Oriol Romeu (o.) wird ausgehebelt – wie der VfB in Hoffenheim Foto: Getty

Es war ein Tiefschlag, der nachwirkt. Darüber können sie beim VfB Stuttgart lange lamentieren – oder sich mit Löwenmut gegen den Trend stemmen. So oder so: Ein Sieg muss her, egal wie und gegen wen. Aber bald, bitte!

Stuttgart - Beim Training am Sonntagvormittag stand Huub Stevens wie gewohnt auf dem Platz. Das mag den einen oder anderen Leidensgefährten beruhigt haben, der tags zuvor befürchtet hatte, dem VfB stehe ein zweiter Trainerrücktritt in dieser Saison bevor. So niedergeschlagen, apathisch und desillusioniert haben sie Stevens beim VfB noch nicht erlebt wie nach dem 1:2 in Hoffenheim.

Wie ein Häuflein Elend saß der Niederländer nach dem K. o. in den letzten Sekunden der Nachspielzeit da, die Äuglein flackerten, und auf Fragen antwortete der Trainer mit Ironie, Sarkasmus oder einem aggressivem Unterton. Die Niederlage und, mehr noch, deren Umstände nagten in ihm: „Das ist unglaublich. Ich weiß es auch nicht im Moment. Irgendwas müssen wir versuchen.“ Was genau, bleibt vorerst sein Geheimnis – falls er denn eine Ahnung hat.

Denn Huub Stevens sagte auch: „Ein bisschen ratlos? Ja, kann man sagen.“ Auf die Frage, wie er die Mannschaft aufrichten wolle, entgegnete er: „Das ist unheimlich wichtig, das wissen wir. Haben Sie vielleicht noch einen Rat für mich?“

Huub Stevens ist ratlos

Das klang, als sei Stevens mit seinem Latein am Ende. Unfähig, das Glück zu zwingen – wie Armin Veh. Und kurz davor, wie sein Vorgänger den Bettel hinzuwerfen. Weil er nun endgültig erkannt hat, dass seine zweite Rettungsmission auf dem Cannstatter Wasen mit wachsender Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt ist?

Diesem Eindruck stemmte sich Robin Dutt am Sonntag energisch entgegen: „Menschen, die besonders hart arbeiten, trifft eine Niederlage härter.“ Erst recht so eine Niederlage. „Die hat eine andere Qualität in der Gefühlswelt, die löst mehr Emotionen aus“, sagte Dutt. Mit seinem Fehlpass hatte Timo Baumgartl (18) eine Kettenreaktion ausgelöst, die beim Torschützen Sebastian Rudy endete – passenderweise ein Ex-VfB-Profi. Solche Missgeschicke sollten nicht passieren, aber sie passieren eben doch, zumal einem jungen Spieler wie Baumgartl, den Robin Dutt flugs unter Artenschutz stellte: „Wir sind weit davon entfernt, Timo die alleinige Schuld an der Niederlage zu geben. Wir können nicht immer junge Spieler fordern und dann den Stab über sie brechen, wenn sie an einem Gegentor beteiligt sind.“

Im Grundsatz stimmt das, wobei der eine oder andere erfahrenere Kollege einen Weckruf dringend nötig hätte: Wie einige den Kampf gegen den Abstieg als Ballett-Gala fehlinterpretieren, lässt nichts Gutes erahnen. Versucht haben so einen Hallo-wach-Appell beim VfB schon Trainer-Generationen vor Stevens, ohne recht Gehör zu finden. Deshalb bietet sich für besonders hartnäckige Fälle statt der kaum mehr nachvollziehbaren Nibelungentreue auch mal eine Denkpause auf der Ersatzbank an. Oder auf der Tribüne, wo Christian Gentner an diesem Freitag (20.30 Uhr/Sky) gegen Borussia Dortmund den nächsten Anlauf des VfB mitverfolgen wird, den Bock endlich umzustoßen: Der Kapitän fehlt gelbgesperrt, was dem als Kämpfernatur gepriesenen Neuzugang Serey Dié vermutlich die Tür zur Startelf öffnet.

Allerdings ist die Sehnsucht mancher Fans, am besten gleich die ganze Mannschaft auszuwechseln, eng an die Erkenntnis gekoppelt, dass der VfB nicht nur einmal einen schwachen Profi gegen einen noch schwächeren Spieler getauscht hat. Es ist ja nicht so, dass lauter Kracher auf der Bank sitzen, deren Talent die maßgeblichen Strategen auf sträfliche Weise verkennen. Die Alternativen sind dünn gesät, der Kader ist, wie er ist – und die Kritik an Stevens’ vermeintlich überzogener Defensivtaktik geht eher an der Realität vorbei: Bis der VfB den dritten Pass zum Nebenmann gespielt hat, ist der Ball verstolpert. Das ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Was wieder zur Frage nach Qualität und Zusammensetzung des Kaders führt – beides ist auf die Schnelle nicht zu ändern.

So bleibt die Hoffnung, dass gütige Umstände dazu beitragen mögen, doch mal wieder einen Sieg einzufahren. Irgendwie und egal gegen wen, nur möglichst bald sollte es sein, sonst wird die Kluft nach oben in der Tabelle zum Canyon. Dazu bedarf es Nehmerqualitäten. „Die Antwort kann nur sein, dass du wieder aufstehst“, sagte Robin Dutt, der statt Worten nun Taten fordert: „Wir können viel reden, aber der eigentliche Impuls muss auf dem Platz kommen. Da sind die Spieler gefordert.“ Und der Trainer – falls er demnächst aus der Schockstarre erwacht.