Eine Sturmflut riss Helgoland einst auseinander. Doch die Bürger wollen keine Wiedervereinigung.

Helgoland - Helgoland bleibt wie es ist. Die Befürworter einer Vergrößerung der Nordsee-Insel sind bei einer Abstimmung am Sonntag gescheitert. In einem Bürgerentscheid sprachen sich 583 Inselbewohner (54,74 Prozent) gegen eine Wiedervereinigung der ein Quadratkilometer großen „Hauptinsel“ mit der 0,7 Quadratkilometer großen „Badedüne“ aus. 482 Helgoländer (45,26 Prozent) stimmten dafür. Von den 1312 Wahlberechtigten hatten 1068 an der Abstimmung teilgenommen. Die Beteiligung erreichte 81,4 Prozent. Drei Stimmen waren ungültig. Als Reaktion auf den beständig wachsenden Platzbedarf soll nun ein Plan entwickelt werden, wie neue Flächen durch Aufspülung direkt an der Hauptinsel entstehen können, hieß es.

Seit der Sturmflut von 1720 ist Helgoland geteilt

Eine Sturmflut hatte im Jahr 1720 die rund tausend Meter lange Landbrücke zwischen dem roten Sandsteinfelsen und der vorgelagerten Badedüne zerstört. Der Hamburger Bauunternehmer Arne Weber hatte bereits 2008 in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Hamburg und dem Alfred-Wegener-Institut einen Plan entwickelt, die nur wenige Meter tiefe Meeresstelle wieder mit Sand aufzufüllen.

Umweltverbände sahen die Pläne kritisch. Eine Aufspülung wäre für die Natur eine große Beeinträchtigung geworden, sind sich Sprecher von BUND und NABU einig. Unter anderem sei die Düne die „Kinderstube“ der Seehunde und Kegelrobben: Sie ziehen dort ihren Nachwuchs auf.

Helgolands Bürgermeister ist enttäuscht

Helgolands Bürgermeister Jörg Singer (parteilos) ist enttäuscht von der Entscheidung. Er wollte mit dem 100-Millionen-Euro-Projekt Attraktivität und Lebensfähigkeit der Insel stärken. Trotz ihrer einmaligen Lage hat Deutschlands einzige Hochseeinsel große Probleme. Mindestens 2000 Menschen müssten auf Helgoland dauerhaft leben, damit die Insel als Gemeinde funktionieren könne, meint er. Doch die Zahl der Helgoländer ist auf unter 1300 gesunken, da immer mehr Insulaner dem Eiland dauerhaft den Rücken kehren - besonders junge Familien.

„Es gibt nicht mehr genug Arbeit auf der Insel“, erklärte Singer. Grund ist das Ausbleiben der Touristen - sie sind Helgolands wichtigste Einnahmequelle. Trotz zollfreiem Whisky und Tabak sowie einem vor kurzem modernisierten Meerwasserschwimmbad kommen sie immer seltener auf die Insel. Zog es in den 1970er Jahren noch mehr als 800.000 Gäste zu Tagesbesuchen auf die „Schnaps- und Zigaretten-Insel“, sind es heute jährlich nur noch 300.000. Der steuerfreie Einkauf von Schnaps und Zigaretten bei einem kurzen Stopp auf Helgoland sei ein Geschäftsmodell, das nicht mehr funktioniert, sagte der Helgoländer Hotelier Detlef Rickmers.

Einen Ausgleich biete auch die steigende Zahl der Übernachtungsgäste nicht, denn dafür sei Helgoland nicht gerüstet: Die Insel platze aus allen Nähten, sagte Bürgermeister Singer. Die kleinräumigen und architektonisch einfachen Gebäude, die meist in den 1950er Jahren auf der zerbombten Insel errichtet wurden, stehen unter Ensembleschutz. Um- oder Erweiterungsbauten beziehungsweise Modernisierungen sind daher nur schwer möglich.

Über das Ergebnis des Bürgerentscheids will Bürgermeister Singer mit den Helgoländern am 6. Juli diskutieren.