Lebt Überzeugung vor: VfB-Trainer Alexander Zorniger. Foto: dpa

Gut gespielt und doch verloren – das kann nicht immer so bleiben. Davon zumindest ist Alexander Zorniger überzeugt, entsprechend konsequent hält er den VfB Stuttgart auf dem eingeschlagenen Weg - und die VfB-Gemeinde glaubt noch daran.

Stuttgart - Alexander Zorniger überlegt kurz, als könne er sich nicht wirklich gut erinnern – dabei schein klar: So akribisch, wie der Trainer des VfB Stuttgart ist, weiß er längst die Antwort auf die Frage, ob er in seiner Laufbahn als Fußballcoach eine ähnliche Niederlagenserie schon einmal erlebt hat. Entsprechend kommt dann auch zügig der wissende Satz: „In Schwäbisch Gmünd haben wir mal sechs Spiele hintereinander verloren.“ Die Fragen waren unbequem, Zorniger, so erzählt er, wischte sie damals beiseite mit dem Hinweis, man möge mit der Bewertung doch bitteschön das Saisonende abwarten. Da hatte er dann tatsächlich den WFV-Pokal gewonnen. Das war 2007, und der FC Normannia Gmünd kickte in der Oberliga.

Es sind andere Zeiten mittlerweile, Zorniger ist Coach beim VfB Stuttgart, in der Bundesliga, dort also, wo keiner warten kann und will bis zum Saisonende. Analysiert und bewertet wird im Wochen- , manchmal gar im Tagesrhythmus – und da kommt selten einer gut weg, der fünfmal in Folge den Platz als Verlierer verlassen hat. Der VfB hat zum Start dieser Saison fünfmal verloren, doch Zorniger versichert: „Es gibt nach wie vor extrem viele, die sagen: Geht diesen Weg auf Teufel, komm raus weiter.“

Nicht, dass der 47-Jährige täglich diesen Zuspruch brauchen würde, sein Selbstvertrauen ist nach wie vor intakt. „Ich hinterfrage mich und unser Spiel“, versichert er zwar, sagt aber auch: „Ich zweifle nicht ständig an mir.“ Es gibt aber auch schon Zweifler, die das neue VfB-Spiel für gefährlich naiv halten. Dass Zorniger von Fans und Verein Rückendeckung spürt, tue ihm entsprechend gut, sagt der Coach, erleichtert sie ihm doch die Arbeit – die derzeit vor allem daraus besteht, Überzeugung vorzuleben.

Die VfB-Gemeinde glaubt noch an den neuen Weg

Die hätte auf dem noch kurzen Weg durchaus verloren gehen können, weil die erhofften Ergebnisse nicht kamen, der Club schon wieder im Tabellenkeller steckt und die Neuausrichtung von Dämpfern geschwächt wurde. Es gibt eine neue Energie im Verein und um die Mannschaft herum, die hätte mit Ergebnissen unterfüttert werden sollen“, sagt Zorniger und muss zugeben: „Das haben wir nicht geschafft.“ Aber auch hier hat er festgestellt, dass noch keiner verzagt und zweifelt: „Dennoch sind alle überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Das Spiel gegen Schalke 04 hat die weiß-rote Gemeinde zumindest dahingehend bestärkt.

Wieder gelang zwar kein Sieg, am Ende stand sogar die fünfte Niederlage, bis auf das Thema Chancenverwertung hat aber vieles gepasst. Schon an diesem Mittwoch nun geht es in Hannover gegen die 96er, und der VfB-Coach betont, dass die Leistung aus dem Spiel gegen Schalke nichts war, was als Eintagsfliege zu werten sei. „Ich glaube, dass wir in der Lage sind, viele solcher Spiele abzuliefern.“ Woraus er eine Erfolgswahrscheinlichkeit ableitet: „Von zehn solchen Spielen kannst du nicht acht verlieren.“ Das sieht auch Zornigers einstiger Förderer Ralf Rangnick so. „Momentan ist es ein bisschen verhext. Aber wenn sie den Weg konsequent weitergehen, wird der Knoten platzen“, sagt der Trainer und Sportdirektor von Zweitligist RB Leipzig. Und wo, wenn nicht in Hannover, könnte das passieren.

Die Niedersachsen haben zwar einen Punkt mehr auf dem Konto als der VfB, überzeugten zuletzt aber überhaupt nicht mehr. Alles klar also für die Wende zum Guten? Würde Zorniger höchstens denken, aber nie sagen: „Demut dem Gegner gegenüber ist ein Grundsatzthema“, sagt er, fügt aber an: „das schließt Selbstvertrauen nicht aus.“

Das Spielsystem ist mittlerweile besser abgesichert

Selbstvertrauen, Überzeugung, Glaube an das Spielsystem, das mittlerweile „defensiv besser abgesichert“ ist – darum geht es Alexander Zorniger in der kurzen Zeit zwischen dem Spiel gegen Schalke und der Partie in Hannover. Der Ärger der Spieler über die zuletzt zahlreich vergebenen Chancen soll zudem seinen Nutzen haben. „Die Jungs waren hochgradig gefrustet und wollen das korrigieren“, sagt der Coach.

Und wenn’s gelingt, interessiert sich bald keiner mehr für die fünf Niederlagen in Folge. Höchstens in ein paar Jahren.