Die Reinigungsbranche ist hart umkämpft. Zwei Firmenchefs sind jetzt in Stuttgart wegen Steuerbetrugs verurteilt worden. Foto: dpa-Zentralbild

Der Chef eines Fachbüros in Stuttgart rechnet seine Kunden vor dem Fiskus arm. Mit 811 gefälschten Rechnungen minderte er den Umsatz der Firmen seiner Kunden aus der Gebäudereinigungsbranche und prellte so das Finanzamt. Jetzt sind er und zwei seiner Kunden verurteilt worden.

Stuttgart - Mangelnden Fleiß kann man dem 39 Jahre alten Diplomkaufmann nicht vorwerfen. Weil er als Inhaber eines Lohn- und Steuerbuchhaltungsservice Kunden mit Hunderten Scheinrechnungen mehr oder weniger armgerechnet und so das Finanzamt betrogen hat, ist der Mann vom Landgericht Stuttgart wegen Steuerhinterziehung und Urkundenfälschung zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis mit Bewährung verurteilt worden. Zwei seiner mitangeklagten Kunden kamen ebenfalls mit Bewährungsstrafen davon.

Die Erleichterung, nicht hinter Gitter zu müssen, war einem der Kunden bei der Urteilsverkündung unschwer anzusehen. Der 33-Jährige aus dem Kreis Esslingen, für den die Staatsanwältin immerhin drei Jahre Gefängnis beantragt hatte, wischte sich den Schweiß von der Stirn und sank in sich zusammen. „Alle drei Angeklagten haben klare und deutliche Geständnisse abgelegt. Das war die Grundlage für die Bewährungsstrafen“, so Hans-Jürgen Wenzler, Vorsitzender Richter der 20. Wirtschaftsstrafkammer.

Die Kunden kommen aus dem Reinigungssektor

Der 39-jährige selbstständige Kaufmann mit Büro in Stuttgart betreut nach eigenen Angaben vor allem türkische Landsleute aus allerlei Branchen, vornehmlich aber aus dem Gebäudereinigungssektor. Seine beiden Mitangeklagten betreiben Reinigungsfirmen, die meist als Subunternehmer agieren. „Die Gebäudereinigung ist ein hart umkämpfter Markt, auf dem meist nur der Billigste zu Zug kommt“, so der Richter. Da komme man als Unternehmer schnell auf die Idee, Steuern zu sparen. Vor allem bei der Umsatzsteuer sei die Dunkelziffer hoch. Hier würden bundesweit pro Jahr mehrere Milliarden Euro an Steuern hinterzogen. „Und auf diesem Feld haben die Angeklagten in kleinem Rahmen ihr Süppchen gekocht“, so Richter Wenzler. Insgesamt sollen die drei Männer den Fiskus zwischen 2011 und 2014 um rund eine halbe Million Euro geprellt haben.

Unklar bleibt, wer die treibende Kraft war

Der Kaufmann hatte die Buchführung der Reinigungsfirmen mit gefälschten Rechnungen so manipuliert, dass die Steuerlast gemindert wurde. Ob dies von Anfang so geplant war, ist unklar geblieben. „Wer die treibende Kraft war, wissen wir nicht“, sagt der Richter. Letztlich sei der Steuerbetrug mittels Urkundenfälschung aber im Interesse aller gewesen. Die Firmenchefs, denen der Papierkrieg zu kompliziert und eher lästig war, mussten sich nicht mehr darum kümmern und sparten durch die kreativ-illegale Buchführung auch noch Steuern. Der Chef der Buchführungsfirma strich im Gegenzug Provisionen ein. Der Kaufmann hat für seine Kunden sage und schreibe 811 Scheinrechnungen gefertigt und in die EDV der Firmen eingebucht. So wurden Umsatz und Steuerlast gemindert.

Als beispielsweise dem mitangeklagten 32-jährigen Kunden aus dem Rems-Murr-Kreis im Oktober 2014 eine Steuerprüfung ins Haus stand, buchte der Steuerfachmann in der Nacht zuvor noch schnell 83 gefälschte Rechnungen ein, um den tatsächlichen Umsatz zu mindern. Gegen mindestens drei weitere Kunden des Buchhaltungsfirmenchefs wird derzeit noch gesondert ermittelt.