Bei Curevac wird nach Impfstoffen geforscht. Foto: imago images/Martin Storz

Die Biotechnologiefirmen ziehen neue Gebäude hoch und suchen Mitarbeiter. Weshalb auch Curevac Geld für Investitionen in die Hand nimmt. Und was Bosch jetzt vor hat.

Der Blick aus dem Fenster bei Amazon ist grandios – vom Hohen Neuffen über die Achalm zieht sich das Albpanorama bis zum Hohenzollern hin. Das Gebäude des US-Konzerns steht auf der Oberen Viehweide in Tübingen.

Dort grasen schon lange keine Kühe mehr, stattdessen werden eifrig neue Bauten hochgezogen. „Unser neues Gebäude bietet Platz für 200 Mitarbeiter“, sagt Amazon-Standortleiter Michael Hirsch. Tübingen ist einer von vier deutschen Standorten, an denen auch, aber nicht nur, an Künstlicher Intelligenz geforscht wird. 70 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind in der Stadt am Neckar beschäftigt, Platz gibt es für 130 zusätzliche Mitarbeiter. Ein Bauträger investierte 30 Millionen Euro in das elegante Gebäude. „Wissenschaft und Forschung leben vom Austausch“, meint Hirsch, „auch deswegen haben wir das neue Gebäude gebraucht“. Dieser soll auch persönlich stattfinden, „nicht nur virtuell“.

Immatics hat offene Stellen

„Es ist wichtig, dass es persönliche Begegnungen gibt, den Austausch beim Kaffee“, meint auch Dominik Maurer, Standortleiter des in der Krebsforschung tätige Biotechnologieunternehmens Immatics. Dieses beschäftigt weltweit 470 Mitarbeiter, davon 250 in Tübingen und 50 am Stammsitz in München. Ein erstes Gebäude gibt es auf dem „Campus bei der Sternwarte“, wie man in Tübingen zur Oberen Viehweide neuerdings gerne sagt, schon seit 2003. Einen Anbau, der im Herbst fertig werden soll, baut die Karl-Schlecht-Stiftung. Diesen mietet Immatics komplett. Zudem wurde bereits vor kurzem ein weiteres Gebäude bezogen.

Bauherr ist eine Tochtergesellschaft der Stuttgarter L-Bank, das Biotechnologieunternehmen mietet zwei von vier Stockwerken. „Wir haben noch Platz für neue Mitarbeiter und offene Stellen, weil wir in den letzten Jahren so erfolgreich waren“ berichtet Maurer. Immatics verdient auch bereits Geld, etwa durch die Zusammenarbeit mit dem Pharmakonzern Bristol Myers Squibb.

Curevac baut neueProduktionsanlage

Das kann Curevac von sich noch nicht sagen. Noch immer steckt der einstige Hoffnungsträger in Sachen Covid-Impfstoffe tief in den roten Zahlen. In Tübingen beschäftigt Curevac 1000 seiner weltweit 1100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und es wird auch weiter investiert. Im Frühjahr 2024 soll ein neues Gebäude fertig, in dem 100 Beschäftigte Impfstoffe produzieren, falls dies bei einer neuen Pandemie nötig würde. So jedenfalls steht es in einem Vertrag mit der Bundesregierung. Investiert wird nach den Worten von Vorstandsmitglied Malte Greune „ein dreistelliger Millionenbetrag“. Dieser liege eher bei 100 Millionen Euro als bei einer Milliarde Euro. Curevac arbeitet weiter an der Erforschung von Impfstoffen gegen Corona, aber auch an solchen gegen Krebs.

Cegat schafft Platz für neue Mitarbeiter

„Ich freue mich, Ende 2023 oder Anfang 2024 alle Mitarbeiter auf der Oberen Viehweide beschäftigen zu können“, sagt Dirk Biskup, zusammen mit seiner Frau Saskia geschäftsführender Gesellschafter von Cegat. In den an das bestehende Gebäude anschließenden Erweiterungsbau investiert das Unternehmen 20 bis 25 Millionen Euro.

Cegat ist etwa in der Entschlüsselung von Erbinformationen tätig, macht Gewinn und rechnet für 2023 mit einem Umsatz von 40 Millionen Euro. Beschäftigt werden in Tübingen 200 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Dazu kommen weitere 200 Beschäftigte, die im Zentrum für Humangenetik von Saskia Biskup tätig sind, das auch im bisherigen Gebäude untergebracht ist. Im alten und im neuen Gebäude soll es dann Anfang 2024 Arbeitsplätze für 450 bis 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben. Die Zahl der Beschäftigten soll weiter steigen.

Bosch führt weiter Gespräche

Bosch dagegen hatte im Februar bekannt gegeben, auf einen 100 Millionen Euro teuren Neubau für 700 Mitarbeiter zu verzichten. Statt in Tübingen will der Konzern nun an bestehenden Standorten wie etwa in Renningen, aber auch virtuell, an Künstlicher Intelligenz (KI) forschen.

Seit Februar führt Bosch nach den Angaben einer Sprecherin Gespräche mit der Stadt Tübingen, der Universität und Max-Planck-Instituten über ein Gebäude, das gemeinsam genutzt werden kann. Für das Gelände, auf das Bosch verzichtet hat, gibt es nach den Angaben des Tübinger Wirtschaftsförderers Thorsten Flink bereits erste Nachfragen.