Joshua Kimmich steht bei RB Leipzig unter Vertrag. Der VfB Stuttgart verfügt aber über ein Rückkaufrecht. Foto: dpa

Rund 8,5 Millionen Euro sollen aus München aufs VfB-Konto fließen: Der Wechsel des hochtalentierten Joshua Kimmich beschert den Stuttgartern immerhin ein hübsches Sümmchen. „Sportlich ist es schade, aber in der Gesamtabwägung eine Entscheidung, mit der wir leben können“, sagt Sportdirektor Jochen Schneider.

Stuttgart/Leipzig/München - Reisende soll man nicht aufhalten, besagt ein Sprichwort. Rückkehrer, die es gleich weiterzieht, auch nicht. Im konkreten Fall sollte es vielleicht besser heißen: Kann man gar nicht aufhalten. Die Geschichte handelt von Joshua Kimmich, der Wert darauf legt, dass sein Vorname ohne sch-Laute ausgesprochen wird. Ein Name, von dem in Zukunft sicher noch zu hören sein wird. Denn nun hat der 19-Jährige beim Branchenprimus FC Bayern München angeheuert. Er wechselt zur kommenden Saison von RB Leipzig an die Isar. Der Vertrauensvorschuss ist enorm: Kimmich wird dort mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet.

Beim VfB Stuttgart schauen sie in die Röhre. Und damit beginnt das neue Jahr im Grunde so, wie das alte geendet hat. Denn nur allzu gerne hätten die Verantwortlichen das Talent im defensiven Mittelfeld aus Leipzig zurück auf den Wasen gelotst. Doch der Gegner war einfach zu stark – und Kimmich nicht zu halten.

Sämtliche Jugendmannschaften hat er seit seinem zwölften Lebensjahr beim VfB durchlaufen. Beim Junior-Cup in Sindelfingen wurde Kimmich 2013 zum besten Spieler des Turniers gewählt. Als es im selben Jahr darum ging, in die zweite Mannschaft des VfB aufzurücken, war aus Sicht des damaligen Sportvorstands Fredi Bobic aber kein Platz für Kimmich. Das Angebot an Sechsern sei zu groß, hieß es. Ein weiteres Jahr in der A-Jugend wollte sich das Eigengewächs aber nicht antun – also folgte er dem Ruf von RB Leipzig und Sportdirektor Ralf Rangnick und wechselte für 500 000 Euro zum späteren Zweitligaaufsteiger.

Dort ließ er nicht nur zwischen Aue und Sandhausen aufhorchen – auch an der Säbener Straße wurde die Entwicklung des gebürtigen Rottweilers, der mit der U 19 im vergangenen Jahr auch noch Europameister wurde, genauestens verfolgt. Michael Reschke, in der Szene bestens vernetzt und seit dieser Saison beim Rekordmeister fürs Talente-Angeln zuständig, gab seine Empfehlung an Matthias Sammer und Pep Guardialo weiter. Regelrecht begeistert soll der Katalane von der Spielintelligenz des 19-Jährigen gewesen sein. Persönlich überzeugte sich der Bayern-Trainer auch noch vom Charakter des jungen Schwaben. Nach einem längeren Gespräch stand für Guardiola fest: Den Jungen will ich haben!

Nach menschlichem Ermessen ist es kein Vergehen, ein solch unwiderstehliches Angebot anzunehmen. „Für Joshua war es eine große Ehre, dass sich ein Club wie der FC Bayern um ihn bemüht hat. Er weiß, dass es ein großer Schritt ist, aber er scheut sich nicht vor dieser Aufgabe“, sagte Kimmichs Berater Uli Ferber unserer Zeitung. Ungeachtet der großen Konkurrenz im defensiven Mittelfeld mit Bastian Schweinsteiger, Thiago Alcántara oder Xabi Alonso, um nur die etablierten Bayern-Kräfte zu nennen. „Er wird dort im Sommer antreten und sich seine Chance suchen“, so Ferber. „Das beschreibt seinen Charakter.“

Diesem nicht entsprochen hätte eine Rückkehr zum VfB. Auch wenn es dort für Kimmich sicher einfacher geworden wäre, sich in den Vordergrund zu spielen. Für den 19-Jährigen wäre es aber ein Schritt zurück gewesen. So waren die Gespräche, die Sportdirektor Jochen Schneider mit dem Junioren-Nationalspieler in den vergangenen Wochen geführt hat, letztlich für die Katz’. Auch RB Leipzig, das den Spieler aufgrund einer Rückkaufoption für 1,5 Millionen Euro zunächst an den VfB zurückgeben muss, zieht in dieser Dreiecksbeziehung gegenüber dem FC Bayern den Kürzeren.

„Sportlich ist es schade, aber in der Gesamtabwägung eine Entscheidung, mit der wir leben können“, sagt Jochen Schneider. Heißt: Wenigstens die Ablöse sorgt beim zuletzt so gebeutelten Bundesligisten für ein wenig Schmerzlinderung. Rund 8,5 Millionen Euro sollen aus München aufs leere VfB-Konto fließen. Ein hübsches Sümmchen für jemanden, der noch kein einziges Bundesligaspiel bestritten hat.

Und Geld, das der Tabellen-15. eigentlich gut gebrauchen kann, um selbst auf dem Transfermarkt aktiv zu werden. Nach den Ausgaben im vergangenen Sommer müssen aber Löcher gestopft werden – kostspielige Neueinkäufe stehen aktuell nicht auf dem Programm.