Die ehemalige Umwelt- und Verkehrsministerium ist im Gespräch Foto: dpa

Ex-Umweltministerin Tanja Gönner ist auf dem Absprung auf die Bundesebene.

Stuttgart/Berlin - Es war im Januar 2011. Tanja Gönner hatte sich gerade bei der Schlichtung zum Milliardenprojekt Stuttgart 21 bundesweit einen glänzenden Ruf erarbeitet, war eine der engsten Vertrauten von Ministerpräsident Mappus und wurde regelmäßig für neue Aufgaben gehandelt – mal als Kandidatin für die Stuttgarter Oberbürgermeisterwahl, mal als neue Bundesumweltministerin. Aber Gönner erteilte allen Spekulationen eine Absage. Sie wolle nicht weg aus dem Land, schon gar nicht in eine Stadt. „Ich bin eine bekennende Landpomeranze und beabsichtige, dies auch zu bleiben.“ Nun, ein Jahr später, sieht alles nach einem Abschied aus. Gönner wird als neue Leiterin der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), der größten deutschen Entwicklungshilfeorganisation, gehandelt.

Noch ist die Entscheidung nicht gefallen. Aber alles deutet darauf hin, dass die Politikerin aus Sigmaringen den Job bekommt. Ihre Chancen, so hieß es am Montag aus der CDU-FDP-Bundesregierung, seien „sehr gut“. Zum einen ist festgelegt, dass der bisher siebenköpfige Vorstand der GIZ auf fünf Personen verkleinert werden soll und dabei mindestens zwei Frauen darin vertreten sein müssen, nachdem der Vorstand zuletzt ausnahmslos aus Männern bestanden hatte. Fakt ist: Neben Gönner soll auch die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Karin Kortmann (SPD), in de n Vorstand berufen werden. Zum anderen ist der bisherige Vorsitzende des Vorstands in Person von Bernd Eisenblätter ein CDU-Mann. Er geht zum 1. Juli dieses Jahres in den Ruhestand. Aber auch künftig soll an der Spitze der GIZ jemand mit CDU-Parteibuch stehen.

Merkel soll sich für Gönner eingesetzt haben

Nach Recherchen unserer Zeitung haben sich deshalb sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Unionsbundestagsfraktionschef Volker Kauder – beides enge Vertraute von Gönner – für die Berufung der Ex-Ministerin eingesetzt. Sie selbst bestätigte am Montag auf Anfrage unserer Zeitung ihr Interesse an der neuen beruflichen Station: „Es wäre eine reizvolle Aufgabe, aber die Entscheidung liegt nun beim Aufsichtsrat.“ Der tagt am 26. März. Die GIZ selbst lehnte am Montag jegliche Stellungnahme ab. „Wir kommentieren Personalangelegenheiten nicht“, sagte eine Sprecherin am GIZ-Sitz in Eschborn.

Offiziell gilt das Rennen um den Posten des Vorstandssprechers trotz der Favoritenposition von Gönner als noch nicht gelaufen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Binding, Mitglied im GIZ-Aufsichtsrat, betonte am Montag, das Bewerbungsverfahren laufe noch. „Nichts ist beschlossen“, sagte Binding unserer Zeitung. Der SPD-Politiker gehört der Findungskommission für einen neuen GIZ-Vorstand an, die diesen Dienstag tagt. Zu dem Gremium gehören neben Binding auch Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär im Entwicklungshilfeministerium, sowie zwei Arbeitnehmervertreter aus der GIZ.

Ein Headhunter-Unternehmen soll bei dieser Sondierungssitzung Vorschläge für die Neubesetzung des GIZ-Vorstandes vorlegen. „Wenn es ausgemachte Sache wäre, dass Tanja Gönner Chefin der GIZ würde, dann wäre dies jedenfalls nicht in einem demokratisch legitimierten Gremium beschlossen worden“, sagte Binding. Die Opposition im Bundestag hatte Ende Januar Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) vorgeworfen, sein Ministerium mit Parteifreunden zu „durchsetzen“. Bewerbungsverfahren hätten nur zum Schein stattgefunden. Die GIZ gehört zum Zuständigkeitsbereich des Entwicklungshilfeministers.

Abschied aus der Politik

Sollte Tanja Gönner den GIZ-Vorstandschefsessel erhalten, würde sie den Karriereschritt vollziehen, um den sie sich in den vergangenen Monaten vergeblich bemüht hatte – nun aber außerhalb der Tagespolitik. Unmittelbar nach der verlorenen Landtagswahl hatte die 42-jährige Juristin noch versucht, Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion zu werden, scheiterte aber an Amtsinhaber Peter Hauk. Daraufhin gab sie ihren Plan auf, CDU-Landesvorsitzende zu werden. Im Herbst hatte sie dann versucht, Vorsitzende des CDU-Bezirksverbands Württemberg-Hohenzollern zu werden. Auch das misslang. „Ich überlege mir, wie es weitergeht“, hatte sie damals gesagt und einen Abschied aus der Politik nicht mehr ausgeschlossen. Sie blieb aber in der Politik, behielt ihr Landtagsmandat im Wahlkreis Sigmaringen und wurde Vorsitzende im Wirtschafts- und Finanzausschuss des Landtags. Sollte sie zur GIZ wechseln, wird sie das alles aufgeben müssen.