CDU-Bezirksbeirat Ernst Strohmaier (links) und SPD-Stadträtin Monika Wüst (rechts) streiten über die Lage im Fall der Villa Berg. Foto: Leif Piechowski

Noch vor Jahresende möchte die Stadtverwaltung über den Erwerb der historischen Villa Berg und der alten Fernsehstudios im Park verhandeln. Ihre Gesprächspartner sind Insolvenzverwalter der Unternehmensgruppe Häussler.

Stuttgart - Die Stadtverwaltung müsse die Rettung der zusehends verfallenden Villa Berg endlich vorantreiben, hatten mehrere Gemeinderatsfraktionen gefordert. Sie müsse den Plan des Düsseldorfer Projektentwicklers PDI durchkreuzen, anstelle der alten Fernsehstudios im Park der Villa Berg Wohnungen zu errichten. Die Antwort darauf liegt den Stadträten seit Dienstag auf dem Tisch: eine Beschlussvorlage, mit der Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) vom Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss will.

Die Stadträte sollen den Erwerb der Grundstücke gutheißen, den mittelfristigen Rückbau der Studios, die Übernahme der Tiefgarage im Park für die künftige Nutzung der Villa Berg und für Anwohner im Stuttgarter Osten. Außerdem sollen sie die Verwaltung mit Verhandlungen bei den Insolvenzverwaltern der Häussler-Gruppe beauftragen. Diese haben die Liegenschaften zwar schon an PDI verkauft, doch der Vollzug steht bis heute aus. Die Stadtverwaltung ist überzeugt davon, dass die Insolvenzverwalter und PDI ihren Vertrag zerreißen, wenn die Stadt das Baurecht für die Wohnungen verweigert. Und das soll mit dem Grundsatzbeschluss demonstriert werden.

Die Verwaltung glaubt fest daran, dass die Übernahme der Grundstücke gelingt. Was dies kosten dürfte, wird in der Vorlage nicht dargelegt – man will die Verhandlungsposition nicht schwächen. Die Verwaltung rechnet lediglich die möglichen Folgekosten vor: Die Sanierung der denkmalgeschützten Villa dürfte etwa zehn Millionen Euro kosten, der Rückbau der Studios rund 3,2 Millionen. Zusammen mit der Sicherung des Hangs, dem Rückbau von Zufahrten und Wegen sowie der Modellierung und Bepflanzung des Geländes erhöhe sich der Betrag auf rund 4,6 Millionen Euro. Wirklich belastbare Zahlen erhalte man aber erst, wenn man die Schäden in der Villa genau geprüft habe. Die Kosten für die künftige Nutzung des Denkmals kommen noch obendrauf. Andererseits erwartet sich die Verwaltung Zuschüsse von Bund und Land für die Villa von 5,1 Millionen Euro und von etwa 2,8 Millionen Euro für den Rückbau der Studios. Die Gelder will man sich erschließen, indem das städtebauliche Sanierungsgebiet Stuttgart 29 um den Park erweitert wird. Außerdem will die Verwaltung den Betriebshof des Gartenamtes am Parkrand in der Sickstraße zur Bebauung mit 60 bis 70 Wohnungen räumen und sich so Grundstückserlöse verschaffen.

„Wir wollen die Grundstücke erwerben und die Villa sanieren“

Das Schicksal der Villa bewegt auch die Gemüter der Deutschen Jugend aus Russland, schließlich war sie Sommerresidenz des württembergischen Kronprinzen Karl und seiner Gattin Olga, einer Zarentochter. Deshalb luden die jungen Leute am Montagabend zum Protest vor der Villa den Berger Bezirksbeirat Ernst Strohmaier (CDU). Dabei kam es zu einem Disput mit Stadträten.

Etwa 50 Demonstranten entfalteten Transparente mit Aufschriften wie „Villa Berg den Bürgern“ oder „Keine geschlossene Gesellschaft“. „Wir wollen die Initiative ‚Occupy Villa Berg‘ des Musikers Thorsten Puttenat unterstützen“, sagte Strohmaier. Die CDU im Bezirksbeirat Ost habe mit Unterstützung der Linken die Beteiligung der Bürger beantragt. Sie sollten entscheiden, wie die Villa genutzt werde: „Wir wollen keine Institution, die das Gebäude zweckgebunden vereinnahmt.“ Vor allem, sagte Strohmaier, solle die Villa kein Geschenk an die Merz-Akademie werden. Auf seinen Vorwurf, SPD, FDP und Grüne im Rathaus hätten sich auf die Merz-Akademie festgelegt, wurde es laut. „So eine Lüge müssen wir uns nicht gefallen lassen“, rief Jörg Trüdinger, SPD-Sprecher im Bezirksbeirat.

Monika Wüst, die als Stadträtin für die SPD den Stuttgarter Osten betreut, versuchte die Wogen zu glätten: „Wir wollen die Grundstücke erwerben und die Villa sanieren.“ Danach müsse über den Verwendungszweck entschieden werden. Dafür sollten bei einer Bürgerbeteiligung Vorschläge kommen. „Wir nehmen Sie beim Wort, denn wir wollen nicht, dass Unternehmen reinkommen“, entgegnete Strohmaier. Dies gelte auch für ein kommunales Kino oder ein Medienhaus. „Auch bei einer solchen Nutzung wären einige Vereine dabei“, konterte Wüst.