Berengar Weber bereitet die Jahrgärten vor und pflanzt erste Setzlinge. Foto: Max Kovalenko

Urbanes Gärtnern liegt im Trend. Jetzt schlägt der Biologe Berengar Weber (25) eine neuen Weg ein und vermietet Gemüseanbauflächen im Umland. Die Arbeit nimmt er den Pächtern ab: Die Felder sind bereits umgegraben und mit zertifiziertem Biogemüse bepflanzt.

Ostfildern/Denkendorf - Wer ganz genau wissen will, woher das Gemüse in seinem Kochtopf stammt, ist bei Berengar Webers Projekt Jahrgarten richtig. Auf seinen Pachtflächen am Rande von Denkendorf und beim Scharnhauser Park in Ostfildern können auch gärtnerische Laien beobachten, wie aus einem Samenkorn oder Setzling ein schöner Kopfsalat wird. Wer’s noch nicht weiß, wird lernen, dass Erbsen Rankpflanzen sind, und wird von den Zucchini auch mal die Blüten probieren. 100 Quadratmeter groß sind die Parzellen und ernähren eine vierköpfige Familie die ganze Saison über bis in den Herbst. Für Singles und Paare bietet Weber halbe Parzellen an.

Vorkenntnisse brauchen die Hobbygärtner keine. Längst hat Weber zusammen mit seinem Bruder Arian (23), der ökologische Agrarwissenschaften studiert, die Scholle umgegraben und die Erde feinkrümelig vorbereitet. Kleine Holzmarkierungen zeigen an, wo bereits ausgesät wurde. Rund 30 verschiedene Gemüsesorten und Kräuter von Basilikum bis hin zu Zwiebeln können die Pächter von Mai an ernten: Los geht’s mit Pflücksalat und Radieschen. Sobald die Pächter eine Reihe abgeerntet haben, dürfen sie nachsäen oder -pflanzen, nach eigenem Geschmack. Auf jeder Parzelle gibt es außerdem eine Wunschreihe, die die Nutzer von vornherein nach ihrem Gusto bepflanzen können.

So hält sich der Aufwand für die Pflege des eigenen Stückles gering. „Ein bis zwei Stunden pro Woche sind nötig“, sagt Weber. Die fallen an für das Unkrautjäten und Gießen und für Neuanpflanzungen. Die Setzlinge müssen dabei zwingend von einem biozertifizierten Händler stammen. Das verlangt der Verband Bioland, der das Projekt Jahrgarten unterstützt. Um den strengen Biokriterien gerecht zu werden, bleibt Kunstdünger absolut tabu. „Düngen müssen die Gärtner gar nicht“, sagt Weber. Vielmehr werde durch die geeignete Fruchtfolge sowie passende Nachbarschaft der Pflanzen darauf geachtet, dass sich Schädlinge und Krankheiten in Grenzen halten. Eine unabhängige Kontrollstelle überprüft die Einhaltung der Richtlinien. So wurde der Jahrgarten im Januar bereits von der Abcert AG in Esslingen überprüft. Laut Bioland ist Jahrgarten das erste Selbsternteprojekt in Baden-Württemberg in dieser Form.

Kinder an Gemüse heranführen

Obwohl Weber wenig Werbung gemacht hat, ist das Interesse an seinen Gartenflächen groß. In Ostfildern hat er etwa die Hälfte der rund 50 Ar großen Fläche bereits vermietet, in Denkendorf gibt es auf 40 Ar noch etwas mehr freie Anbauflächen. „Die halben Parzellen sind im Moment mehr gefragt“, stellt Weber fest. Womöglich wollen die Neueinsteiger erst mal klein anfangen. Webers Kundschaft ist bunt gemischt: Im Scharnhauser Park, wo viele junge Familien leben, werden sich auch viele Kinder auf den Feldern tummeln. Dieser Aspekt ist auch Jutta Schneider-Rapp von Bioland Baden-Württemberg sehr wichtig: „Unser Ziel ist, Kinder an Gemüse heranzuführen, so dass es ihnen auch schmeckt.“ Das sei einfacher, wenn sie die Pflanzen selbst pflegen und ernten.

Aber auch für Erwachsene ist der Erlebnisfaktor aus Berengar Webers Sicht groß: „Es macht doch Spaß, sich auszutauschen, alle haben ja das gleiche Hobby.“ Und im Internet hat Weber für seine Pächter ein Forum eingerichtet, in dem sie Gemüserezepte austauschen oder eine Urlaubsvertretung fürs Gießen suchen können .

Der Preis von 290 Euro pro Saison und Parzelle habe bisher niemanden geschreckt. „Die geerntete Ware hat etwa den doppelten Wert“, sagt Weber. Dann darf man die Eigenleistung nicht kalkulieren. Weber berät und unterstützt die Laien-Gärtner jedenfalls zweimal die Woche direkt auf dem Feld.

www.jahrgarten.eu