Mäuse werden im Land zu Tausenden für Versuche eingesetzt und getötet Foto: AP

Entgegen dem Bundestrend sind Tierversuche in Baden-Württemberg rückläufig. Natur- und Verbraucherschutzminister Alexander Bonde (Grüne) begrüßt das ausdrücklich. Verbote kann per Gesetz aber nur der Bund verhängen.

Stuttgart - Kaninchen, Schafe, Schweine, Affen und Ratten: Sie alle müssen in Baden-Württemberg für Tierversuche herhalten. 466 000 Tiere wurden im Jahr 2013 zu diesem Zweck eingesetzt oder getötet. Der Großteil unter ihnen waren mit 60 Prozent Mäuse. „Natürlich gibt es zu Tierversuchen eine ganze Reihe von Alternativen“, sagte Bonde am Freitag. Tierversuche seien obsolet, andere Methoden lieferten ebenso „valide Ergebnisse“. Das Land fördert deshalb die Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch mit jährlich 400 000 Euro und lobt jedes Jahr einen Forschungspreis über 25 000 Euro für herausragende Arbeiten zur Entwicklung von Alternativen zum Tierversuch aus.

Erste Erfolge zeichnen sich ab: Gegenüber 2011 sank die Zahl der Tierversuche im Land im Folgejahr um sechs Prozent (rund 40 000 Tiere), 2013 noch einmal um neun Prozent. Für 2014 liegen noch keine abschließenden Zahlen vor, der Trend werde aber fortgesetzt, so die Landesbeauftragte für Tierschutz, Cornelie Jäger. Ihr bescheinigte Bonde am Freitag seit ihrem Amtsantritt vor dreieinhalb Jahren „eine beeindruckende Bilanz“.

Eine solche unabhängige rein beratende Stabsstelle gibt es vergleichbar nur noch in Hessen. Jäger ist Anlaufstelle für praktisch alle Fragen rund um den Tierschutz. Sie nimmt Anrufe von Bürgern entgegen, die auf Missstände bei der Tierhaltung in der Nachbarschaft aufmerksam machen. Sie berät Landwirte, wie sie an Fördermittel kommen. Sie hält Vorträge, erarbeitet Stellungnahmen und vergibt externe Gutachten von der Schwanenfütterung bis hin zum Animalhording. Ihre Stabsstelle vermittelt aber auch selbst Tiere, bietet Zugang zu einer Fachbibliothek und hat eine Sammlung tierschutzrelevanter Urteile zusammengestellt. Lehrer können inzwischen auf zwei Unterrichtseinheiten zurückgreifen, die von Pädagogen entwickelt wurden.

„Es gab auch echte Katastrophen“

„Tierschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Für die grün-rote Landesregierung ist er ein wichtiger politischer Schwerpunkt“, betonte Bonde am Freitag. Viele Ehrenamtliche und Vereine leisteten einen wichtigen Beitrag. Die grün-rote Landesregierung habe die Sanierung und den Neubau von bisher 46 Tierheimen mit jährlich rund einer halben Million Euro gefördert. Geht es den Tieren im Land heute besser als früher? Das will Cornelie Jäger nicht pauschal beantworten. Auf jeden Fall seien die Kenntnisse übers Tierwohl deutlich größer. Aber: Manchem Landwirt laufe der Betrieb auch heute noch aus dem Ruder: „Es gab auch echte Katastrophen.“ Und leider seien die Verbraucher zwar eigentlich sehr aufs Tierwohl bedacht, beim Einkauf aber inkonsequent. Das liegt laut Jäger auch an der „unmoralischen Preisgestaltung“ im Lebensmitteleinzelhandel – etwa bei Milch und Eiern.

Die Landesregierung setzt sich deshalb für eine leicht verständliche Kennzeichnung von Frischfleisch ein – wie bei Eiern. Dort stehen die Ziffern 0 bis 3 für Öko-, Freiland-, Boden- und Käfighaltung. Bonde hat die Idee bereits in der Agrarministerkonferenz eingebracht und verfolgt sie bis in die EU. Eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz Baden-Württembergs prüft die Umsetzbarkeit.

Landwirte, die sich dem Tierwohl verschrieben haben, unterstützt die Landesregierung durch Zuschüsse. Das ist etwa der Fall, wenn es bei Mastschweinen eingestreute Liegeflächen und Beschäftigungsmöglichkeiten gibt. Die Nachfrage nach regionalen Produkten sei groß, sagt Bonde. „Die Landesregierung setzt klar auf kleine und mittlere familiengeführte Betriebe.“

Wer massenweise Tiere hortet, ist krank

Wenig Möglichkeiten hat die Behörde bei der Heimtierhaltung. Animalhording – die massenhafte Haltung von Tieren auf engstem Raum – bleibe ein Problem, sagt Cornelie Jäger und geht von zwei bis drei Fällen pro Landkreis aus. Sie hofft, dass solche Fälle angezeigt werden: „Das hilft nicht nur den Tieren, sondern auch den Haltern, die häufig sozialpsychisch belastet sind.“ Betroffen sind vor allem Katzen, aber auch Pferde, Papageien und Greifvögel. Jäger, selbst Hundehalterin, und Bonde, Besitzer von zwei Katzen, sehen auch die Schwierigkeiten der rund 80 Tierheime im Land: Bei den Hunden sei die Situation etwa stabil, die große Zahl der Katzen sei „ein chronisches Problem“. Bei Exoten gebe es einen „wachsenden Andrang“. Reptilien sind im Internet und auf Börsen leicht und oft billig zu beschaffen.