Ein Mann aus Winzerhausen hat sich am Freitag vor dem Landgericht erklären müssen. Foto: Schaewen

Das Landgericht Heilbronn befasst sich mit einem 79-Jährigen, der nach einem Unfall bei Holzweilerhof, durch den ein Radler schwer verletzt wurde, nach Hause fuhr.

Großbottwar - Der Unfall hat sich an einem Winterabend in der Dunkelheit ereignet. Ein 79-jähriger Mann traf sich am 31. Januar vorigen Jahres mit einem Freund in einem Gasthof in Mundelsheim. Danach fuhr er mit dem Auto auf der Landesstraße vom Autobahnzubringer in Richtung Winzerhausen nach Hause. Nach eigenen Angaben hatte er zwischen 16 und 18 Uhr zwei Bier mit jeweils 0,33 Liter getrunken und dazu einen Rostbraten verspeist. Und dann passierte es: Als er gegen 18.45 Uhr auf der Landesstraße zwischen Holzweilerhof und Winzerhausen in eine Senke fuhr, habe er plötzlich einen Radfahrer vor sich gesehen und ihn mit beinahe voller Geschwindigkeit getroffen, gab der Rentner am Freitag vor dem Landgericht in Heilbronn zu.

Angeklagt ist der Mann aus Winzerhausen aber nicht, weil er den heute 49-jährigen Radfahrer angefahren hat, sondern weil er ihn auf der Straße liegen gelassen haben soll. Versuchter Mord lautet deshalb die Anklage. „Sie sind Herr über Leben und Tod, wenn sie jemanden auf der Straße liegen lassen“, machte der vorsitzende Richter Roland Kleinschroth dem 79-Jährigen klar. Dieser gab zu, unaufmerksam gewesen zu sein. Er dachte, er habe den Radfahrer nur gestreift. „Ich bin im Schock einfach weitergefahren – ich weiß nicht warum.“

Das Unfallopfer war nach dem Aufprall 25 Meter nach vorne geschleudert worden. Dabei erlitt der Mann einen Oberschenkelhalsbruch und Rippenprellungen, er wurde von zwei Autofahrerinnen gefunden. „Ich habe großes Glück gehabt, es hätte mir mehr passieren können“, sagte der arbeitslose Maler vor Gericht. Er habe erst wenige Tage vor dem Prozess vom 79-Jährigen einen Brief mit der Bitte um Entschuldigung erhalten. Der Rentner wiederum gab an, er habe sich eher entschuldigen wollen, den Mann aber wegen dessen Reha und Umzug nicht finden können.

Nur knapp sei das Opfer während des Unfalls mit dem Kopf an Autoteilen und einer Bordsteinkante vorbei gestürzt, bestätigte später der Sachverständige Andreas Förch, der die Geschwindigkeit des Autos anhand einer Computersimulation auf 70 Stundenkilometer und die des Fahrrades auf etwa 30  Stundenkilometer schätzte. Nicht mehr bestimmbar sei, ob der Radfahrer wenigstens eines seiner beiden Rücklichter eingeschaltet hatte.

Zu Hause habe er nur noch apathisch im Sessel gesessen, erzählte der 79-Jährige, der in seinem Leben bereits an zwei tödlichen Autounfällen beteiligt war und 1982 eine Haftstrafe kassiert hatte, weil er im betrunkenen Zustand mit einem ebenfalls alkoholisierten Motorradfahrer kollidiert war. Er stellte sich nach dem neuesten Unfall erst, nachdem sein Sohn einen Pressebericht gelesen und mit der Mutter auf ihn eingewirkt hatte. Die Polizei hätte sonst in Winzerhausen 18  Opel geprüft, da sie am Unfallort einen Blinkeraufsatz mit Herstellernummer gefunden hatte. Die Polizisten beschrieben die Familie des Mannes als freundlich und kooperativ. Den Führerschein werde er abgeben, versprach der reuige Rentner.

Der Gerichtsmediziner geht wegen „kognitiver Einschränkungen“ von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Der Richter legte dem 79-Jährigen nahe, seinem Unfallopfer finanziell entgegenzukommen. Der Strafprozess soll am kommenden Freitag mit dem Urteil enden.