Mischt sich massiv in die deutsche Energiepolitik ein: Richard Grenell, Botschafter der USA in Berlin. Foto: dpa

US-Botschafter Richard Grenell macht in Deutschland weiter Stimmung gegen das deutsch-russische Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2. Das geht entschieden zu weit, meint StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart. - Jetzt ist aber gut! Niemand hat Richard Grenell, den Botschafter der USA, dazu berufen, Deutschland zu lenken. Sollen die in zwei Trump-Jahren zum Schaden beider Seiten immer wieder belasteten deutsch-amerikanischen Beziehungen nicht zusätzlich leiden, täte Grenell gut daran, sich im Erteilen von Anweisungen zu zügeln. Sich also endlich wie ein Botschafter aufzuführen und nicht wie ein Elefant im Porzellanladen.

Freche Drohung

Frech hat Grenell deutschen Firmen mit Sanktionen gedroht. Jüngst für den Fall, dass sie sich weiter am deutsch-russischen Erdgaspipeline-Projekt Nord Stream 2 in der Ostsee beteiligen. Das ist übergriffig. Und keinesfalls hinnehmbar.

Zweifel mögen angebracht sein, wie sinnvoll es ist, dass Nord Stream 2 Deutschlands Abhängigkeit vom Energielieferanten Russland nochmals erhöht. Zumal die Regierung Putin mit solchen Abhängigkeiten Druck und Politik macht. Und selbstverständlich sollte die Bundesregierung Sorgen und Anliegen betroffener Verbündeter und Anlieger wie Dänemark oder Polen in ihre Entscheidungen über Nord Stream 2 einbeziehen.

Schon einmal mit Deutschland beschäftigt?

Ein Botschafter aber, der sich schon mal kurz mit seinem Gastland beschäftigt hätte, wüsste: All dies ist hier bekannt. Ebenso, wie wichtig es ist, der russischen Aggression gegen die Nachbarin Ukraine von Seiten der EU und der Nato geschlossen und fest entgegenzutreten. Nicht von ungefähr tragen Bundestag, Regierung und Unternehmen die EU-Sanktionen gegen Russland konsequent mit, obwohl sie die deutsche Wirtschaft besonders hart treffen. Auch wie die Bundeswehr erheblich dazu beiträgt, dass die Nato Abwehrbereitschaft an ihrer Ostgrenze demonstriert, kann Grenell nicht ganz entgangen sein. Umso peinlicher wirkt sein Gepolter.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de