Demnächst wird es unruhig auf dem Schlossberg. Die archäologischen Grabungen verwandeln den Ort in eine Baustelle. Foto: Stefanie Schlecht

Achtmal so viel wie geplant kosten die archäologischen Ausgrabungen am Schlossberg. Manche Stadträte stellten im Technischen Ausschuss das Projekt der Neubebauung in Frage.

Dieser Tagesordnungspunkt hatte es in sich. Zwei Stunden wurde leidenschaftlich debattiert, zwischenzeitlich stand auch schon mal das ganze Schlossberg-Projekt zur Debatte. Dann wollten einige Stadträte die Abstimmung in den Gemeinderat vertagen. Am Ende entschied der Technische Ausschuss doch selbst und mit drei Gegenstimmen: Die Grabungen werden für rund 800 000 Euro vergeben – das ist achtmal so viel wie geplant.

 

Ein „sehr komplexes Sonderprojekt“

Die Arbeiten waren vom Landesamt für Denkmalschutz angeordnet worden. Sie sollen aufzeigen, ob sich historisch wichtige Dinge unter dem Hügel verbergen, auf dem bis zum Bombenangriff auf die Stadt 1943 einige Hundert Jahre das Böblinger Schloss stand. Zudem muss die Grabung Klarheit darüber schaffen, inwieweit der Schlossberg die geplante Bebauung mit der Musik- und Kunstschule statisch verkraftet.

Im November 2022 hatte der Gemeinderat die Grabungen vergeben. Das Ergebnis liegt jetzt vor. Die Arbeiten sind offenbar kompliziert – und teuer. Knapp 200 000 Euro kosten die Grabungen selbst, für die ergänzenden Tiefbauleistungen sind noch mal 618 000 Euro angesetzt. „Wir haben hier den Worst Case abgebildet“, sagte Frank Bader, der Leiter des Tiefbauamts. Das liege vor allem daran, dass man nicht genau wisse, was man findet. Bader geht nicht davon aus, dass die Kosten komplett ausgeschöpft werden. Garantieren wollte er dies aber nicht. Baubürgermeisterin Christine Kraayvanger sprach von einem „sehr komplexen Sonderprojekt“, das jedoch unumgänglich sei, wenn auf dem Schlossberg etwas verändert werde.

Große Baustelle ab November

Die Grabungen finden an zwei Stellen statt: Eine große Grube, die den kompletten südlichen Bereich umfasst und drei kleine Streifen nördlich Richtung Schlossbergpark müssen gebaggert werden. Damit der Zugang zur Kirche frei bleibt, werden die Arbeiten auf zwei Bauabschnitte verteilt.

Von diesem November an bis Mitte des kommenden Jahres wird sich der Schlossberg daher in eine mächtige Baustelle verwandeln. Die Verwaltung geht von Baugruben mit einer Tiefe von fünf bis sieben Metern aus. Der Aushub, der dabei anfällt, muss weggebracht und je nach Grabungsergebnis deponiert oder danach wieder eingebracht werden.

An der Umgestaltung zwingend festhalten?

Im Gremium führten vor allem die Mehrkosten zu Diskussionen. Ralf Sklarski (Freie Wähler) betonte dies vor allem angesichts weiterer teurer Projekte in Böblingen. Er stellte die Frage, ob man zwingend an der Umgestaltung des Schlossbergs festhalten müsse und war dabei nicht alleine. Auch aus der CDU- und FDP-Fraktion kamen ablehnende Stimmen. Die Kosten erschreckten auch Gerlinde Feine (SPD+Linke). Sie sehe zwar ein, dass die Grabungen wichtige Informationen über die „gute Stube“ auf dem Schlossberg liefern würden. „Ich glaube aber, dass das noch teurer wird“, meinte die Stadtkirchen-Pfarrerin.

Thorsten Breitfeld (CDU) plädierte für die Freigabe der Mehrkosten. Man müsse die Grabungen sowieso irgendwann vornehmen, argumentierte er. Dieser Meinung war auch Tim Göhner (Grüne), der nicht begeistert war von der Vision, dass sich dort die nächsten vierzig Jahre weiterhin nur ein Parkplatz befindet.

Auch die Barrierefreiheit wird teuer

Frank Bader vom Tiefbauamt betonte, viele der Kosten seien „Sowieso-Kosten“: Auch bei etwaigen späteren Bauarbeiten müsste etwa der Asphalt abgetragen werden. Oberbürgermeister Stefan Belz (Grüne) macht sein Unbehagen angesichts der Kosten deutlich, wies aber darauf hin, dass diese in Zukunft nicht weniger würden. „Wir sind auch verantwortlich für die Entscheidungen, die wir nicht treffen“, sagte er.

Der Technische Ausschuss empfahl am Mittwoch auch mehrere etappenweise Maßnahmen zur barrierefreien Erschließung des Schlossbergs zu prüfen. Der Aufgang am „Seebuckel“ soll mit Zwischenpodesten und einer Streckung der Rampe mittelfristig barrierefrei werden, der Marktplatz über einen Aufzug von der Tiefgarage angeschlossen werden, und ein Aufzug vom Marktplatz zum Fruchtkasten das Schlossbergplateau erschließen. Auch dies hat seinen Preis: Insgesamt sind dafür 4,3 Millionen Euro angesetzt.