Ein Polizist wacht über die Einhaltung des Fahrverbots in Paris. Foto: AP

In Paris dürfen an diesem Montag nur Elektrofahrzeuge auf die Straße – und Autos mit bestimmten Nummernschildern.

Paris - Wer am Wochenende vom Montmartre-Hügel aus einen Blick über die Dächer von Paris genießen und sich anhand der wichtigsten Sehenswürdigkeiten orientieren wollte, brauchte scharfe Adleraugen. Mühsam kämpften sich der Montparnasse-Turm und der Eiffelturm, die beiden höchsten Bauwerke der Stadt, aus der Dunstglocke heraus. Das Geschäftsviertel La Défense mit seinen Bürotürmen blieb in Umrissen erkennbar, ebenso wie die goldene Spitze des Invalidendoms. Der Rest versank in einer zähen Smog-Brühe: In der französischen Hauptstadt hat die Verschmutzung durch Feinstaub beunruhigende, da sichtbare Ausmaße angenommen.

Die Pariser Beobachtungsstelle für Luftqualität gibt eine erste Warnung bei mehr als 50 Mikrogramm Feinstaub-Partikel pro Quadratmeter Luft aus. Am vergangenen Mittwoch wurde sogar die kritische Schwelle von 80 Mikrogramm überschritten. Daher kündigte Bürgermeisterin Anne Hidalgo an, den Autoverkehr in der französischen Hauptstadt Paris und den ganzen Ballungsraum Ile-de-France, der sie umgibt, an diesem Montag drastisch einzuschränken.

Fahrerlaubnis bekommen nur Fahrzeuge, deren Kennzeichen mit einer ungeraden Ziffer enden. Ausnahmen gelten für elektrisch oder hybrid betriebene Fahrzeuge, solche mit mindestens drei Passagieren, Taxis, Fahrschulen, Kühlwagen und Not-Einsatzfahrzeuge sowie im Ausland zugelassene Gefährte.

Schwertransporter müssen den Großraum Paris umfahren, es herrschen Geschwindigkeitsbeschränkungen, Industriebetrieben ist das Abbrennen von Material verboten, und bereits seit Freitag sind die öffentlichen Verkehrsmittel im Großraum Paris gratis.

Zuletzt war in Paris im März 2014 ein Fahrverbot angeordnet worden

Ein sogenanntes alternierendes Fahrverbot war zeitweise auch schon im Jahr 1997 und im März 2014 in Kraft getreten, als die Feinstaubbelastung in Paris ebenfalls unerträglich wurde. Vor einem Jahr blieb lautstarker Protest der Autofahrer aus. Und die Maßnahme erwies sich als effektiv: Infolge des um 18 Prozent verringerten Verkehrs an einem Tag sanken laut Airparif die Feinstaub-Konzentration in der Luft um 15 Prozent und die von Stickstoffdioxid um 20 Prozent.

Dennoch ging dem Beschluss zum Fahrverbot diesmal ein handfester politischer Streit voraus – dicke Luft herrschte nicht nur in der Stadt, sondern auch zwischen Hidalgo und Umweltministerin Ségolène Royal. Schon vor Tagen hatte die Rathauschefin, die mit den Grünen koaliert und den Kampf gegen die hohe Umweltbelastung zur Chefsache gemacht hat, zunächst beim Präfekten von Paris, dann beim Umweltministerium Fahrbeschränkungen gefordert.

Luftverschmutzung kostet jährlich 42 000 Menschen das Leben

Royal aber erklärte, sie wolle erst eine Expertenrunde anhören. Den Vororten sei keinesfalls „unvernünftig und vorschnell“ eine solche Plackerei zuzumuten. Was sie lieber verschwieg, war die Befürchtung der Sozialisten in der Regierung, die erwartbare Schlappe bei der ersten Runde der Departementswahlen am Sonntag durch eine unpopuläre Entscheidung noch zu vergrößern.

Doch in Paris wurde nicht gewählt. „Über die Gesundheit der Pariser lässt sich nicht verhandeln“, erklärte Hidalgo über den Kurznachrichtendienst Twitter. Die grünen Mitglieder des Pariser Stadtrates drohten sogar, den Staat zu verklagen, weil er die Menschen in Gefahr bringe.

Tatsächlich heißt es, die starke Luftverschmutzung, die Krebs oder Erkrankungen der Atemwege oder Herzgefäße hervorrufe, habe jedes Jahr den verfrühten Tod von 42 000 Menschen zur Folge. Die Kosten der Behandlung der Gesundheitsschäden werden auf jährlich 825 Millionen bis 1,7 Milliarden Euro geschätzt.