürftigen spürbare Unterstützung im Alltag gegeben ist.

Alle Modelle zeigen, dass persönliches Engagement und professionelle Pflege Hand in Hand gehen müssen. Dörner folgerte: „Der ,Bürger-Profi-Mix’ ist der Schlüssel für ein funktionierendes Miteinander in der Zukunft.“