Der VfB gegen Ingolstadt: Schön war’s nicht, aber erfolgreich Foto: Baumann

Sind die wilden Zeiten des VfB Stuttgart schon wieder vorbei? Wer den 1:0-Sieg gegen den FC Ingolstadt gesehen hat, kommt zu diesem Schluss. Für Trainer Alexander Zorniger ist eine Abkehr von seiner Spielidee aber kein Thema.

Stuttgart - Es gab Zeiten in der Clubhistorie des VfB Stuttgart, da hätten die Zuschauer nach solch einem Kick das Stadion an der Mercedesstraße mit einem unguten Gefühl verlassen – ganz egal, wie das Spiel ausgegangen wäre. Spielerisch magere Darbietungen gehörten noch nie zu den bevorzugten Konsumgütern der Herren und Damen auf den roten Schalensitzen. Sie haben’s gerne spektakulär, auch hochklassig, mindestens aber technisch fein. Derzeit aber sehnt sich die weiß-rote Fangemeinde vor allem nach einem: Erfolg. Und so verließ am Sonntagabend kaum einer unzufrieden die Mercedes-Benz-Arena. Wobei sich manch einer fragte: Was ist denn nun geblieben vom neuen VfB Stuttgart?

Der sollte nach dem Willen von Trainer Alexander Zorniger eben spektakulär sein, mutig, aggressiv, offensiv und auch ein bisschen wild. Am Sonntag zwang der neue VfB den FC Ingolstadt in die Knie (1:0) – mit eher gewöhnlichen Mitteln. Weshalb der Verdacht nahe liegt, dass der Chefcoach seine Spielweise mehr als nur angepasst hat an die triste Lage im Tabellenkeller und die Gemütslage seiner Profis. „Man merkt uns die Tabellensituation an, wir sind ein bisschen verunsichert“, gab Martin Harnik nach der Partie zu. Und dann spielt man eben nicht spektakulär, mutig und ein bisschen wild. „Spielerisch ist viel Luft nach oben“, meinte Daniel Didavi, dennoch sagte der Mittelfeldspieler auch: „Der Trend geht in die richtige Richtung.“ Weil sich der VfB im Herbst 2015 einem neuen Motto verschrieben hat. Ergebnis vor Erlebnis.

Idee vom perfekten Spiel

Wobei: Alexander Zorniger würde das so vermutlich nicht unterschreiben. Zu sehr hängt er an seiner Idee vom perfekten Spiel, die er als alternativlos predigt. Und so wollte er im Spiel gegen den bis dahin auswärts ungeschlagenen Aufsteiger auch keine Abkehr vom eingeschlagenen Weg sehen. Vielmehr hätten die personellen Änderungen, die er aufgrund von Verletzungen (Gentner, Kostic, Ginczek) vornehmen musste, das Spiel verändert. „Ein Daniel Didavi läuft den Gegner eben anders an als ein Daniel Ginczek“, sagte der Trainer. Zudem habe man wegen der Länderspiele kaum zusammen trainieren können, weshalb sich die neue Formation erst in der geforderten Spielart zurechtfinden müsse. Und so gibt Zorniger einerseits zwar zu: „Wir waren ein Stück weg von dem, was wir machen wollen.“ Er bekräftigte aber andererseits, dass es generell keine Zweifel am Neuen gebe. „Wir unterscheiden da nicht, wer auf den jeweiligen Positionen spielt.“ Sportvorstand Robin Dutt ergänzte, „Mentalität, Aktivität, schnelles Umschalten, aggressives Anlaufen und Gegenpressing“, all das sei nach wie vor Teil des Spiels des neuen VfB. Und doch ist die Anpassung an die schwierige Situation nach dem Fehlstart in die Saison unübersehbar – ob nun vom Trainer so vorgegeben oder nicht.

„Wir stehen jetzt viel kompakter“, stellte Daniel Didavi fest und erinnerte sich: „In den ersten Spielen war es ein bisschen naiv.“ Tatsächlich attackieren die VfB-Profis den Gegner nicht mehr ganz so früh, das Umschalten nach hinten klappt besser, „in den letzten drei Spielen hatte ich den Eindruck, dass die Balance besser ist“, sagte Dutt, der aber auch weiß, dass seine Mannschaft von zuverlässiger Stabilität noch weit entfernt ist. Und dass am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky) ein größerer „Prüfstein“ als zuletzt der FC Ingolstadt wartet.

Der VfB muss bei Bayer Leverkusen antreten, Mittelfeldabräumer Serey Dié fehlt dann gesperrt, weshalb der VfB weiter daran arbeiten muss, eigene Fehler zu minimieren – selbst wenn das weiter zulasten des Erlebnisfaktors geht. „Die Ergebnisse waren zuletzt ganz in Ordnung, aber spielerisch war es immer mehr ein Rückschritt“, monierte Daniel Didavi am Sonntag zwar. Kollege Martin Harnik aber gab vor, worauf es für das Team derzeit ankommt: „Unterm Strich zählen jetzt nur die Punkte.“

Die meisten Fans sehen das ganz genauso.