Gottesdienst in der Lagerhalle: Bischof Mante, Bernhard Lange und Misgina Ghirmai (v.l.) Foto: Lange

Beten und Business. Oder noch plakativer? Kapitalismus und Menschlichkeit. Passt zusammen? Oder sind es Gegensätze, die sich nicht vereinbaren lassen? Der Unternehmer Bernhard Lange beweist, dass es geht.

Stuttgart - Beten und Business. Oder noch plakativer? Kapitalismus und Menschlichkeit. Passt zusammen? Oder sind es Gegensätze, die sich nicht vereinbaren lassen? An einem Ort auf dem Firmengelände der Paul Lange & Co. OHG verschmelzen die vermeintlichen Gegensätze an diesem Tag. In der Halle, in der Fahrradteile des Weltmarktführers Shimano gelagert werden, sind Bierbänke, ein Altar mit Kruzifix und Kerzen aufgebaut. Was folgt ist ein Gottesdienst für den Weltfrieden. Der Firmen-Chef Bernhard Lange macht nicht nur an diesem Freitag ernst. Er nimmt seine Verantwortung als Unternehmer und Mensch immer ernst. Nur jetzt wird es eben augenscheinlich.

Bischof Gabriel Mante aus Jasikan (Ghana) ist extra angereist. Als Freund des Hauses, um mit den Langes das 70-jährige Firmenjubiläum zu feiern. Aber auch um Dank zu sagen. Denn Bernhard Lange unterstützt das Fernanda-Lange-School-Projekt in Ghana. Und nicht nur das. Als Verkehrsminister Winfried Hermann ihm vor zwei Jahren die Bundesverdienstmedaille überreichte, würdigte er ihn als Beispiel für den sozialen Einsatz als Spender von nationalen und internationalen Hilfsprojekten.

Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr

Konkrete Unterstützung ist das eine. Aber der Geist, mit dem Lange die Firma führt, das andere. Zum Ausdruck kommt dies immer wieder auf verschiedene Weise. Seinen Mitarbeitern ist jedoch eine Szene besonders in Erinnerung: Ein an Krebs erkrankter Kollege kam nach vielen Operationen erstmals wieder an seinen Arbeitsplatz. Lange stürmte auf ihn zu, reichte ihm die Hand und sagte: „Holger, eins sage ich dir: Du hast hier immer einen Arbeitsplatz und unseren Rückhalt.“ Später raunten sich die Belegschaft zu: „Unser Chef lebt die christlichen Grundwerte. Er ist wirklich ein sozialer Mensch.“

In einer Zeit, in der der Kapitalismus in der Krise ist, sind solche Manager und Unternehmer wohl eher die Ausnahmen. Die Millionen-Gehälter in den Vorstandsetagen der Konzerne scheinen dieses Bild zu bestätigen. Maßlosigkeit und Verantwortungslosigkeit zeichnen das Bild dieser wirtschaftlichen Elite. Gleichzeitig wächst der Wunsch nach einem anderen Umgang – mit den Ressourcen dieser Erde, mit dem Mitmenschen und damit auch dem Arbeitnehmer. Ist Lange also das Gegenteil dieser Raffgier? Lebt er diesen Satz aus der Bibel? „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“

Baubürgermeister Peter Pätzold meint ja: „Er ist ein Vorbild als Mittelständler. Das Verhältnis zu seiner Belegschaft macht diesen Unternehmer aus. Profit steht bei ihm nicht im Vordergrund.“ Es scheint, als sei die Gewinnmaximierung kein Selbstzweck für Lange. Es sieht so aus, als diene sie dazu sein Unternehmen und damit Arbeitsplätze zu sichern, um so wiederum auch sozialen Aufgaben nachzukommen. Stadtdekan Christian Hermes schätzt ihn ebenfalls – als Unternehmer, der wie Hans Peter Stihl oder die Familie Leibinger, der mit einem christlichen Wertefundament nach außen tritt.

Misgina Ghirmai kann all das zu 100 Prozent unterschreiben. Der Mann mit eritreischen Wurzeln arbeitet seit 20 Jahren bei Lange als Produktmanager im Ein- und Verkauf. Er empfindet die Paul Lange & Co. OHG als „Familie“, in der jeder vom Chef mit Respekt behandelt werde. Ganz gleich, welche Aufgabe er habe. „Bei Herrn Lange gilt“, sagt er mit Hochachtung, „leben und leben lassen.“

Lange sorgt sich um geopolitische Lage

Genau dieses (globale) Zusammenleben sieht Bernhard Lange mehr denn je bedroht. Die „derzeitige geopolitischen Lage mit zunehmend protektionistischen, nationalistischen und egoistischen Tendenzen“ bereitet ihm Sorgen. Nicht zuletzt deshalb hat er einen Gottesdienst in seiner Lagerhalle gefeiert: „Es war es uns wichtig und eine Herzensangelegenheit, ein solches Zeichen für den Weltfrieden zu setzen.“ Denn als Mensch, der mit einem weltoffenen, christlichen Weltbild aufgewachsen sei, zählen „Werte wie Nächstenliebe, Respekt, Offenheit und Rücksichtnahme – völlig unabhängig von Nationalität, Geschlecht oder Hautfarbe – sind für mich als Mensch ebenso zentral wie als Unternehmer“.

Offenbar gelingt Bernhard Lange die Versöhnung zwischen Kapitalismus und Menschlichkeit ganz gut. An diesem Ort, an dem die Shimano-Teile gelagert werden und auf ihren Versand warten, ist nicht nur an diesem besonderen Freitag beides möglich - Beten und Business.