Ein Blick auf die Filmkulisse Berliner Straße. Wie wandelbar ... Foto: Filmstudio Babelsberg

Quentin Tarantino hat dort "Inglourious Basterds" gedreht, Roman Polanski "Der Pianist", doch jetzt ist Schluss. Nach 15 Jahren wird die Kulisse Berliner Straße abgerissen.

Paris, London, New York oder Berlin zu Zeiten der DDR. All diese Orte wurden in der Filmkulisse Berliner Straße nachgebaut und so Teil vieler Hollywood-Filme. Nach 15 Jahren wird die Kulisse abgerissen.

Berlin - Quentin Tarantino sprengte Häuser in die Luft, Leander Haußmann ließ die DDR wiederauferstehen, halb Hollywood gab sich hier die Klinke in die Hand. Doch der Glanz von Hollywood ist nun Baggern, Containern und einem Haufen Schutt und Müll gewichen. Denn die Filmkulisse Berliner Straße wird abgerissen. Auf dem Gelände direkt neben den Filmstudios Babelsberg sollen künftig Wohnhäuser entstehen. „Das Gelände war nur für 15 Jahre gepachtet. Es war klar, dass wir Abschied nehmen müssen“, sagt Eike Wolf, Unternehmenssprecher der Studios Babelsberg. Bis Weihnachten soll nichts mehr zu sehen sein, von dem Ort, der in vielen bekannten Hollywoodfilmen auftaucht und dabei immer anders aussieht. So wurden die drei Straßen mit den 28 Fassaden für Roman Polanskis „Der Pianist“ mit Adrien Brody zum Warschauer Ghetto umgebaut.

Gebaut wurde die Berliner Straße aus der Not heraus. Als Regisseur Leander Haußmann 1998 für seinen DDR-Film „Sonnenallee“ einen Straßenzug im Prenzlauer Berg aus den 70er Jahren suchte, wurde er nicht fündig. Alles war bereits saniert. Ein Zufall wollte es, dass man in den Studios Babelsberg eine dauerhafte Kulisse bauen wollte, um internationale Kundschaft anzulocken. So erhielt Haußmann seine Kulisse. Ihre Wandelbarkeit bekam die Berliner Straße durch die großen Holzplatten, die an Stahlträger angehängt waren. Je nach Szenenort wurde mit Farbe, mineralischem Putz, Holz und Styropor etwa das Paris der 30er Jahre oder eine Straße in San Francisco nachgebaut.

Dabei hatten die 40 festangestellten Handwerker, die bei jedem Filmprojekt noch von freien Mitarbeitern unterstützt werden, nie vorgehabt, eine Pariser Straße komplett nachzubauen. „Man integriert nur etwas Typisches. Zum Beispiel die Fensterläden, die man aus Frankreich kennt“, sagt Robert Krüger, Leiter Bereich Oberflächen. Für das Auge müsse etwas Wiedererkennbares dabei sein, etwas, woran es sich festhalten könne. „Über die Patina, die Gestaltung der Kulisse erzählt man auch die Geschichte“, sagt Krüger, der seit 1986 in Babelsberg arbeitet. Von außen sei die Berliner Straße unspektakulär gewesen, aber wenn man sie betreten habe, sei man in eine andere Welt eingetaucht.

Quentin Tarantino sprengte Teile der Kulisse in die Luft

Vielleicht hat genau diese Wandelbarkeit den amerikanischen Regisseur Quentin Tarantino nach Babelsberg gebracht. 2008 drehte er in der Berliner Straße Teile des Films „Inglourious Basterds“. „Tarantino ist ein Perfektionist“, sagt Krüger. Damit die Beteiligten verstehen, was sich der Regisseur und Drehbuchautor Tarantino für seinen Film vorstellte, hat er alle in einen Bus gesetzt und ist mit ihnen die Drehorte abgefahren. Dort hat er dann selbst vorgespielt, wie die Szene im Film aussehen soll. „Im Kino habe ich bei vielen Szenen dann Tarantino und nicht die Schauspieler vor mir gesehen“, sagt Krüger. Neben dem Hang zum Perfektionismus übertreibe Tarantino auch gerne mal. Das Kino, welches im Film in die Luft fliegt, wurde auch im echten Leben gesprengt. In der Berliner Straße in Babelsberg in einer Nacht von Samstag auf Sonntag. Vorher hatte man überall Zettel in Deutsch und Englisch aufgehängt, dass Handys die Explosion vorzeitig auslösen könnten. „Ich hatte zwei Stück in der Tasche und bin dann ganz schnell gegangen, weil ich Angst hatte, dass alles in die Luft fliegt“, sagt Krüger.

Die Zusammenarbeit zwischen den internationalen Stars und den Kulissenbauern in Babelsberg funktioniert gut. „Sie schätzen uns als verlässlichen Partner, auch weil sie wissen, dass wir gut sind“, sagt Krüger. Neben dem profunden Wissen, welches sich die Mitarbeiter über Jahre und über Filmproduktionen hinweg erarbeitet haben, bot die Berliner Straße weitere Vorteile. Auf dem Gelände konnte man drehen, was man wollte: Schießereien und Explosionen. „Man hatte einfach die Kontrolle, und das schätzen die Amerikaner“, sagt Studio-Sprecher Wolf. Für die Drehs mussten keine Anwohner informiert oder Straßen gesperrt werden. Auch wurden keine Genehmigungen von Behörden gebraucht. Dies alles sparte Zeit und Geld und sei auch ein Grund gewesen, warum die Studios Babelsberg eine neue Kulisse errichtete. Trotz der Möglichkeiten, die die Computer-Technik heute bietet. „Es macht einen Unterschied, ob Schauspieler in einer Kulisse spielen oder vor einer Wand stehen, auf die der Hintergrund mit dem PC eingespielt wird“, sagt Wolf.

Die neue Kulisse biete außerdem die Chance, vieles besser zu machen. Mehr Stromanschlüsse etwa oder die Möglichkeit, auf digitale Aufnahmen umschalten zu können. Die neue Berliner Straße soll ganz in der Nähe der Filmstudios entstehen, damit wie bisher schnell zwischen Innen- und Außenaufnahmen gewechselt werden kann. Und viele Teile der alten Berliner Straße wie Fenster, Türen und die Pflastersteine sollen dort wiederverwertet werden. So will man anknüpfen an die alte Berliner Straße und den Glanz Hollywoods.