Für saubere Luft gehen Menschen wie hier im Mai 2014 am Neckartor auf die Straße Foto: Max Kovalenko

Bis 2021 sollen in Stuttgart EU-weit gültige Schadstoffgrenzwerte eingehalten werden. Eine Quelle für Feinstaub und Stickstoffdioxid ist bisher kaum im Blick: Kühllaster. Ein britisches Unternehmen will sie sauberer machen.

Stuttgart - Um die strafbewehrten Grenzwerte der EU endlich einzuhalten werden in der Landeshauptstadt diverse Stellschrauben angezogen. So sollen die beliebten Holzöfen bei Feinstaubalarm künftig kalt bleiben. Feinstaub entsteht aber nicht nur, wenn im Kaminofen die Scheite knacken. Gesundheitsschädlichen Staub und Stickstoffdioxid erzeugen zum Beispiel Kühltransporter selbst dann, wenn der Fahrzeugmotor nicht läuft, denn die mit Diesel betriebenen Klimageräte müssen die arktischen Temperaturen im Laderaum stetig sichern. 180 000 der rollenden Kühlboxen werden allein auf deutschen Straßen bewegt, ihre Zahl steigt.

Der Feinstaub aus diesen Kühleinheiten entspreche umgerechnet dem Betrieb von rund zehn Millionen Dieselautos mit, muss man heute sagen, funktionierendem Euro-6-Standard. Das hat die Universität Birmingham zusammen mit dem jungen britischen Technologieunternehmen Dearman errechnet. Über Umweltprobleme durch die Kühleinheiten habe bis vor kurzem niemand nachgedacht“, sagte Professor Toby Peters bei der Vorstellung der Studie, doch die Kühltechnik sei veraltet.

Von 2018 an sollen die neuen Motoren produziert werden

Die Briten beschreiben aber nicht nur das Problem, sie bieten auch eine Lösung an: einen von dem Erfinder Peter Dearman entwickelten Kolbenmotor. Der läuft im Testbetrieb auf der Insel, und zwar mit flüssiger Luft (flüssig bei minus 195 Grad) oder flüssigem Stickstoff – Medien, die als Energiespeicher eingesetzt werden.

Dearman will die Idee vom abgasfreien Kühlaggregat auf die Straße bringen und sucht dazu Partner. Das können für weitere Tests Supermarktkette wie Lidl oder Aldi mit ihren Flotten sein, aber auch Städte. Für Pilotfahrzeuge sei an Kooperationen mit Universitäten gedacht. Der Motor könne 2018 in Serie gehen, 10 000 Einheiten pro Jahr könnten zunächst produziert werden, sagen Tim Fox und Laura Gilmore in Stuttgart. Sie wollen Kooperationspartner zur weiteren Forschung und Produktion gewinnen, besuchen dazu Lastwagen-, Aufbau- und Gashersteller und betreiben Lobbyarbeit für die seit 2011 bestehende Firma mit 60 Beschäftigten. „Es werden viele Partner gebraucht“, in Stuttgart finde sich ein hohes Niveau in Forschung und Produktion, sagt Gilmore. Das Geschäft mit der schadstofffreien Kälte könne dank großer Märkte wie China wachsen. In Europa sollen die Abgasgesetze weiter verschärft werden – und vielleicht bald auch für Kühlaggregate gelten.