Im Psychiatrischen Landeskrankenhaus hat im März ein Patient einen anderen attackiert. Foto: Pascal Thiel

Im Wahn hat ein Patient im Winnender Schloss einen anderen angegriffen. Das Landgericht muss entscheiden, ob der 42-Jährige auf Dauer in der Psychiatrie bleibt.

Winnenden - „Ich habe einen Tremor. Vielleicht eine Nebenwirkung eines Medikaments“, erklärt der 42-jährige Beschuldigte, weshalb seine Hände so stark zittern. Die Füße hinter der Anklagebank des Stuttgarter Landgerichts tun es auch, man sieht es nicht, aber man hört es. Der Mann leidet an einer Form der Schizophrenie, die ihm vorgaukelt, Parasiten wollten seinen Körper übernehmen, Ungeheuer, die eventuell außerirdisch sein könnten.

Unter dem Einfluss dieser Wahnvorstellung hat er am 12. März einen anderen Patienten in der Winnender Klinik im Schloss attackiert. Bisher ist nicht geklärt, wie er zu der gläsernen Apfelsaftflasche gekommen war, mit deren abgeschlagenem Hals er den anderen am Kopf verletzte.

Psychose führt zu Gewalttat

Da der 42-Jährige unter dem Einfluss der Krankheit nicht Herr seiner Sinne war, verhandelt die 1. Strafkammer zwar wegen der Straftaten des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung, jedoch wird am Ende des Verfahrens keine Haftstrafe stehen, sondern die Entscheidung, ob der Mann dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht wird. Zurzeit ist er vorläufig im Psychiatrischen Landeskrankenhaus Weissenau bei Ravensburg untergebracht. Dort gefalle es ihm, sagte der Beschuldigte. „Wenn ich dauerhaft in der Psychiatrie bleiben muss, dann am liebsten dort.“

Es sei wohl eine Art Wahnvorstellung gewesen, die ihn zu der Tat getrieben habe, sagte der Mann, der nach zwei Jahren sein Studium wegen der Krankheit aufgeben musste. 1998 brach sie erstmals aus. „Ich habe viel Angst gehabt, dass ich von Parasiten, Außerirdischen oder Maschinen kontrolliert werde“, berichtete er dem Gericht.

Aufgrund seiner Krankheit habe er keine Ausbildung machen können. Er lebte bis Anfang dieses Jahres bei seinen Eltern. Sie und einige seiner Geschwister sind zum Prozess gekommen, um dem sanft und scheu wirkenden Mann beizustehen. Im Februar sei der Zustand immer schlimmer geworden. „Ich fürchte, den Verstand zu verlieren“, sagte er zu seinen Eltern und wünschte, in ein psychiatrisches Krankenhaus zu kommen. „Ich dachte, die Ärzte und Pfleger dort werden mir helfen .“

Glasflasche von Pizzaservice?

Durch einen 66-jährigen Mitpatienten fühlte er sich jedoch bedroht. Dieser wollte, so seine Wahnvorstellung, ihn „übernehmen“. Wie er an die Glasflasche gekommen ist – diese sind in der geschlossenen Abteilung aus Sicherheitsgründen tabu –, ist bis heute nicht geklärt worden. Der Beschuldigte sagt, ein anderer Patient habe sich eine Pizza bestellt und er sich mit einem Erdbeereis und dem Apfelsaft angeschlossen. Alles sei dann vom Pizzaservice angeliefert worden.