Tamas Hajnal jubelt über einen seinen Treffer. Foto: dapd

Spielmacher Hajnal über seine Rolle beim VfB Stuttgart und seinen Beitrag zum Klassenverbleib.  

Stuttgart - Spielmacher Tamas Hajnal (30) hat sich in nur dreieinhalb Monaten in die Herzen der VfB-Fans gedribbelt. Und auch in den kommenden zwei Jahren will der ungarische Nationalspieler bei den Roten eine entscheidende Rolle spielen. "Ich versuche immer, mit gutem Beispiel voranzugehen", sagt er.

Herr Hajnal, haben Ihnen Ihre ehemaligen Dortmunder Kollegen eigentlich zum Klassenverbleib mit dem VfB gratuliert?

Einige schon. Auch der Trainer (Jürgen Klopp, d. Red.) hat mir gleich nach dem Hannover-Spiel eine SMS geschickt, und wir haben uns kurz unterhalten. Er hat sich mit mir gefreut und ich mich natürlich mit ihm.

Wie war es für Sie, Bilder von der Dortmunder Meisterfeier anzuschauen?

Als ich sie gesehen habe, kamen schon Gefühle hoch. Ich habe Gänsehaut gekriegt.

Verspüren Sie Wehmut?

Nein, die Hinrunde beim BVB hatte sich so entwickelt, dass ich keine Perspektive mehr für mich gesehen habe. Deshalb war der Schritt zum VfB zu gehen, hundertprozentig richtig. Die dreieinhalb Monate hier waren für mich persönlich schöner und erfolgreicher, als wenn ich in Dortmund nur auf der Bank gesessen hätte. Ich habe mich hier weiterentwickelt - fußballerisch und mental.

Und die VfB-Feier nach dem Klassenverbleib war ja auch nicht zu verachten.

Man darf dabei aber nicht vergessen, dass wir nur das Minimalziel erreicht haben. Wir haben gefeiert, aber in einem angemessenen Rahmen. Jeder von uns kann die Situation einschätzen. Die Erwartungen waren ganz andere, als knapp in der Liga zu bleiben. Aber ich bin trotzdem sehr stolz. 

Worüber?

Dass wir in der Rückrunde 30 Punkte geholt haben. Diese Punkte kommen nicht von ungefähr. Kaufen können wir uns davon aber nichts. Wichtig ist nun, wie wir in die Sommerpause gehen und welche Lehren wir ziehen. Wir müssen die Stärke der Rückrunde mitnehmen, um mit einer guten Vorbereitung in die nächste Saison zu starten.

Die ersten Monate Ihrer Zeit beim VfB glichen einer Achterbahn. Wie haben Sie sie erlebt?

Es ging in der Tat rauf und runter. Wir haben in Gladbach einen wichtigen Sieg eingefahren. Dann kam der Rückschlag gegen Nürnberg. Da dachte ich: Was wird hier noch passieren? Aber dann haben wir uns ganz gut gefangen, zuerst fehlten noch die Ergebnisse. Danach kam eine Phase, in der wir nicht so gut gespielt haben, dafür aber gepunktet. Seitdem hat die Kurve stetig nach oben gezeigt. Die letzten Wochen waren ziemlich schön. 

Ich habe gar nicht auf die Tabelle geschaut.

Wie schwierig war es denn, mit dem gewaltigen Druck umzugehen? 

Ich habe versucht, die Situation in den ersten Wochen auszublenden. Ich habe auch gar nicht auf die Tabelle geschaut, das lenkt doch nur ab. Ich habe mich auf mein Spiel konzentriert. Mein Anspruch ist es immer, aktiv in der Mannschaft zu sein, meine Stärken einzubringen und der Mannschaft zu helfen - und das unabhängig von der Tabellensituation.

Mit dem Klassenverbleib gab es für Sie einen Zweijahresvertrag beim VfB.

Das hatten wir so ausgemacht. Und diese Aussicht war eine zusätzliche Motivation für mich. Ich freue mich wahnsinnig, dass es jetzt so gekommen ist.

Weil es eine neue Chance für Sie ist, nachdem Sie in Dortmund nicht mehr zum Zug gekommen sind?

Ich hatte in Dortmund zweieinhalb schöne Jahre, nur das letzte halbe war schwierig. Aber so etwas gehört zu einer Karriere dazu, es gibt immer wieder Rückschläge und Situationen, in denen du alles für den Erfolg tust und hart an dir arbeitest, aber nicht die Möglichkeit bekommst, es zu zeigen. Jetzt habe ich die Chance bekommen, und ich werde sie nutzen.

Für die neue Saison wird viel von Ihnen erwartet. Wie gehen Sie damit um?

Das ist ein schönes Gefühl. Ich habe in den letzten Wochen so viel Zuspruch bekommen, auch von den Fans. Ich sehe das nicht als Druck. Ich versuche immer mein Bestes zu geben. Wenn mir das gelingt, denke ich, dass ich der Mannschaft helfen kann. Es war aber in erster Linie nicht allein mein Verdienst, dass wir die Klasse gehalten haben.

Sondern?

Innerhalb der Mannschaft hat sich seit Jahresbeginn sehr viel verändert. Wir haben zusammengehalten, jeder hat sich dem Team untergeordnet, die Kommunikation untereinander hat gestimmt - ebenso wie das Engagement im Training und in den Spielen. Nur so konnten wir es schaffen.

Der VfB war in der vergangenen Saison lange auf der Suche nach einem Führungsspieler - hat er in Ihnen einen gefunden?

Ich bin kein Lautsprecher, der außerhalb des Platzes herumschreit. Auf dem Platz dagegen bin ich schon laut und dirigiere meine Mitspieler. Ich spüre das Vertrauen von ihnen, deshalb denke ich schon, dass ich Verantwortung trage. Mein Ziel ist es, immer mit gutem Beispiel im Training und im Spiel voranzugehen.

Wir würden Sie Ihren Charakter beschreiben?

Eigentlich sollten das andere beurteilen. Aber ich denke, ich bin ein bodenständiger, ruhiger Typ, der immer hart an sich arbeitet und im Fußball eine entscheidende Rolle spielen will.

Was sind Ihre Ziele mit dem VfB?

Ich kann das nicht an einem Tabellenplatz festmachen. Es bringt nichts, vor einer Saison große Töne zu spucken. Wir werden die vergangene Spielzeit genau analysieren, die Stärken mitnehmen und die Schwächen abstellen. Es steckt sehr viel in der Mannschaft, und ich hoffe, dass wir in der neuen Saison von Beginn an ganz woanders stehen als zuletzt.