Der Regisseur Stephan Raab (links) und Danijel Marsanic bei einer Probe. Foto: Gottfried Stoppel

Ein Puzzle aus Gedanken und Geschichten, die in ihm geschlummert, gegärt, rumort haben hat der junge Schauspieler Danijel Marsanic mit Regisseur Stephan Raab zum Stück „Kistenweise Leben“ verarbeitet. Am Freitag feiert es im Waiblinger Schwanen Premiere.

Waiblingen - Irgendetwas habe ihm immer gefehlt bei der Schauspielerei, beim Schlüpfen in von außen vorgegebene Rollen, sagt Danijel Marsanic. „Ich wollte mehr in mir selbst suchen – was für Geschichten dort entstehen, was für Gedanken ich habe.“ Auch deshalb hat der heute 26-Jährige vor zwei Jahren der Schauspielschule Adieu gesagt und mischt nun viel mit bei der Freien Bühne Stuttgart. „Einfach so“ kam Danijel Marsanic dann tatsächlich eines Tages folgender Gedanke: „Ich hatte die Idee, dass ich eine Szene mit einer Kiste und einem Matrosen spielen will.“

Viel mehr wusste der junge Schauspieler da noch nicht. Doch er hatte Glück und begegnete Stephan Raab. Mit dem aus Innsbruck stammenden Regisseur und Dramaturgen, der mittlerweile in Stuttgart lebt und arbeitet, ist Danijel Marsanic auf einer Wellenlänge. Danijels große Stärke sei, dass er keinerlei Probleme damit habe, auf der Bühne zu stehen und eine Szene erst nach und nach zu entwickeln, sagt Stephan Raab.

Aus einer Szene wird ein Theaterstück

Genau das haben die beiden dann auch gemacht. „Der Text ist erst langsam gewachsen“, erzählt Regisseur Raab. Die Länge des Stücks ebenso: Was anfangs als eine zehnminütige Szene gedacht war, ist nun 70 Minuten lang – und ein Theaterstück, das genau das ist, was sich Danijel Marsanic immer gewünscht hat: Ein großes Puzzle aus Gedanken und Geschichten, die in ihm geschlummert, gegärt, rumort haben.

„Für mich ist das wie ein Kloß, der im Hals steckt und immer da ist“, sagt Danijel Marsanic über den Entstehungsprozess seines Ein-Mann-Stücks „Kistenweise Leben“. Bei jeder Probe sei der Kloß ein wenig kleiner geworden, ein Teil von ihm herausgekommen. Kein Wunder, dass Stephan Raab sagt, in den Szenen des Stücks steckten 100 Prozent von Danijel Marsanic drin.

„Viele Szenen gehen an Grenzen, davon lebt das Stück“, erzählt Raab. Er hatte bei diesem Spiel mit Fiktion und Realität, bei der sich nach und nach entwickelnden Vielfalt der Erzählstränge und Figuren die Aufgabe, alles zu sortieren und zu ordnen, zu bündeln und zu straffen. In fast einjähriger Arbeit sei so „ein Psychogramm eines jungen Menschen in unserer heutigen Gesellschaft entstanden“, sagt Raab. Denn obgleich es Danijel Marsanics ganz persönliche Gedanken öffentlich macht, erzählt es gleichzeitig von Erfahrungen, die wohl jeder kennt: Frust über den Alltag, das Gefühl, in einem Hamsterrad zu stecken, ohne Aussicht auf Selbstverwirklichung. Manches im Stück erinnere an alte Mythen, sagt Stephan Raab – etwa an Sisyphos, der zur Strafe für alle Ewigkeit einen Felsblock einen Berg hinaufwälzen muss, der, fast am Gipfel, jedes Mal wieder ins Tal rollt.

Ein-Mann-Theater ist harte körperliche Arbeit

Auch für Danijel Marsanic bedeutet das Stück harte körperliche Arbeit. Ganz allein muss er abwechselnd mehrere Figuren verkörpern, von einer Sekunde zur nächsten vom ausgelassen-fröhlichen Menschen zu einem tieftraurigen werden. Das aufs Schlichteste gehaltene Bühnenbild – schwarzer Vorhang, braune Holzkiste – bietet keine Ablenkung für die Zuschauer, alle Blicke, alle Aufmerksamkeit ruht auf Danijel Marsanic. „Die größte Herausforderung ist, dass er keinen Partner auf der Bühne hat“, bestätigt Stephan Raab. Dann aber fällt ihm etwas ein, was wohl noch schwieriger für den jungen Schauspieler ist: einfach mal er selbst zu sein auf der Bühne. „Danijel ist es gewohnt, zu spielen. Ich will aber den puren Menschen zeigen.“

Psychogramm eines jungen Menschen

Premiere
Das Stück „Kistenweise Leben“ ist erstmals am Freitag, 26. Januar, im Waiblinger Kulturhaus Schwanen, Winnender Straße 4, zu sehen. Die Vorstellung beginnt um 20 Uhr. Karten kosten elf Euro an der Abendkasse. Der ermäßigte Preis liegt bei 6,50 Euro, Geflüchtete zahlen zwei Euro.

Wiederholung
Im Rahmen der Baden-Württembergischen Kinder- und Jugendbuchtage steht Danijel Marsanic ein weiteres Mal in Waiblingen auf der Bühne. Die Aufführung ist am 2. März und läuft wie die Premiere im großen Saal des Kulturhauses Schwanen.