Ein 77-Jähriger aus Ludwigsburg muss zehn Jahre in Haft, weil er seine Frau erschlagen hat. Foto: dpa

Das Landgericht Stuttgart verurteilt einen 77-Jährigen aus Ludwigsburg, weil er im Januar seine Frau mit einem Brecheisen erschlagen hat. Als Motiv gilt ein jahrelanger Ehestreit.

Ludwigsburg - Regungslos nimmt der Mann die Botschaft auf, dass er das Gefängnis vielleicht nicht mehr lebend verlassen wird. Zehn Jahre Haft wegen Totschlags: dieses Urteil verkündet die Vorsitzende Richterin Regina Rieker-Müller am Mittwoch im Stuttgarter Landgericht. Angesichts des Alters seines Mandaten könnten schon fünf Jahre lebenlänglich bedeuten, hatte Stefan Holoch, der Verteidiger, in seinem Plädoyer gesagt und auf eine geringere Haftdauer gedrungen. Doch mit dem Spruch folgten die Richter den Forderungen der Staatsanwaltschaft.

Die Kammer sei zu der Überzeugung gekommen, dass der 77-jährige Ludwigsburger im Januar dieses Jahres seine Frau im gemeinsamen Haus in Pflugfelden mit einem Brecheisen erschlagen habe, sagte Rieker-Müller: „Weil sie Ihnen unerträglich geworden war.“ Mit „Vernichtungswillen“ habe der Angeklagte am Abend des Drei-Königs-Tages im Untergeschoss des Reihenhauses das Eisen genommen und seine Frau damit attackiert, während diese unter der Dusche stand. Mindestens zehn Mal schlug der Mann zu, neun Hiebe trafen den Kopf seiner drei Jahre jüngeren Ehefrau. Es sei ihm völlig klar gewesen, dass seine Frau eine solche Attacke nicht überleben könne, sagte die Vorsitzende.

Richter glauben nicht an Amnesie des Mannes

Einen Mord, wie von der Staatsanwaltschaft ursprünglich zugrunde gelegt, sah die Kammer allerdings nicht. Durch eine beginnende Altersdemenz sei dem ehemaligen Elektriker möglicherweise nicht klar gewesen, wie wehrlos seine Frau unter der Dusche war. Heimtücke als Mordmerkmal scheide daher aus.

Auch eine Tat aus Habgier konnte die Kammer nicht erkennen. Vielmehr habe der Senior aus Wut und Ärger über seine Frau getötet. Viele Zeugen hatten in den vergangenen Verhandlungstagen übereinstimmend von einer zerrütteten Ehe zwischen dem Angeklagten und seiner ehemaligen Jugendliebe berichtet. Seit vielen Jahren lebten die Eheleute daher auch getrennt unter einem Dach: das Opfer im Erdgeschoss, der 77-Jährige darüber. Zuletzt kommunizierten sie offenbar nur noch schriftlich miteinander – das aber in einem immer schärferen Ton.

Die Frau habe sich von ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn, der ebenfalls in dem Reihenhaus wohnt, ausgegrenzt gefühlt, sagte die Vorsitzende. Seit etwa einem Jahr habe sie daher finanzielle Forderungen gestellt. Den Unterhaltszahlungen sei der Angeklagte auch nachgekommen – „doch sie haben Sie sehr geärgert“. Am 26. Dezember 2015 soll die Ehefrau dann einen Brief geschrieben haben, in dem sie noch einmal Geld verlangte, sonst werde sie vor Gericht ziehen. Aus dem Ärger darüber sei während der Tat dann „Wut geworden“, meinte die Vorsitzende. Dies sei aus ihrer Sicht auch das Motiv.

Der Senior hatte während des Prozesses seine Schuld nie abgestritten, aber stets betont, sich an die entscheidenden Minuten jenes Januarabends nicht mehr erinnern zu können. Dies sei unglaubwürdig, befanden die Richter am Mittwoch. Vielmehr wolle sich der Mann nicht mit seiner Tat auseinandersetzen – oder er könne es nicht. Aufgrund seiner fortschreitenden Demenz und eines Hirninfarkts, der den Angeklagten vor vier Jahren traf, geht die Kammer aber von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Vielleicht habe er seine Wut nicht mehr kontrollieren können, erklärte Rieker-Müller. Schuldunfähig sei der 77-Jährige aber nicht. Auch das Alter des Mannes rechtfertige keine kürzere Haft.

DNA-Spuren sprechen gegen den Angeklagten

Dass der Sohn des Paares, der damals die Polizei alarmiert hatte, seine Mutter erschlagen hat, wogen die Richter in den vergangenen Wochen ebenfalls ab. Man sei aber zu dem Schluss gekommen, dass der Elektriker nicht als Täter in Frage komme. Zum einen deuteten DNA-Spuren an dem Brecheisen auf den Angeklagten hin, zum anderen seien ähnliche Spuren auch an der Tatkleidung gefunden worden – und die gehöre ebenfalls eindeutig dem Verurteilten. „Es fehlt hier auch an einem Motiv“, sagte die Vorsitzende der Schwurgerichtskammer mit Blick auf den Sohn. Denn als Erbin hatte das Opfer ohnehin bereits die Enkelin bestimmt.