Die Balkone sind auf der ganzen Länge abgebrochen. Foto: 7aktuell/Simon Adomat

Bei dem Unglück an einem Mehrfamilienhaus in Nußloch wurden ein Vater und sein zweijähriger Sohn verletzt. Sie mussten eine Nacht in einer Klinik verbringen. Laut dem Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises haben womöglich 100 weitere Wohnungen marode Balkone.

Nußloch - Gleich drei übereinanderliegende Balkone sind an einem Mehrfamilienhaus in Nußloch (Rhein-Neckar-Kreis) am Montagabend abgestürzt. Ein 33-jähriger Vater und sein zweijähriger Sohn hatten sich zur Zeit des Unglücks im zweiten Stock des Hauses auf dem obersten der drei Balkone aufgehalten, unvermittelt brach die Plattform dort aus ihrer Verankerung und riss die beiden sechs Meter weit mit in die Tiefe.

Dabei hatten sie noch Glück. Der Vater hat nach Angaben der Polizei eine leichte Kopfverletzung erlitten, der Sohn sei mit einigen kleinen Kratzern davongekommen; beide konnten nach einer Nacht in einer Klinik wieder nach Hause gehen, teilte das Präsidium in Mannheim mit. Vor zwölf Jahren waren bei einem ähnlichen Unglück nur wenige Kilometer weiter in Brühl drei Menschen ums Leben gekommen und zwei schwer verletzt worden.

Es gibt in der Umgebung acht baugleiche Häuser

Das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises als zuständige Baurechtsbehörde hat unmittelbar nach dem Unglück mehrere Verfügungen erlassen, die das Benutzen und Betreten der noch intakten Balkone des Zwölf-Parteien-Mehrfamilienhauses bis auf weiteres untersagen. Auch die Inhaber von etwa hundert Wohnungen in der Nachbarschaft des Unglückshauses müssen nach Angaben eines Pressesprechers der Behörde in den nächsten Tagen mit ähnlichen Verfügungen rechnen.

Ein Blick in die Genehmigungsunterlagen habe ergeben, dass es in der Umgebung insgesamt acht baugleiche Häuser gebe, die alle etwa 50 Jahre alt seien. Auch bei ihnen müssten nun die Balkone überprüft werden. Man sei noch dabei, die jeweils zuständigen Eigentümer, Mieter und Hausverwaltungen zu suchen. Klar sei aber, dass die Balkone erst wieder freigegeben werden könnten, wenn dem Amt Bescheinigungen vorgelegt worden seien, dass sie sicher benutzt werden könnten.

Die Ursache des Absturzes ist noch ungeklärt

Zu den möglichen Ursachen des Absturzes könne man noch nichts sagen. „Da müsste man spekulieren, und das möchte ich nicht“, sagte der Sprecher des Kreises. Ein schuldhaftes Verhalten der Bewohner – etwa durch eine Überlastung des obersten Balkons – könne man aber ausschließen, versicherte der Sprecher der Polizei. Möglicherweise könnten erste Schäden dort durch feine Risse entstanden sein, die sich dann durch Wettereinflüsse vergrößert hätten. Man habe ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, es sei aber noch offen, wann ein Bausachverständiger die Schäden in Nussloch genauer untersuche. Man wolle zunächst abwarten, was die Auswertung der Bauakten im Landratsamt ergebe.

Bei dem schweren Unglück in Brühl im Sommer 2005, bei dem ein Kind und zwei Erwachsene ums Leben gekommen sind, haben die Ermittlungen seinerzeit ergeben, dass die Planer zwar eine Stahlbewehrung für den Absturzbalkon vorgesehen hatten, diese aber nicht eingebaut worden war. Strafrechtliche Konsequenzen hatte dies am Ende nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts in Karlsruhe für keinen der Verantwortlichen. Die Ursache der Baumängel hätten sich im Nachhinein nicht mehr klären lassen, stellten die Richter Ende 2007 nach einem zweijährigen Verfahren fest.