VfB-Torhüter Sven Ulreich muss in dieser Saison viele Gegentore hinnehmen. Die späten Joker-Gegentore im Überblick in unserer Bildergalerie. Foto: dpa

Die Abwehr des VfB ist anfällig,  in der Schlussphase kassiert sie zu viele Tore – auch weil die Joker  der Gegner zu oft leichtes Spiel haben.

Die Abwehr des VfB ist anfällig,  in der Schlussphase kassiert sie zu viele Tore – auch weil die Joker  der Gegner zu oft leichtes  Spiel haben.

Stuttgart - Mit schwarzen Serien kennt sich der VfB nach sieben Niederlagen nacheinander bestens aus – nun kommt in diesen Wochen eine weitere hinzu. Sie liegt etwas im Verborgenen und ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Es ist die Joker-Falle, in der der VfB sitzt – und die mitverantwortlich ist für die missliche Lage. Fünfmal in den vergangenen sieben Partien traf ein Einwechselspieler des Gegners in der Schlussphase – und viermal waren die Treffer sogar spielentscheidend.

Die späten Joker-Gegentore im Überblick:

VfL Wolfsburg – VfB (16. Spieltag): Stürmer Ivan Perisic wird in der 72. Minute eingewechselt und hat sechs Minuten später nach einem Patzer von Gotoku Sakai freie Bahn. Er trifft zum 3:1-Endstand.

VfB – FSV Mainz (18. Spieltag): Drei Minuten vor Spielende schiebt Benedikt Saller den Ball zum 2:1-Siegtreffer an Sven Ulreich vorbei ins Tor. Nur vier Minuten zuvor wurde er eingewechselt.

VfB – FC Bayern (17. Spieltag, Nachholspiel): Claudio Pizarro trifft per Kopf zum 1:1 (76.) – eine Viertelstunde nach seiner Einwechslung. Die Münchner gewinnen am Ende mit 2:1.

Bayer Leverkusen – VfB (19. Spieltag): Eren Dediyok steht in der 84. Minute goldrichtig und köpft zum 2:1-Siegtreffer ein. Neun Minuten zuvor wurde er eingewechselt.

VfB – Hertha BSC (22. Spieltag): Wieder trifft ein eingewechselter Stürmer zum 2:1-Sieg für den Gegner. Dieses Mal ist es Sandro Wagner, der in der 87. Minute – sieben Minuten nach seiner Hereinnahme – per Kopf erfolgreich ist.

VfB: Fünf Monate ohne Jokertor

Sind diese späten Gegentreffer Zufall, oder steckt womöglich Methode dahinter, weil die Gegner beim VfB Schwachstellen in der Schlussphase entdeckt haben und darauf gezielt durch Einwechslungen reagieren? Frank Wormuth, Trainer-Chefausbilder beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), sagt, dass es den Joker im klassischen Sinn im Vergleich zu früher gar nicht mehr gebe: „Die Trainer reagieren in jeder Partie auf besondere Gegebenheiten und wechseln dementsprechend ein.“

Generell sei es so, ergänzt Wormuth, dass Teams, die gegen den Abstieg kämpfen, öfters ins Risiko gehen, je länger das Spiel dauert. „Dann wird offensiver gespielt, weil die Teams, die unten drin stehen, die Punkte dringender brauchen als die, die sich gerade in sicheren Tabellenregionen befinden.“ Diese Mannschaften, sagt Wormuth, wären dann eher mal mit einem Punkt zufrieden.

Auch der VfB drängte zuletzt gegen Hertha BSC beim Stand von 1:1 auf das Siegtor – doch dann traf Sandro Wagner kurz vor Schluss fast schon aus dem Nichts für die Berliner. Der SC Freiburg erlebte gegen den FC Augsburg Ähnliches. Nach dem Ausgleich der Gäste zum 2:2 drängte der SC auf das 3:2 – und musste stattdessen noch zwei Gegentreffer hinnehmen.

Hertha BSC und Augsburg sind fast schon alle Abstiegssorgen los. Sie konnten abwarten und aus einer sicheren Ordnung heraus auf Fehler des Gegners lauern. Berlins Trainer Jos Luhukay brachte den groß gewachsenen Angreifer Sandro Wagner, weil er auf die eine, womöglich entscheidende Standardsituation spekulierte – am Ende lag der Coach goldrichtig. Auch andere Trainer wissen, dass der VfB und die anderen Teams, die gegen den Abstieg kämpfen, im Zweifel auf Sieg spielen. So tun sich hinten Lücken auf. Lücken, in die die Joker stoßen sollen – und die sie eiskalt bestrafen sollen. „Das ist sicher eine weit verbreitete Strategie in der Liga, solche Szenarien werden schon vor den Partien trainiert oder zumindest besprochen“, sagt Frank Wormuth. An diesem Sonntag tritt der VfB bei Eintracht Frankfurt an (17.30 Uhr/Sky) – und die Joker der Hessen werden von Trainer Armin Veh sicher noch genau instruiert werden.

Übrigens: Das bisher letzte Jokertor des VfB schoss Außenangreifer Martin Harnik. Er traf am siebten Spieltag bei Eintracht Braunschweig kurz vor Schluss zum 4:0-Endstand. Rund fünf Monate ist das schon her. Seither sitzt der VfB auch in der Offensive in der Joker-Falle – auch das ist ein Grund für die aktuelle Misere.