Die Stadt hat an der Eichenparkstraße 27 Warnbaken aufgestellt – zum Schutz von Kröten. Der Anwohner Jürgen Hering versteht die Welt nicht mehr. Foto: Judith A. Sägesser

Die Anwohner der Eichenparkstraße reiben sich verdutzt die Augen: Die Stadt hat vor ihrer Haustür 27 Baken aufgestellt und Gullys verschlossen – zum Krötenschutz. Dieses Vorgehen erschließt sich allerdings nicht jedem.

Sillenbuch - Jürgen Hering steht vor einem Rätsel. Das Rätsel ist fast genau so groß wie er. Eine rot-weiße Warnbake mit gelber Lampe oben drauf. Leute von der Stadt haben sie neben einen Gully an der Eichenparkstraße gerückt. Die Bake vor Jürgen Herings Haus ist nicht die einzige. Entlang der Straße verteilt stehen 27 Stück, jeweils neben Gullys, die mit grünen Netzen verschlossen ist. „Ab 18 Uhr fangen die Baken alle an zu blinken“, sagt Jürgen Hering. „Die Leute reiben sich die Augen.“ Er wohnt sein halbes Leben hier, doch so etwas hat er noch nie gesehen.

Die Amphibien kehren nur kurz an die Teiche zurück

Dank der Post vom Amt für Umweltschutz konnten sich der 76-jährige Riedenberger und seine Nachbarn zusammenreimen, was vor ihrer Tür los ist. Die Baken warnen vor den Kröten, die die Straße passieren. Bei frühlingshaften Temperaturen wandern die Amphibien zu ihrem Laichgewässer. „In den angrenzenden Gärten befinden sich etwa elf Teiche, in denen sich Amphibien angesiedelt haben“, schreibt die Stadt in ihrem Brief an die Anwohner der Eichenparkstraße. Die Kröten, Erdmolche und Feuersalamander verbrächten den größten Teil des Jahres im Eichenhain, zu den Teichen auf der anderen Seite der Straße kehren sie nur für kurze Zeit zurück.

„Zum Schutz der Tiere und auch der Helfer wurde deshalb in der Eichenparkstraße eine verkehrsbehördliche Anordnung erlassen“, ist in dem Brief der Stadt weiter zu lesen. Diese schreibe Tempo 10 in der Wandersaison vor. Nun fragt sich Jürgen Hering, wie das funktionieren soll, wenn die Stadt nur die Anwohner informiert. An der Straße findet sich nämlich kein Hinweis auf Tempo 10. Nur die große 30 auf der Straße an der Ecke Feigenweg, die ist durchgestrichen.

Mit den Baken hat die Straßenverkehrsbehörde nichts zu tun

„Das ist nicht gut“, sagt Monika Dietmann von der Straßenverkehrsbehörde.“ Ich habe keine Ahnung, wer das durchgeixt hat.“ Tempo 10 soll zwar schon vorübergehend gelten, sagt sie, aber erst wenn die Kröten wandern. Und damit sei erst in den nächsten Tagen zu rechnen, sagt Dietmann. Dann werde die Stadt Stuttgart Tempo-10-Schilder und eine zwei Meter breite Warnbake mit fünf Blinkleuchten aufstellen, und Krötenwarnschilder werden aufgeklappt – zum Schutz der Tiere und der Menschen, die sie einsammeln.

Mit den 27 Baken neben den Gullys hat Monika Dietmann allerdings nichts zu tun. Das Tiefbauamt hingegen schon. Die Baken seien aus Gründen der Verkehrssicherheit aufgestellt worden, sagt Klaus Hofmann vom Tiefbauamt. Um zu vermeiden, dass wegen der mit Netzen abgedeckten Gullys etwas passiert. Auch wenn das Aufgebot an Baken für Außenstehende möglicherweise skurril anmuten mag, wirbt Hofmann für Verständnis. „Wir wollen es allen recht machen.“

Es hat einst mit Handzetteln angefangen

Jürgen Hering findet die Baken trotzdem übertrieben. So auch die Netze über den Gullys. Wie in die Gullys Kröten fallen sollen, kann er sich nicht erklären; er hat nachgemessen, vier Zentimeter sind die Schlitze. Er sagt, das sei doch zu schmal. „Aber vielleicht gibt es ja auch Experten, die sagen, dieses Jahr sind die Kröten kleiner.“ Er hat nichts gegen Kröten, und erst recht nichts gegen Menschen, die Amphibien ehrenamtlich über die Straße helfen. „Ich mache das nicht lächerlich“, sagt er. „Aber in der massiven Aufrüstung, 27 solcher Dinger, überlegen Sie mal. Früher hat es mit Handzetteln am Baum angefangen.“