Der Vogel ist gefangen. Wenig später wird er in eine Transportbox gepackt, dort ist das Tier schon wieder deutlich entspannter. Foto: Sebastian Steegmüller

Die Wilhelma will ihre Tiere vor der hochansteckenden Vogelgrippe schützen. Unter anderem werden Volieren mit Netzen überspannt sowie Kraniche, Pelikane und Pinguine aus dem Freibereich gebracht.

Ein gutes Beispiel, wie Wildtiere und Vögel der Wilhelma in Kontakt kommen, ist ein Mäusebussard, der regelmäßig durch die Gitter der Geiervoliere schlüpft und sich dort offenbar pudelwohl fühlt. Seit Freitag können die Aasfresser jedoch keinen Besuch mehr empfangen. Mehrere Mitarbeiter der Wilhelma haben ein feinmaschiges Netz über den riesigen Käfig gespannt. „Da kommt nicht mal ein Spatz durch“, sagt Volker Grün, Fachbereichsleiter der Zoologie.

Den Geiern sind die Arbeiter, die auf der Voliere herumturnen, zwar suspekt. Wirklich verängstigt wirken die Tiere aber nicht. Deutlich aufregender wird es für Vögel, die sich in frei zugänglichen Bereichen befinden und vorübergehend hinter die Kulissen gebracht werden müssen. Dazu treiben die Wilhelma-Mitarbeitern die Tiere in ihren Gehegen in eine Ecke, um sie anschließend per Hand zu fangen. Dabei muss man ruhig und behutsam vorgehen und zum einen auf die fragilen Beine der Vögel aufpassen, zum anderen sich aber vor ihren Schnäbeln und Krallen in Acht nehmen. Knapp 40 Flamingos, fünf Pfaue, fünf Pelikane und zwei Mandschurenkraniche stehen auf der Liste. Deutlich leichteres Spiel haben die Wilhelma-Mitarbeiter bei den 21 Pinguinen, die sich fast schon unaufgeregt in Holzboxen und Pappkisten verstauen lassen.

In der Wilhelma leben einige fast ausgestorbene Vogelarten

Notwendig sind die Maßnahmen, da im Stadtgebiet erstmals die Vogelgrippe nachgewiesen wurde – 67 Lachmöwen sind am vergangenen Wochenende in Obertürkheim an dem Virus verstorben, anschließend hat die Stadt eine Stallpflicht für Geflügel ausgesprochen. „Natürlich bedeuten die Maßnahmen einen gewissen Stress für die Vögel, aber das müssen wir in Kauf nehmen“, sagt Volker Grün. „Das Wohl der Tiere steht absolut im Vordergrund. Unser Ziel ist, es den wertvollen Vogelbestand zu schützen.“ Wilhelma-Tierarzt Tobias Knauf-Witzens fügt hinzu, dass es „bisher zum Glück noch keinen Nachweis von Vogelgrippe auf dem Gelände der Wilhelma selbst gibt. Da das Virus aber hochansteckend ist, wollen wir die Infektion unserer Vögel verhindern“.

Die Wilhelma beherbergt über 200 Vogelarten in mehr als 1100 Individuen. Darunter sehr seltene, teilweise in ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten schon ausgestorbene Arten, wie zum Beispiel die Baers Moorenten oder der Edwardsfasan. Sie gehört zu den zoologischen Gärten, die beide Arten regelmäßig erfolgreich nachzüchtet. Zum Schutz der Tiere werden das Amazonienhaus und die Freiflugvoliere vorübergehend geschlossen, um den direkten Kontakt zwischen Vögeln und Gästen zu vermeiden. Alle anderen Tieranlagen und Schauhäuser, wie zum Beispiel die aktuelle Kamelienschau in der historischen Gewächshauszeile, sind weiterhin frei zugänglich.

Seelöwen bleiben draußen

„Für Besucher gibt es also immer noch viel zu sehen“, sagt der Zoologe Volker Grün. Unter anderem die kleine Gruppe der Seelöwen. Sie dürfen draußen bleiben, obwohl in Peru fast 600 dieser Tiere an der Vogelgrippe verstarben. „Sie waren mit einem anderen Erreger infiziert“, gibt Grün Entwarnung. Man stehe aber in Austausch mit Kollegen vor Ort. Zugleich blickt er mit großer Sorge nach Südamerika. „Es handelt sich um eine Tierart, die so etwas überhaupt nicht braucht.“