In Baden-Württemberg soll es laut der Gesellschaft zur Erforschung des Ufo-Phänomens in den letzten 70 Jahren vier Ufo-Sichtungen gegeben haben. Warum das Verteidigungsministerium bei dem Thema jedoch höchst skeptisch ist.
Fliegende Untertassen, Ufos und mysteriöse Lichterscheinungen – für sie gibt es keine wirkliche Erklärung. Das deutsche Verteidigungsministerium führt keine Statistik über Phänomene dieser Art. Alles, was man in Deutschland über sie je erfuhr, stammt aus Berichten von Augenzeugen. Anders das US-Pentagon: Es nimmt solche Phänomene ernst genug, um regelmäßig Berichte zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich um regierungsgestützte Studien über Ufos – es klingt schier unglaublich. Aus dem jüngsten Bericht, der Mitte Januar dem Kongress präsentiert wurde, geht hervor, dass es seit März 2021 insgesamt 247 neue Sichtungen gegeben haben soll – und das in einem der wohl am besten geschützten Lufträume der Welt.
Eine anschauliche Beschreibung einer Ufo-Sichtung stammt vom Marinepiloten David Fravor. Er hat bereits in mehreren Podcasts, Medienberichten – auch in der „New York Times“ – beschrieben, was er 2004 bei einem Übungsflug mit einem Kampfjet gesehen haben will: eine Art fliegendes, überdimensionales „Tic Tac“-Pfefferminzbonbon ohne erkennbaren Antrieb, das sich schneller bewegt haben soll als ein Düsenjet.
6000 Ufo-Sichtungen gemeldet
Die wenigen glaubwürdigen Berichte, die es zum Ufo-Phänomen gibt, werden in der Szene viel zitiert. Wer in Deutschland nach Quellen und Statistiken sucht, wird früher oder später auf die Gesellschaft zur Erforschung des Ufo-Phänomens (GEP) stoßen. Es handelt sich dabei um einen von Ehrenamtlichen geführten Verein in Lüdenscheid in Nordrhein-Westfalen, der seit über 50 Jahren eine eigene Datenbank mit Ufo-Sichtungen führt. Zeugen melden sich bei ihm, beschreiben, was sie gesehen haben wollen, und eine Gruppe von zwei Dutzend Ehrenamtlichen über ganz Deutschland verteilt macht sich an die Arbeit, eine Erklärung zu finden, was ihnen meistens auch gelingt.
In den meisten Fällen entpuppen sich die vermeintlichen Ufos als Wetterballons oder Hubschrauber, wenn nicht, dann werden die jeweiligen Fälle als unaufgeklärt in der Statistik gespeichert. Und hier wird es interessant. Von den mehr als 6000 Ufo-Sichtungen, die der GEP in den vergangenen 50 Jahren gemeldet worden sind, konnten gut 100 Fälle nicht erklärt werden.
Vier solcher Fälle werden in Baden-Württemberg verortet. Zu dreien gibt die GEP detailliertere Informationen. Das letzte gesichtete und überprüfte Objekt befand sich laut GEP-Datenbank im Jahr 2020 in der Justizvollzugsanstalt in Ravensburg. Ein 47-jähriger Insasse hat an einem Abend ohne besonderen Anlass aus seinem Zellenfenster geschaut. Dabei erblickte er unter einem Lichtkegel, der von einer Lichtquelle der Anstalt ausging, eine rote, zylinderförmige Erscheinung mit etwa 20 Zentimetern Durchmesser.
Menschen beim Ufo-Thema ernst nehmen
Er konnte sich nicht erklären, was er gesehen hatte, und er beschrieb das Objekt so: Es schwebte, wand sich wie ein Wurm etwa 40 Sekunden, bevor es wie ein Pfeil schräg nach oben schoss und im Nachthimmel verschwand. Laut Andre Kramer von der GEP wäre der Fall nicht in ihrer Datenbank gelandet, wenn es nicht Wissenschaftler gäbe, die zu Wetterphänomenen wie Kugelblitzen forschten und ähnliche Objekte beschrieben hätten. Der Sozialpädagoge folgt bei seiner Arbeit einem menschlichen Ansatz: „Es gibt einen Grund, warum Menschen über die Phänomene reden wollen, die sie beobachtet haben“, sagt er. Es gehe manchmal auch einfach nur darum, Menschen zuzuhören.
Die anderen Fälle in seiner Datenbank zu den Sichtungen in Baden-Württemberg beschreiben unter anderem zwei Freundinnen, die 1999 bei Hettingen (Kreis Sigmaringen) im Wald eine dreieckige Erscheinung gesehen haben wollen, die ihr Auto überflogen habe. Der älteste erst nachträglich gemeldete Fall stammt von 1955. Ein Paar habe beim nächtlichen Besuch der Ruine Löffelstelz in Mühlacker eine scheibenförmige Erscheinung am Himmel erkannt. Der alte Fall lasse sich jedoch besonders schlecht überprüfen.
Keine Berichte beim Verteidigungsministerium
Fragt man Oberstleutnant Mitko Müller vom Verteidigungsministerium nach Ufos und fliegenden Untertassen, hat er dafür nicht mehr als ein müdes Lächeln übrig. Er arbeitet im Bereich Luftwaffe und war selbst viele Jahre Pilot bei der Bundeswehr. Seine Abteilung beschäftige sich praktisch rund um die Uhr mit dem deutschen Luftraum, und es gebe in Deutschland nicht einen einzigen Bericht über ein unidentifiziertes Flugobjekt. „Ab und zu kriegen wir von unseren Piloten mal einen Bericht über eine sonderbare Lichtreflexion oder so.“ Doch da habe sich bisher in allen Fällen eine Erklärung finden können. Das Urteil des ehemaligen Piloten fällt daher dementsprechend militärisch-nüchtern aus. Vom Innenministerium Baden-Württembergs erhält man eine ähnliche Antwort, und die Polizei in Stuttgart kann auch keinen einzigen Fall nennen, der in ihrer Polizeistatik unter der Kategorie erfasst worden wäre. Über alle offiziellen Instanzen hinweg fällt die Einschätzung zum Thema Ufos ähnlich aus: Es gebe keine Anzeichen dafür, dass es sie gebe.
Indessen wird dem Ufo-Phänomen jenseits des Atlantiks weiterhin auch von der US-Politik reichlich Beachtung geschenkt. So hat im vergangenen Sommer der Vorsitzende des Unterausschusses für Spionageabwehr im Repräsentantenhaus, André Carson, gesagt: „Ufos sind unerklärlich, das ist wahr. Aber sie sind real. Sie müssen untersucht werden.“