Der 31-Jährige bekommt den neuen Vertrag nicht nur wegen seiner positiven und integrativen Art. Das Stuttgarter Eigengewächs will auch wieder sportliche Akzente setzten.
Stuttgart - Der kleine Daniel hatte es nur auf eine Eintrittskarte fürs Stadion abgesehen, als er als Siebenjähriger am Talentsichtungstraining des VfB Stuttgart teilnahm, schließlich war er noch nie bei einem Bundesliga-Spiel gewesen. Doch blieb es nicht beim Freiticket – die Trainer waren so begeistert, dass sie den Jungen vom SPV 05 Nürtingen in die F-Jugend des VfB holten. „Von diesem Moment an“, so erinnert sich Daniel Didavi 24 Jahre später, „war der Club ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens.“
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Das wird auch weiterhin so bleiben, denn am Dienstag hat der Mittelfeldspieler seinen im Sommer auslaufenden Vertrag um ein weiteres Jahr bis 30. Juni 2022 verlängert. Lange war zuvor verhandelt worden, frühzeitig hatte Didavi signalisiert, zu größeren Abstrichen von seinem bisherigen Drei-Millionen-Euro-Gehalt bereit zu sein – jetzt konnte endlich Vollzug gemeldet werden. „Ich freue mich riesig, dass ich den Weg des VfB noch ein Jahr mitgehen darf“, sagt der 31-Jährige.
Der torgefährlichste Mittelfeldspieler des VfB Stuttgart
Mit vier Treffern und vier Vorlagen ist Didavi der torgefährlichste Mittelfeldspieler des VfB in dieser Saison, obwohl er sehr häufig nur zweite Wahl war. In der Bundesliga stand er nur zehnmal in der Startelf und kam oft nicht über Kurzeinsätze hinaus, weil auf seiner Position deutlich jüngere Spieler wie Mateo Klimowicz (20) Erfahrungen sammeln sollten. Doch ist es nicht allein sein sportlicher Wert, der Sven Mislintat dazu bewog, den Vertrag des Routiniers – anders als im Falle des Kapitäns Gonzalo Castro (33) – trotz knappen Coronabudgets noch einmal zu verlängern: „Mit seiner positiven und integrativen Art ist er nicht nur auf dem Platz, sondern auch in der Kabine ein sehr wichtiger Faktor und Orientierungspunkt“, sagt der VfB-Sportdirektor: „Und nicht zuletzt verkörpert er als Eigengewächs den VfB und trägt den Brustring mit großem Stolz.“
Daniel Didavi ist für die jungen Spieler da
Nach mehreren schweren Verletzungen, die ihn beinahe zum Sportinvaliden gemacht hätten, hat Didavi längst Frieden geschlossen mit seiner wechselvollen Karriere, auch wenn er trotz seines immensen Talents nie in der Nationalmannschaft oder der Champions League gespielt hat. Er zählt nicht mehr die Einsatzminuten und macht auch keinen Ärger, wenn Jüngere den Vorzug erhalten. „Meine Rolle ist eine andere als früher, aber das ist völlig okay“, sagt er, „zu meinen Aufgaben gehört mittlerweile auch, für die jungen Spieler da zu sein und ihnen zu helfen, wenn sie Probleme haben.“
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Was nicht bedeutet, dass sich Didavi mit einem Stammplatz auf der Ersatzbank zufriedengeben würde. Der Ehrgeiz sei ihm keineswegs abhandengekommen – im Gegenteil: In der neuen Saison will der Spielmacher noch einmal angreifen. „Ich werde versuchen, auch sportlich wieder einen höheren Stellenwert zu bekommen“, sagt der Mann, den alle „Dida“ nennen – und weiß, auf welche Weise er punkten kann: „Ich bringe etwas rein, was junge Spieler vielleicht noch nicht so haben. Sie können zwar 90 Minuten Vollgas geben, womöglich fehlt es aber noch an der Effektivität.“ Acht Scorerpunkte bei 932 Bundesliga-Minuten sind ein sehr respektabler Wert, den auch Sven Mislintat, der erklärte Freund des Nachwuchses, zu schätzen weiß: „Sowohl als Startelfspieler als auch nach Einwechslungen hat er eine große Wichtigkeit für unser Spiel.“
Interview mit Daniel Didavi, als er 2018 zum VfB Stuttgart zurückkehrte
„Der VfB wird immer mein Verein bleiben“
Die Vertragsverlängerung ist nun der nächste Schritt zum großen Happy End. Lange hatte Didavi der Argwohn vieler Fans begleitet – weil er ein Fußball-Feingeist und kein Arbeiter ist und weil er nach dem Abstieg 2016 zum VW-Konzernclub VfL Wolfsburg wechselte. Inzwischen aber hat er sich die Anerkennung des Anhangs zurückerarbeitet. Didavi ist einer von ihnen, daran lässt er keinen Zweifel. „Als Typ gehöre ich hier hin, ich könnte nicht zufriedener sein“, sagt er, „der VfB wird immer mein Verein bleiben.“