Beim 1:1 gegen Hertha BSC lässt der VfB Stuttgart unnötig Punkte liegen. Nun steht der Aufsteiger auch sportlich vor wegweisenden Wochen.
Stuttgart - Sportdirektor Sven Mislintat war mit sich, Mannschaft und Trainerteam im Reinen, als er am Sonntag auf dem Clubgelände aufschlug. „Ich hätte auch ausschlafen können“, sagte er mit Blick auf die seiner Meinung nach zutreffende Spielanalyse von Pellegrino Matarazzo nach dem 1:1 gegen Hertha BSC. Quintessenz von Trainer und Sportchef des VfB Stuttgart: Den Gegner über weite Strecken beherrscht, zu wenig Tore gemacht, gut verteidigt, kurz vor Schluss ein blödes Tor bekommen. Am Ende nicht viel passiert, die Berliner auf Distanz gehalten. Alles gut also?
Wie immer nach einem Unentschieden gibt es zwei Betrachtungsweisen. Die der sportlichen Leitung fällt naturgemäß wohlwollender aus. Jener mit dem distanzierteren Blick blieben auch Schwächen und Gefahren nicht verborgen. So gesehen hat es der VfB wieder nicht geschafft, einen entscheidenden Schritt weg von der Abstiegszone zu machen.
Was gut möglich gewesen wäre. Angesichts eines verunsicherten Gegners, einer Führung und der Tatsache, dass der Aufsteiger den Club aus der Hauptstadt eine Stunde lang im Griff hatte. Die Frage, die der Torschütze zum 1:0, Sasa Kalajdzic, aufwarf, lautete: Warum schaffe es die Mannschaft nicht, „90 Minuten lang eine gute Leistung zu bringen?“ Schon bei der 2:5-Niederlage in Leverkusen verschlief Matarazzos Mannschaft eine Hälfte des Spiels, die erste. Gegen die Hertha schalteten Kalajdzic und Co nach 60 Minuten in den Verwaltungsmodus, was noch nie eine Spezialität des VfB war. Ergebnis: der letztlich verdiente Ausgleich durch den 17-Jährigen Luca Netz (82.)
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„Wir haben uns auf die Basics verlassen, gut zu verteidigen und zu kontern“, analysierte Mislintat. „Leider waren wir in einigen Situationen zu ungenau, sonst hätten wir das Spiel zumachen können.“ Beim VfB offenbarte sich eine Mischung aus Sorglosigkeit und fehlender Frische, die sich auch an den Einwechslungen Mitte der zweiten Halbzeit festmachen ließ. Weder Daniel Didavi noch Tanguy Coulibaly brachten die in der Vergangenheit so verlässlich abgerufenen frischen Impulse von der Bank, stattdessen verblasste das Angriffsspiel weiter.
Das Fehlen von Nicolas Gonzalez (Muskelfaserriss) macht sich bemerkbar. Silas Wamangituka musste viel Defensivarbeit verrichten und blieb nach vorne wirkungslos. Kalajdzic ist nach seiner langen Verletzungszeit von fast einem Jahr noch immer kein Kandidat für dauerhaft 90 Minuten. Nach 70 Minuten musste er auf die Zähne beißen. Kurzum: Der VfB-Motor stottert.
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Die Unbekümmertheit, mit der die junge Mannschaft über weite Teile der Hinrunde begeisterte, sie hat sich peu à peu verflüchtigt. Beim 1. FC Köln (Samstag, 15.30 Uhr) und gegen Schalke 04 steht der VfB nun vor wegweisenden Spielen. Mit zwei Siegen könnte hinter die Mission Klassenverbleib schon zum Haken angesetzt werden. Andernfalls droht der Abstiegskampf zur realen Gefahr zu werden.
„Das sind Sechs-Punkte-Spiele“, sagt Mislintat, der das Minimalziel formuliert, den kommenden Gegner auf Distanz zu halten. So wie die Hertha auch. Schwarzmalerei ist nicht die Sache von Mislintat. Der Sportchef erinnert daran, dass man nach 21 Spieltagen bei noch immer sehr komfortablen 26 Punkten stehe – nur zwei weniger als nach 34 Spieltagen der Abstiegssaison 2018/19. Angesichts dessen sowie all der vereinspolitischen Turbulenzen könne er noch immer „sehr gut schlafen“.
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