Umsonst gestreckt: Micheli Tomazela Pissinato (M, hinten) verliert mit dem MTV gegen Schwerin Foto: dpa

Was für eine bittere Niederlage: Statt im Supercup in Hannover den ersten Titel der Saison zu holen, bekamen Stuttgarts Volleyballerinnen deutlich aufgezeigt, dass sie noch viel Arbeit vor sich haben.

Hannover - „Geht raus und habt Spaß“ – das ist die Devise gewesen, die Giannis Athanasopoulos vor seiner Premiere als Cheftrainer ausgegeben hatte. Doch nach 76 Minuten saßen Stuttgarts Volleyballerinnen niedergeschlagen auf dem Boden, krempelten die Socken nach unten, zogen die Schuhe aus und versuchten mit stierem Blick, die Jubelgesänge des neuen Supercup-Siegers zu ignorieren. So gut es geben ging.

Der amtierende Meister Schweriner SC hatte den Pokalsieger Allianz MTV Stuttgart über weite Strecken der Partie vorgeführt und mit 3:0 (25:17, 25:14, 25:18) deutlich geschlagen. Spätestens nach dem letzten Ballwechsel war Schluss mit lustig. „Das erste Saisonspiel so zu verlieren, ist einfach Scheiße, das kann man nicht anders sagen“, meinte Kapitänin Deborah van Daelen, „wir haben zu wenig Druck über den Aufschlag gemacht. Und man hat gesehen, dass wir uns noch aneinander gewöhnen müssen.“

Über 400 in Gelb gekleidete Schweriner Fans, die in Gratisbussen aus Mecklenburg-Vorpommern herangekarrt worden waren, ließen ihre Mannschaft immer wieder hochleben, während die Stuttgarterinnen mit langen Gesichtern nicht wussten, wohin mit ihrer Enttäuschung. Der Meister war schlicht zu stark, entriss dem MTV-Team den rund 3,5 kg schweren Supercup problemlos. Dabei hatten beide Teams im Vorfeld mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt: Nur drei Trainingseinheiten in kompletter Besetzung waren vor dem Supercup möglich, da die EM erst am Sonntag vor einer Woche zu Ende gegangen war. So lange hatten die Nationalspielerinnen ihren Clubs gefehlt. In Felix Koslowski mussten die Schwerinerinnerinnen gar auf ihren Trainer verzichten, da er mit gleich vier seiner Stammspielerinnen das Rückgrat der deutschen Nationalmannschaft stellt.

So kam die Partie vor 5796 Zuschauern nicht über das Niveau eines schwächeren Trainingsspiels hinaus. Mit einem deutlichen Sieger – und einem Verlierer, der sich blamierte. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns“, befand Kim Renkema, „wir haben hier nichts zeigen können, schlichtweg nicht gespielt. Keine Annahme, keine Abwehr, wir waren nicht bereit.“ Die Stuttgarter Sportdirektorin beschönigte nichts: „Ich habe gehofft, dass wir ein paar Schritte weiter sind. Es ist wirklich schade, weil da Frauen auf dem Spielfeld standen, die es können.“

Wer ein bisschen sucht, kann allerdings durchaus ein paar positive Aspekte am Auftritt des MTV-Teams finden. „Wir haben gekämpft und nicht aufgegeben“, befand Kapitän van Daelen. Und Sportdirektorin Renkema lobte Neuzugang Nika Daalderop, die Mitte des zweiten Satzes für die derangierte Renatá Sándor eingewechselt worden war. Fünf Punkte, darunter ein Aufschlag-Ass, steuerte die niederländische Jung-Nationalspielerin in ihrer kurzen Einsatzzeit bei. „Sie war die Einzige, die ihre Leistung abgerufen hat“, meinte Renkema, „aber sie ist erst 18 Jahre alt. Sie kann so ein Spiel nicht alleine herumreißen.“ Abstimmungsfehler, Annahmeprobleme, offensichtliche Verständnisschwierigkeiten – auch der neue Cheftrainer Giannis Athanasopoulos beschönigte nichts: „Die Verbindung von Zuspielerin Femke Stoltenborg zum Team hat gefehlt. Und auch mit Pia Kästner wurde es nicht besser.“ Der Coach probierte alles, brachte auch Talent Annie Cesar im Aufschlag oder Julia Schaefer auf Außen. Doch nichts stoppte den Schweriner Spielfluss.

Die Nationalspielerinnen Louisa Lippmann (15), Jennifer Geerties (14) und Great Szakmary (13) waren die Besten. Auf Stuttgarter Seite (Blockquote 2:7) punkteten Deborah van Daelen und Michaela Mlejnková (je 9) noch am häufigsten. Aber Spaß? Den hatte bei Allianz MTV Stuttgart nach diesem Saisonauftakt niemand mehr.