Bodo Th. Bölzle, Präsident von Südwesttextil Foto: Südwesttextil

Risiken durch Rohstoffkosten und die Karstadt-Krise trüben die Stimmung bei den Textilunternehmen in Baden-Württemberg. Fürs Gesamtjahr rechnet der Verband Südwesttextil dennoch mit einem Umsatzplus von zwei Prozent auf etwa sieben Milliarden Euro.

Stuttgart - Viel verspricht sich die baden-württembergische Textil- und Bekleidungsindustrie von den technischen Textilien, bei denen man Weltmarktführer ist und die mittlerweile fast die Hälfte der Gesamttextilproduktion in Deutschland ausmachen. Dazu zählt beispielsweise das Flies, das auf Autobahnen zum Einsatz kommt, genauso wie die textilen Gewebe für Abwasserrohre oder die Isolierung von Kraftwerken.

Wenn Bodo Bölzle (51) über die Branche spricht, leuchten seine Augen angesichts der innovativen Produkte. Der Chef des Nähgarnherstellers Amann Group in Bönnigheim (Kreis Ludwigsburg) ist im Juni als Präsident an Südwesttextil-Spitze gerückt.

Sorgen bereiten ihm Preiserhöhungen von Farbstoffen teils von mehreren 100 Prozent, unter denen vor allem Hersteller von Automobiltextilien leiden. Weil weltweit Produktionskapazitäten für Farbstoffe fehlen drohe gar die Lieferkette abzureißen. Manchen Betrieb könnte das die Existenz kosten.

Ein weiteres Sorgenkind ist Karstadt. Wenn ein solches Kaufhaus aus der Innenstadt verschwinden sollte, bräche ein wichtiger Umsatzanteil der Bekleidungsfirmen weg, sagte Bölzle. Hersteller von Wäsche sowie Damen- und Herrenbekleidung fürchten, dass von ihnen massive Preisnachlässe gefordert werden könnten, die sie nicht verkraften. Baden-Württemberg bezeichnete Bölzle auch als das Land der Sportbekleidung. Gerade im Anschluss an die Fußball-WM machte er klar, dass es nicht nur Milliardenkonzerne wie Puma oder Adidas gebe, sondern auch Sportmodenhersteller im Land – etwa Erima (Pfullingen), Reusch (Reutlingen) oder Uhlsport (Balingen).

Die Bekleidungsindustrie hat 2013 beim Umsatz um zwei Prozent auf 4,8 Milliarden Euro zugelegt. Den Löwenanteil davon machte allerdings Hugo Boss mit 2,4 Milliarden Euro Umsatz aus – ohne diesen lag das Plus nur bei 0,3 Prozent. Insgesamt erwirtschaftete die Branche mit Haus- und Heimtextilien, Bekleidungstextilien sowie technische Textilien, 2013 ein Umsatzplus von drei Prozent auf 6,95 Milliarden Euro. Die Zahl der Beschäftigten in den rund 200 Betrieben stieg um zwei Prozent auf gut 24 500.

Nach einem guten Start Anfang des Jahres hat sich die Stimmung in der Branche abgekühlt. Als Gründe nannte Bölzle geringere Umsätze im Inland und eine gesunkene Kapazitätsauslastung der Unternehmen. Positive Impulse erhofft man sich vom Ausland – auch wenn die Krim-Krise im wichtigen Russlandgeschäft Bremsspuren hinterlassen hat.

Von der Einführung eines einheitlichen Textilsiegels, das Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vorschwebt, um nachhaltige Produktion und Arbeitsbedingungen im Ausland zu fördern, hält Bölzle nichts. Ein „Alibi-Siegel“, das nicht kontrollierbar sei. Viele Probleme vor allem in asiatischen Produktionsländern ließen sich nicht von Deutschland aus lösen. Fehlendes Verantwortungsbewusstsein sieht er nicht bei Mittelständlern, sondern bei den großen Handelsketten. Auch bei Verbrauchern, die eine Billigjeans für elf Euro kauften, müsse sich das Bewusstsein ändern, sagte Bölzle.