E-Autos bestimmen in Oslo schon lange das Straßenbild. Foto: imago/ stock

Nirgendwo in Europa liegt der Anteil vollelektrischer Autos höher als in Norwegen. 80 Prozent der 2022 neuzugelassenen Pkw waren emissionsfrei. Was kann Deutschland davon lernen?

Der Vergleich mit China hilft nicht weiter. Wird doch die E-Autoindustrie dort staatlich gelenkt und ist schon vor Jahren zu einem Projekt von höchstem staatlichen Interesse ausgerufen worden. Das lässt sich die chinesische Regierung Summen kosten, die außerhalb europäischer Vorstellungskraft liegen. Die enormen Subventionen führte Chinas E-Autoindustrie technologisch an die Spitze und drückte gleichzeitig den Preis für die heimischen Fahrzeuge. Das macht in Summe für das Jahr 2022: 6,5 Millionen Neuzulassungen an vollelektrischen Pkw und Plug-in-Hybride, was einen weltweiten Anteil von 61 Prozent entspricht. Auf diesem Weg wird die Mobilitätswende in Rekordtempo vollzogen.

 

Von Deutschland aus ist der Blick nach China aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen nicht zielführend. Ganz anders sieht es aus, wenn man nicht den fernen Osten sondern den nahen Norden als Vergleich heranzieht. Dort nämlich hat sich Norwegen zum europäischen Mekka der Elektromobilität entwickelt.

Ein Preisnachlass in Höhe von 25 Prozent

In Norwegen geht die staatliche Betonung des Klimaschutzes als Regierungsziel Hand in Hand mit besonderen Anreizen für den E-Auto-Kauf. Bis Ende 2022 waren dort Elektrofahrzeuge von der 25-prozentigen Mehrwertsteuer komplett befreit. Dazu kommt eine hervorragend ausgebaute Ladeinfrastruktur auch in den ländlichen Gebieten, an der sich der Staat beteiligt hat. Im Zusammenspiel haben diese Maßnahmen dazu geführt, dass der Anteil der Neuzulassungen von emissionsfrei betriebenen Fahrzeugen 2022 bei 79,3 Prozent lag. Das könnte die interessante Folge haben, dass in Norwegen ausgerechnet ein nicht zur Europäisches Union gehörendes Land als Erstes vorzeitig das EU-Klimaziel erreichen wird. Dieses sieht für das Jahr 2035 vor, dass Neuwagen kein CO2 mehr ausstoßen dürfen .

Diese grüne Null zu erreichen, stellt für Deutschland derzeit eine kniffligere Aufgabe dar. Liegt der Anteil von emissionsfreien Pkw bei den Neuzulassungen derzeit bei vergleichsweise niederen 17,7 Prozent. Womit man im EU-internen Ranking dennoch zusammen mit Frankreich und den Niederlanden an der Spitze steht. In diesen drei Ländern liegt die Förderung beim Kauf auch am höchsten – und zwar zwischen 4000 und 5000 Euro.

Der Strompreis als Argument

„Dort, wo es die größten Anreize gibt, setzt sich die E-Mobilität auch am schnellsten durch“, sagt der Skoda-Chef Klaus Zellmer beim Blick auf das elektromobile Wunderland Norwegen. Dort hat es im Jahr 2022 auf einen mit 50 000 Euro gelisteten rein elektrisch betrieben Wagen einen Nachlass von 12 500 Euro gegeben, während es in in der Skoda-Heimat Tschechien gerade einmal 60 Euro waren. Eine entsprechend kleine Rolle spielt dort auch derzeit der E-Antrieb.

Dagegen herrscht in Norwegen ein regelrechter Boom. Ob dieser auch anhält, nachdem die staatliche Förderung für 2023 teilweise gekürzt worden ist? Beim Kauf eines Elektro-Autos über 49 000 Euro (500 000 Kronen) wird jetzt nur noch die Hälfte der Mehrwertsteuer zurückerstattet. „Wir werden weiterhin diejenigen stark unterstützen, die sich ein normales Elektroauto kaufen möchten“, sagt Norwegens Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum: „Wer sich aber für die teuersten Autos entscheidet, kann auch einen Teil der Mehrwertsteuer an die Gemeinschaft zahlen.“

Es gibt in Norwegen noch einen Faktor, der dem E-Auto den Weg ebnet. Das riesige Angebot an erneuerbaren Energiequellen, wie die Wasserkraft, mit denen der gesamte Strombedarf des Landes gedeckt werden kann. Der niedrige Strompreis ist ein weiteres norwegisches Argument für die E-Mobilität. Auch damit kann Deutschland nicht dienen.